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No Fun At All, Satanic Surfers, The All-Star Weddingband, Bram Desimpelaere, 06.05.2022 in Edegem (BE), Hangar 27 - Bericht von Götz

No Fun At All, Satanic Surfers, 06.05.2022 in Edegem (BE)

Achtung: Im folgenden Bericht wird das Land Belgien in enormem Maße verherrlicht.


Belgien = Geil. Das bedarf keiner Erklärung mehr. Dieses Mal ist unsere Ausrede, um in dieses in allen Belangen (Essen, Festivals, Städte) bessere Land zu fahren, ein Konzert der Sorte 90er Skatepunk. Die Umstände, unter denen dieses Konzert zustande kam, sind auch recht kurios: Für April 2020 war für die beiden Schwedenbands eine Europatour zu Ehren des 25. Jubiläums der Hitalben "Out of Bounds" von No Fun At All und "Hero of Our Time" von Satanic Surfers angedacht. Jene wurde dann 2 oder 3 mal verschoben (zuletzt auf November/Dezember 2021) und schließlich komplett abgesagt. Irgendwann Frühjahr 2022 folgte dann jedoch die Ankündigung dass DOCH genau EINE Show dieser Tour stattfinden wird: In Edegem bei Antwerpen. Genau die Show, die bereits abgesagt wurde und dessen Tickets zurückerstattet wurden. Nur, dass es jetzt das 27. Jubiläum ist. Aber gut, für Belgien gibt es halt eben immer einen Grund. Oder das Brakrock-Team hat sehr gute Überzeugungsarbeit geleistet. Entscheidet selbst.
Mit dabei: Schlagerpunklegende Frank Daniel
Weil wir es verpeilt haben, rechtzeitig eine Unterkunft zu buchen, kampieren wir auf einem Zeltplatz in Antwerpen, genauer gesagt am Linkeroever, einem Stadtteil am anderen Ufer der Schelde. Frühsommerliches Wetter macht's möglich. Der grüne Vorort, sowie der kleine Platz mit angeschlossenem Skatepark (passend) ist ganz beschaulich, bis auf die Gruppen Gabber-hörender Belgier, die nachts aufgrund der Strandnähe vorbeilaufen. Immerhin haben wir so ein bisschen Festival-Stimmung.
Stilecht steht auch gegenüber unserer Zeltecke eine Windmühle, die früher mal ein Denkmal, dann ein China-Restaurant war, und jetzt gar nichts mehr ist. Interessant.
Und wie kommt man in Belgien am besten zu einem Konzert? Mit dem Fahrrad natürlich. Obwohl wir die ganze Stadt durchqueren und dann in die Nachbarstadt Edegem müssen, ist die Strecke über die sehr angenehmen Fahrradwege lässig zu fahren. (Dass sie überhaupt existieren, ist hierzulande ja auch nicht selbstverständlich)
Auch interessant: Es gibt in Antwerpen keine Brücken. Um die Schelde zu überqueren, müssen Autofahrer, Fietser und Fußgänger durch Tunnel. Tunnel 1 (Foto) führt direkt ins Stadtzentrum und riecht nachts an manchen Stellen nach Kacke. Aber nur an manchen.
Pflichtstopp in der Frituur. Ich glaube der Frituurstopp 2 von 5 des zweitägigen Trips. Frittierölpreise sind in Belgien zum Glück stabil geblieben.
Links abgebildet ist übrigens ein Mexicano. Der Mexicano ist ein Snack, der eigens zur Fußball-WM 1986 in Mexiko erfunden wurde und seit 2018 kein Pferdefleisch mehr enthält. Während dem Abendessen spekulieren wir darüber, wann wohl der nächste große Snack erfunden wird.
Während unseres Fahrradtrips wird es immer grüner und wir kommen langsam nach Edegem, dass eher wie ein ruhiger Vorort wirkt. Hinter Bäumen versteckt sich dann das Hangar 27, dass von außen ganz im Holz-Look gehalten ist und wohl auch als Jugendzentrum des Ortes fungiert (oder zumindest an eines angrenzt). Vorher wird aber noch schnell zum Carrefour geradelt zwecks Vortrinken. Auf dem fünfminütigen Weg dahin verfahren wir uns dann und kommen an irgendeinem modernen Neubauviertel sowie dem Start eines Wanderwegs vorbei. Das sollten nicht die letzte Überraschungen in Edegem sein...
Denn um zum Eingang zu gelangen, müssen wir das Hangargelände einmal umrunden, und sehen plötzlich eine große Traube an Menschen in der Nähe einer Tür stehend. Zuerst unklar, ob alle in dieser Masse dort Schlange stehen oder einfach nur draußen doof rumstehen und rauchen, stellt sich bald heraus, dass doch alle anstehen, um durch die einzige offene Tür in den Konzertsaal reinzukommen. Erste Panik macht sich breit: Wurden zu viele Karten verkauft? Ist es drinnen schon überfüllt und alle feiern gerade die Surfers, nur wir nicht?
Als wir das Hangar betreten können, wird der Grund für das lange Warten dann klar: Der Eingangsbereich wird verengt durch die Tische der Ticketkontrolleure und dem Bändchenverteiler, und alle haben wohl bis zur Stagetime der Satanic Surfers gewartet um reinzugehen, so wie wir.
Dazu kommt, dass weiter im Flur sich auch noch eine andere Schlange bildet: Für den Kauf der notwendigen Getränkemarken. Alles ein bisschen awkward aufgebaut, aber ich schaue drüber hinweg weil ich auch keine Verbesserungsvorschläge habe.
Mindestens eine von den Getränkemarken muss übrigens später für den passenden Brakrock-Becher ausgegeben werden, bevor es endlich zum weiteren Getränkegenuss kommt. Hätte ich mal einen meiner 3 Becher vom letzten Brakrock mitgebracht... Der hätte dann auch noch den praktischen Gummiring mit Karabinerhaken gehabt.

Zu guter Letzt muss man aber fairerweise auch sagen, dass die Bedienung an der Theke dann gut organisiert war und sehr schnell ging. Hat sich eh alles gelohnt weil es dort auch das geile Kirschbier "Kriek" gibt.
Der Zeitplan scheint sich währenddessen etwas nach hinten verschoben zu haben. Trotzdem konnten wir den Singer-Songwriter Bram Desimpelaere leider nur hören und nicht sehen. Hat sich nach Akustik-Singer-Songwriter-Musik angehört. Wir schleichen uns in die ersten Reihen, die typischerweise alle komplett leer sind. Als die SATANIC SURFERS dann endlich anfangen, wird aber auch dafür schnell der Grund klar: Ab dem ersten Ton wird sofort der Circle Pit eröffnet und die Leute ohne Rücksicht auf Verluste umher gewirbelt. Die Familien mit Kindern haben sich schnell ein paar Reihen weiter nach hinten begeben.
Es wird direkt zu Beginn das komplette "Hero of Our Time"-Album durchgespielt, gefolgt von einigen neuen und alten Hits. Einzig das sehr wichtige "Don't Skate On My Ramp" fehlt, aber ansonsten bin ich begeistert von der Setlist.
Zwischendurch kommt zwar ein bisschen Übersicht in den Pit, aber eigentlich drehen die Leute die ganze Zeit komplett durch und viele teure Brakrock-Becher fliegen weit über den Jordan. Wie für 90er-Skatepunk-Shows mittlerweile üblich, überwiegt im Publikum der Anteil der männlichen Ü30ern (die Frage, wer auf den ersten Europatouren der Bands dabei war, bejahen auch viele), aber die tanzen dafür wie wilde Teenager. Großer Kontrast zu den meisten Konzerten, die ich in Deutschland in den letzten Jahren gesehen habe.
Der Biersch-zubi entschuldigt sich für die schlechte Fotoqualität und die fehlenden Drummerfotos.
Einmal durchatmen und Kriek holen, dann kommen NO FUN AT ALL. Natürlich auch hier direkt mit der kompletten "Out of Bounds"-Platte. Auch hier erfreut sich der Saal an der Performance, die heute absolut stabil ist. Zuletzt sah ich die Band im Turock in Essen, wo das Publikum zwar ähnlich aussah, aber sich viel viel weniger bewegt hat (und wo es beim Rausgehen die größte Schlange gab, anstatt beim Reingehen, aber das ist eine andere Geschichte)
Das 750-Personen fassende Hangar ist übrigens ausverkauft, was sich ja auch bereits bemerkbar gemacht hat. Nur etwas schade, dass der Sound schon etwas nachgelassen hat, wenn man nicht ungefähr in der Mitte stand. Trotzdem kann ich dann irgendwann nicht anders, als wieder nach vorne in den Tanzbereich zu gehen.
Obwohl das Ganze anfangs bei den Surfers schon etwas rüpelhaft und unsicher schien, sieht man später immer mehr Besucher*innen sicher mittanzen und Crowdsurfen.
In bester Hosen-Manier gehen die Schweden (woher hat Schweden eigentlich so viele gute Bands verdient?) zweimal von der Bühne und wieder herauf. Genug Zeit, um noch im Pit den Zollstock ganz aufzuklappen und den Schweiß zu messen, der schon von der Decke getropft ist. Es folgen ebenfalls weitere Hits, die Weltpremiere eines Songs aus dem kommenden neuen Album, ein extra großes Circle Pit zu "Catch Me Running Round" und als letzte Zugabe dann der Klassiker "Believers".
Aber danach ist noch nicht Schluss: Der ALL STAR WEDDING BAND gebührt der letzte Slot. Entweder als Aftershowparty oder als Rausschmeißer, je nachdem wie man es sieht. Die Band (auf wie vielen Hochzeiten spielen sie wohl?) kommt aus der Umgebung und ist das belgische Pendant zu Me First and the Gimme Gimmes. Also eigentlich eine ziemlich genaue Kopie, inkl. passenden Outfits und Coverversionen diverser Gassenhauer. Einige Leute (zum Teil wohl auch Bekannte der Band) kommen aber nochmal auf den klebrigen Fußboden des Hangars zurück. Sie machen ihren Job auch zugegebenermaßen wirklich gut, mit etlichen Gitarrensoli und starkem Gesang u.a. bei "I Will Survive", aber mittlerweile ist es fast 1 Uhr früh und wir müssen ja noch durch den Tunnel.
Zum Glück ist im Handy ein Alkoholpegelsensor eingebaut, so dass wir zurück nicht mit dem E-Scooter fahren und uns auch sonst wie absolut verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmer benehmen
Natürlich nicht ohne uns vorher beim Nachtwinkel zu erfrischen
Am nächsten Tag dann Zeit um nochmal Antwerpen zu genießen, inkl. allen Must-Sees für Touristen: Bootstaxi, Waffelfrühstück, mehrere Frituuren, Centraalbahnhof, Diamantenviertel, Chinaviertel, Rückfahrt über Tunnel 2 und anschließendes Einkehren im Vorort am linken Ufer, wo wir dann beim Bitterballenessen abgezockt werden (bzw. die deutlich günstigere Snackalternativen 10 Meter weiter übersehen)
Weil ich dann aber im Zelt zu laut Gabber höre, schmeißt mich Frank in der zweiten Nacht leider vom Zeltplatz. Zum Glück finde ich dann doch noch einen Pennplatz nah am Ufer. Einige Mitbewohner auch. Nice. Ich sehne mich schon nach dem nächsten Belgienurlaub

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