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Moms Demand Action, Hotel Kempauski, 05.11.2021 in Kiel, Schaubude - Bericht von Thruntilldeath

Moms Demand Action, 05.11.2021 in Kiel

Disclaimer vorweg: Hier geht's nicht um gute Fotos. Die sind ausnahmslos alle scheiße. Auch nicht wirklich um die musikalische Darbietung. Hier geht's nur um das Gefühl, das die meisten von euch Samstag Abend bei Wetten, dass..? hatten. Nein, nicht diesen Fremdscham aufgrund des unangenehmen Humors eines gealterten Entertainers, auch wenn Schrammi nicht mehr weit davon entfernt ist. Auch nicht dieses Gefühl des "Eigentlich war das immer kacke, aber ich hab heute Abend nichts anderes vor." nein, nein. Ja was denn dann? Na, ihr wisst schon, dieses Gefühl. Das, was wir damals hatten. Das Gefühl, mit Omma und Oppa frisch gebadet den Fernsehabend zu zelebrieren. Dieses wohlige Gewühl der Nostalgie und Vertrautheit. Also eigentlich ein dummer Vergleich mit Wetten, dass..?, das war schon immer unangenehm zu schauen, aber nun ist er eben gefallen. Am Ende ist das hier aber nur ein emotional aufgeladenes, komplett subjektives Abgefeiere eines ewig Gestrigen mit Geschichten von Früher. Egal.

Was war denn überhaupt los, fragt ihr euch? Nun, Einiges, und das war so:
Konzert in Kiel, soweit so unspektakulär. Der Clou an der Sache: Die gottverdammte Kieler Schaubude, die Saufbude, das ehemalige Wohnzimmer, öffnet nach über 1,5 Jahren zum ersten Mal wieder ihre Tore und lädt zum Schunkeln und Singen ein. 1,5 Jahre Pandemie, kaum ein Lebenszeichen und dann sowas. Still here after all these fucking years. Aufgerundet auf 2, is' klar! Aber ganz ruhig, nicht durchdrehen, erstmal die Pflicht absolvieren in Form von Seitandürum mit ALLEN Soßen, Grillgemüse und extra Zwiebeln, Rootbeer, Filmquiz und den ersten 51 Minuten von Goddards Magnum Opus.
Schwere Kost, um das Konzert etwas verdaulicher zu machen. Wobei Kiel eigentlich gefühlt immer eher leicht verdaulich war. Wirklich viel bietet die Stadt nicht, auf den ersten Blick. Auch auf den Zweiten wird schnell klar: Optisch ist hier echt nichts zu holen, abgesehen von Orten, die außerhalb von Kiel liegen. Da ist es schon ein Highlight, wenn aus dem ehemaligen Plaza erst ein Sky XXL und am Ende ein schöner Rewe wird. Die genaue Geschichte gibt's zum Nachlesen im Kiel-Wiki. Doch, wirklich, das ist im Kiel-Wiki einen langen Artikel wert. Uff. Aber was ist es dann, was auf den dritten Blick Kiel doch so sympathisch macht?
Einer der für mich wichtigsten Orte war schon immer die eingangs erwähnte Schaubude. Hier ging es los, das Eintauchen in die Kieler Musik-Subkultur, die darüber hinaus noch mit so vielen anderen tollen Orten aufwarten kann. Hansa48, Meierei, Subrosa, usw. Die Schaubude war während des Studiums immer die erste Anlaufstelle, wenn es um  die Frage "Heute Abend Bock aufn Konzert?" ging. Unzählige Abende wurden hier mal mehr, mal weniger dumm saufend verbracht, unzählige Kubikmeter Zigarettenrauch (un-)freiwillig inhaliert oder an der Körper- und Klamottenoberfläche absorbiert, unzählige Bands erblickten hier ihr Leben und hauchten es nebenan in der Meierei später wieder aus. Unzählige Bekannt- und Freundschaften kamen, gingen oder blieben. Kurz gesagt: Für mich ein ganz wichtiger Ort meines jungen Erwachsenenlebens. Naja, "Erwachsen". Und: Die Schaubude ist ebenfalls der Geburtsort der weltberühmten Nüsschenboys, die schon vor zehn Jahren das Ordnungsamt wegballerten oder Nazis mit Singlespeedrädern verkloppten. Nur Brodersen wollte sich hier nie so richtig durchsetzen.

Dementsprechend aufgeregt ging es nach Dürüm und Film auch in Richtung Legienstraße, wo gegen 19:30 schon die Schlange vor der Ladentür wartete. Wie damals. Wie früher. Dieses wohlige Gefühl, diese Gewissheit, dass auch nach 1,5 Jahren Pandemie und bestimmt 3 Jahren seit dem letzten Besuch in der Schaubude sich irgendwie doch nichts verändert hatte. "Was manchmal durchaus auch gut sein kann!", sagte Oppa und trank sein Holsten.
Und als sich die Tür öffnete, war es so, als würde man direkt in eine Zeitkapsel aus dem Jahr 2010 stolpern. Gesichter aus längst vergangenen Zeiten tauchten auf und verschwanden schnell wieder in einer Traube aus sich umarmenden und über alle Maßen strahlenden Körpermassen, unterbrochen nur von spontanen "DU AUCH HIER?"-Schreien und noch mehr Umarmungen. 2G, ick hör dir trapsen.

Was war überhaupt der Anlass für diese absurde Art des Wiedersehens, abgesehen von der Tatsache, dass es den Laden immer noch gibt?

Natürlich die Release-Show ohne Release von MOMS DEMAND ACTION (Gut Vinyl will Weile haben, also bitte bei Bandcamp kaufen!) mit der ollen Lokalkappelle von HOTEL KEMPAUSKI als Vorband. NOCH mehr bekannte Gesichter, auch auf der Bühne. Uff.
HOT KEMP, die all-male Jens-Rachut-Gedächtnispunkrockband mit weniger Talent. Glaub ich. Dafür kenne ich zu wenig von Jens Rachut und habe noch viel weniger Ahnung von Musik, Arrangements und Instrumenten, um hier irgendwas abseits von "Find ich geil" bzw. "Find ich nicht geil" bewerten zu können. Ist an diesem Abend sowieso Nebensache, geht es doch nur um die Nostalgie und dieses Gefühl. Ich hatte richtig Bock auf ein Gefühl, aber nicht nur irgendeins. Sondern genau dieses wohlige Gefühl des Zuhause seins. Pathetische Scheiße, oder? Egal, das war einfach alles geil:

1. Die erste Platte von Hot Kemp und das neue Bandmitglied.
2. Handschuhe und Stirnband.
3. Die neuen Songs, die wieder mal genug Menschen aus Kiel ans Bein pissen. Wernerrennen und maritime Romantik hinterlassen immer so einen faden Geschmack im Mund. Irgendwie säuerlich. Hartenholm, fuck off!
4. Der Schülerbandverspieler beim ungeprobten Song und
5. die Ansage gegen Internettrolle, E-Scooter und zu viele Männer auf der Bühne (8/8 am heutigen Abend) und für mehr trottelige, talentlose Bands jeglichen Geschlechts. Wenn Hot Kemp das können und von allen abgefeiert werden, dann könnt ihr das auch!

Stand up, get creative, don't drown in the mud!
Die Umbaupause wurde galant für weitere unnötige Gespräche getreu dem Motto "Wie verrückt ist das heute bitte?" genutzt, bis es dann endlich mit Powe... MOMS DEMAND ACTION losging. M.D.A. sind, um es direkt zuzugeben, für mich immer nur als "die unspektakulären Power" durchgegangen, spielen hier doch 3 von 5 Mitgliedern der größten Band, die Kiel jemals hervorgebracht hat. Mehrfach habe ich M.D.A. auf kleinen Festivals gesehen, aber so richtig wollte der Funke nie überspringen. Aber heute? Wieso war das heute anders? Warum ging heute jeder einzelne Song von M.D.A. direkt ins Hirn, Ohr, Beine und erzeugte ein Dauergrinsen, das fast bis heute anhält? War das nur Nostalgie, weil alles wie früher wirkte? Weil Bocky hinterm Mischpult stand, Kelling, Macko und Joyboy auf bzw. vor der Bühne wuselten und es sich fast so anfühlte, als wäre Power (Wo war Olli eigentlich?) wieder da? Oder weil M.D.A. viel mehr einfach geile Songs schreiben, die zum Tanzen und Mitsingen ("Uhuhuuuu" IST mitsingen!) einladen und dieses Gewand aus Nostalgie mit einer dicken Schicht "Moderne" halaler ist als Disco? Was auch immer es war, ich feier das noch immer so gnadenlos ab, da muss in den nächsten Jahren erstmal wieder ein Konzert rankommen.
Ausverkauftes Haus, Nebelmaschine, Pogo bis zum Podest, Orgelsound, bunt leuchtende Amps, Punkrockfinger, Bernd Knauer hinter der Theke, der Geruch von Zigaretten zwischen Bar und Backstage, die Lüftung dennoch vor der Nase und eventuell auch die eine oder andere Freudenträne, die heimlich einigen über die Wange kullerte. Wiedersehen auf der Bühne mit dem ehemaligen Drummer Hans Norbert Gurkenschieber, früher u.a. bei Nasty Jeans und jetzt der Tausendsassa von Hamburg mit ca. 30 verschiedenen Bands, der kurz mal Feuerwehrmann-Tim mit dem absoluten Überoutfit abwechselte und am Ende noch ein Coverzugabe inklusive dem absoluten Überhit Fix my brain von den Marked Men. Kurz mal die Taschentücher suchen, die müssen hier doch irgendwo liegen?! Ach, ich sag euch... Alles beobachtet vom Stammplatz direkt vorm Mischpult. Wer woanders stand, hat die Schaubude nie geliebt!
Danach dann, als hätte es jemals zur Debatte gestanden, zwischen Bar und Raucherraum rumstehen und mit dem Strom allmählich in Richtung Backstage schwimmen, um wie immer die tanzende Meute im vorderen Bereich der Bude ignorieren, auch wenn Faye Decay und Dr. Peppa richtig geilen Scheiß für den Aftershow-Schwoof auflegen. Dafür die ewig gestrigen Gespräche mit den immer gleichen Leuten führen, furchtbares Bier trinken und kurz bevor es zu schlimm wurde rechtzeitig mit meiner besten T-Shirt-Freundin den Heimweg nach Hamburg antreten. Danke fürs Mitnehmen!

Zauberhafte Menschen, die ihr den Abend so schön gemacht habt: Ich liebe euch alle! Bis hoffentlich ganz bald, mit etwas weniger Nostalgiekacke. Das hält doch niemand aus. Widerlich.

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