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Iggy Pop, 24.06.2022 in Düsseldorf , Mitsubishi Electric Halle - Bericht von Peter

Iggy Pop, 24.06.2022 in Düsseldorf

Nachdem verSemmelt Anfang des Monat bei der "Godmother Of Punk" also Patti Smith war, soll es für uns (Lisis, Stolly, Ich) heute zum "Godfahter Of Punk" gehen und das ist natürlich, wer weiß es? Bela B.? Campino? Bushido? Oder gar Michael Jackson? Nein, obwohl ich die Genannten auch alle als legitime Antwort hätte durchgehen lassen. Sind wir heute natürlich bei keinem geringeren als James Newel Osterberg alias Iggy Pop. Wer, der diesen Artikel über dem Hernn Pops Name so groß prangert, angeklickt hat, hätte da wohl mit gerechnet, mmh? Diesen hatte ich vor vielen Jahren mal in Bonn auf dem Museumsplatz gesehen, (glaub das hieß so), dort mit seinen STOOGES. Leider war der Gig damals viel zu kurz, am Nachmittag und es wurden nur STOOGES-Songs und keine aus Iggy Pops Solokarriere gespielt. Also kein "Lust for Life", kein "The Passenger" .... kein gar nix.
Daher greife ich für dieses Konzert tief in die Tasche (knapp 100 Euro), um den mittlerweile ja auch schon 75 Jahre auf der Uhr habenden Iggy Pop noch mal bei der Darbietung seiner Songs bestaunen zu dürfen. Könnte ja immerhin die letzte Tour von diesem Saurier sein. Ganz so fit ist er nicht, zumindest nicht mehr, Knie sind wohl kaputt, Schulter Schrott seit einem Sturz von einer Lautsprecherbox bei einem Konzert ist die Wirbelsäule verzogen und der Längenunterschied seiner beiden Beine beträgt mittlerweile ganze 4 cm. Dauert also vielleicht nicht mehr lang, bis diese Legende komplett zerbröselt. Eigentlich hatten Stolly und ich schon lange Karten, leider hatte das Lisis trotz Ankündigung nicht auf dem Schirm und schenkt uns daher zwei Tickets zum Geburtstag. Ein vollkommen übertrieben teures Geschenk. Das aber trotzdem Eindruck und tiefe Dankbarkeit hinterlassen hat. Für sich hat Lisis dann auch noch ein Ticket gekauft, um die Rechnung bei eventim ins Bodenlose zu treiben. Aber alles cool, danke noch mal Lisis! Zum Glück bekommen wir die zwei ursprünglich gekauften Tickets noch ohne großen Verlust wieder los.
Wir kommen ziemlich pünktlich an, eigentlich extrem untypisch für uns. Nach dem das Auto geparkt und der Parkschein vorab entwertet wurde, nehmen wir in der Halle auf unseren Stühlen Platz. Im Vorfeld war es mir echt ein Rätsel, wie denn wohl ein Iggy Pop Konzert im Sitzen sein soll. Zu diesen Bedenken gesellt sich noch die Angst, das der gute Herr Pop womöglich einiges von seinen Alben der letzten Jahre spielen wird. Auf diesen findet sich anstatt Punk und Rock viel Ruhiges. Chanson, Jazz, Ambient und was weiß ich nicht noch alles. Auf jeden Fall einiges, das ich nicht hören möchte. Ich mein, ich bin offen für andere Musikrichtungen (selbst Ska, Metal und Country... GaLiGrü gehen raus an kraVal). Aber nichts von den Sachen der neuen Alben hat mir wirklich gut gefallen. Selbst das von der Musikpresse (also nicht von uns) gelobte Album "Post Pop Depression" mit Leuten von EAGLES OF DEATH METAL, QUEENS OF THE STONE AGE und ARCTIC MONKEYS hat mich komplett kalt gelassen. Möchte ich somit auch nichts von hören.
Zunächst einmal muss aber der Durst gestillt werden, dies stellt sich schnell als nicht nur zeit-, sondern auch sehr kostenintensiv heraus. Nach ca. 25 Minuten Anstehen erhalte ich für 39 Euro: drei 0,5 l Bier, einen Wein und eine Cola. Schnapper! Selbst wenn man den Pfand von 10 Euro abzieht (als, ob ich das zurückbringe, das werfe ich gleich alles meinem Vordermann/frau mit Schwung an den Hinterkopf), ein nicht allzu billiges Vergnügen. Vor allem wenn man bedenkt, dass der Abend noch jung ist. Was hingegen gar nicht jung ist, ist der Großteil des Publikums. Die meisten müssten ungefähr im Alter meiner Eltern oder im Alter vom Star des heutigen Abends sein. Dieser Umstand soll später noch unangenehm zum tragen kommen. Aber dazu später mehr.
Langsam scheint es loszugehen. Der gut gefühlte Saal wird abgedunkelt. Die Band betritt die Bühne und Sarah Lipstate aka NOVELLE spielt zunächst ein langes Intro, bei dem sie am Ende auf ihrer Gitarre mit einem Geigenbogen bewaffnet krasse Distortion-Geräusche produziert. Immer noch frage ich mich, wie das hier gleich mit sitzendem Publikum über die Bühne gehen soll. Für alle, die sich fragen, warum hier überhaupt Sitzplätze vergeben wurden ... wahrscheinlich ein Überbleibsel aus den auf Abstand abzielenden Corona-Maßnahmen des vergangenen Jahres.
Nachdem Iggy die Bühne betreten hat, bricht der Saal in Jubel aus und jegliche Bedenken meinerseits werden innerhalb einer Sekunde weggewischt, denn der ganze Saal springt mit den ersten Tönen von "Five Foot One" von seinen Plätzen auf und verteilt sich langsam im Raum. Sämtliche Platzkategorien sind im Nu hinfällig. Danach kommt mit "Loves Missing" ein okayer Song von der der Tour namensgebenden und aktuellen Platte "Free". Beim ersten Song fliegt übrigens auch schon Iggys Shirt ins Publikum und wir können einen Blick auf Herrn Pops ledrigen Eidechsen-Oberkörper werfen. Ich bin hin und weg. Shirt anlassen, weil sonst ist das sexistisches Verhalten? Kann ich in diesem Fall gut drüber hinweg sehen. Iggy Pop auf der Bühne mit Shirt ist irgendwie wie Pommes ohne Soße. Gut aber geht besser.
Bei Song Nummer 3 ist dann auch klar, dass es heute Abend nicht nur bei Iggy Pop Songs bleiben wird, wie es in Bonn bei STOOGES-Songs geblieben ist. Bei "TV EYE" rasten die Leute komplett aus und stürmen auf Aufforderung die Bühne, bleiben dort den Song lang und springen und tanzen um Iggy herum, um dann nach Abklingen der letzten Töne langsam und allmählich wieder von der Bühne zu klettern. Nur vorsichtig mit den Porzellan-Becken bitte! (Ist das jetzt schon Ageism?)
Nach "TV EYE" kommt der eher ruhige Song "Endless Sea" vom 1979er Album "Values", von dem auch der Opener "Five Foot One" stammt. Eine Vielzahl von Iggy Pop typischen Posen, die man von den ganzen Konzertfotografien der späten 60er, 70er und 80er-Jahren kennt, dürfen dabei natürlich nicht fehlen. Danach geht es dann wieder zurück in die Stooges-Ära mit "Death Trip". Irgendwo davor, dazwischen oder danach kam noch "Home" vom 90er Album "Brick by Brick". Soweit ich mich richtig erinnern kann.
Irgendwann mogel ich mich auch vor in die ersten Reihen, hier wird sogar getanzt, alte und junge Menschen pogen und springen rum und der Rest glotzt natürlich auf ihre Smartphone-Displays und macht Fotos und Videos. Was für Ottos. Ich tue es ihnen trotzdem erst mal eine Zeit lang gleich. Ein gutes Foto vom Rock-Dinosaurier hinzu bekommen ist trotzdem gar nicht so leicht, der flitzt nämlich wie angestochen von links nach rechts auf der Bühne und ist agil wie eh und je. Mittlerweile ist er beim recht schrägen, schleppenden und daher anstrengenden "Mass Production" von seinem Solo-Debüt "The Idiot" angekommen. Das veranlasst mich dazu, meinen Kontostand noch weiter in Richtung Dispo zu treiben und hole noch eine Runde Getränke.
Durch das Getränkeholen und dem vorherigen Toilettesuchen verpasse ich den neuen Song "Free" und, was viel schlimmer ist, "Gimme Danger", dadurch habe ich wirklich eine Träne im Knopfloch. Bin aber rechtzeitig zu "Lust For Life" wieder zurück. Hätte ich den verpasst, hätte ich vermutlich mehr als ein Tränchen vergossen. Bei "Lust For Life" wird Iggy sehr cool von den beiden (oder waren es drei) Herren an den Bläsern unterstützt. Gibt dem Song noch mal eine neue Note (nein kraVal, es ist durch den Einsatz von Bläsern immer noch kein Ska und es ist auch nicht per se scheiße).
Auf "Lust for Life" folgt mein zweiter Iggy Favorit: "The Passenger". Mit 12 oder so bin ich durch ein Cover der toten Hosen, die gerade ein paar Straßen weiter spielen, drauf aufmerksam geworden, habe mich danach näher mit Iggy Pop beschäftigt und bis heute hat der Song bei mir nichts an Strahlkraft verloren. Innerlich schlägt in diesem Moment daher ein Teenage-Peter Judorollen und Purzelbäume. Das hört auch nach dem Song nicht auf, denn es geht erst mal mit einem weiteren Hit weiter. Vor dem Zugabenblock, über dessen Sinnhaftigkeit sich ja hier auf dieser Seite schon nötiger und unnötigerweise genug ausgekotzt wurde, kommt noch "I Wanna Be Your Dog".
Die Pause bleibt kurz, kopfschüttelnd lassen mich daher die Leute zurück, die nun die Halle verlassen. Weiter geht's mit "Sister Midnight" auch von "The Idiot", auch ein Song, den ich nicht unbedingt gebraucht hätte. Dafür hätte an dieser Stelle gerne was von der "Instinct" kommen können. "Cold Metal", "Squarehead" oder "Easy Rider" zum Beispiel. Ich liebe diese Platte aus seiner Hard- und Glamrock Phase einfach. Gefreut hätte ich mich auch über irgendwas von "Skull Ring", auf der er mit GREEN DAY und SUM 41 musiziert. Beim Resümee später fällt auch auf, dass er nicht "Real Wild Child", das Cover von "Louie Louie", zum Glück nichts von der "Post Pop Depression" und nicht "Candy" gespielt hat. Sünde! Skandal! Wieso haben wir ihn so von der Bühne gehen lassen? Auch über "Some Weird Sin" und "Success" hätte ich mich gefreut. Nun ja, bei so einer langen Discografie kann man nicht erwarten, alle seine Lieblingsstücke zu hören.
Dafür kommen im Zugabenblock noch "Run Like A Villian" von "Zombie Birdhouse", einem Album, das mir so gar nicht liegt und "James Bond" vom aktuellen Album. Danach noch mal etwas Stooges mit "Sick Of You" das erneut angespielt werden muss, da Iggys Mikrofone nicht funktioniert. Könnte daran liegen, dass er zuvor die ganze Zeit damit rumgeworfen hat. Danach ein Cover von "Hero" von der Düsseldorfer Kraut-Rock Band NEU!. Sehr passend, was von den Toten Hosen hätte ich allerdings besser gefunden. LOL. Zum Schluss haut er dann noch "Nightclubbing" (wieder "the Idiot") und "Search and Destroy" raus. Danach bin ich ganz beseelt und verlasse grinsend den Saal.
Bester, aber auch beklopptester Merchandise-Artikel von allen ist wohl diese Stoffmaske. Beim Blick auf den Preis bleibt mir das Lachen aber abrupt im Hals stecken.
Während ich einen Blick auf das restliche Merchandise werfe, erzählt mir eine Frau, das sie gleich das Bandana für "nur" 30 Ocken erwerben wird und das gleich zweimal. Daraus will sie dann zu Hause ein "cooles" Sofa Kissen nähen. Ich schnaufe kurz und tief und drehe mich dann langsam und unauffällig weg. Da wird aus Merchandise, das direkt aus der Hölle kommt, Dekoartikel aus der Hölle. Nachdem ich mich über sämtliche Artikel wegen dem horrenden Preis, der schreienden Hässlichkeit oder beidem echauffiert habe, lasse ich mein Portemonnaie stecken und begebe mich mit dem Rest unserer Truppe nach draußen. Die Inflation der vergangenen Tage scheint hier in der Mitsubishi Electric Hall noch nicht angekommen zu sein. 
Einziger Abturn am heutigen Abend bleiben die alten Männer vor der Tür, mit denen wir beim schnorren einiger Zigaretten noch ins Gespräch kommen. Allesamt berichten natürlich, wie die letzten Opas vom Krieg, von ihren Konzerten in den 80ern oder noch früher. Dass damals alles noch so neu, real und aufregend war, dass Iggy damals viel besser war. Dass wir doch eigentlich noch viel zu jung wären, um Iggy Pop zu kennen, das Punk doch schon lange, spätestens seit DEPECHE MODE "tot" sei ... bla bla bla. Einfach unerträglich. Bei ihrem dummen Gelaber rücken sie aber so lange Zigaretten für die Frauen in unserer Runde raus, wie die ihren Geschichten Aufmerksamkeit schenken. Ich bin nicht sexualisierbar für sie und werde daher größtenteils ignoriert und muss die Kippen dann bei Lisis schnorren. Als sie dann aber auch noch anfangen, mit ihnen Fotos machen zu wollen, reicht es endgültig. Langsam wird es übergriffig und unangenehm. Ich niese mir derweil so, wie ich es leider oft tue, wenn ich betrunken bin, explosionsartig in den Bart, habe aber kein Taschentuch zur Hand und wische es daher mit dem Ärmel ab. Verteile es dabei aber eigentlich nur im gesamten Gesicht. Das lässt sich von den alten Herrschaften schlecht ignorieren und sorgt für sparsame Blicke. Dabei mache ich den Geschichten der alten, armseligen Wichtigtuer lauschend schnaufende Geräusche und rolle mit den Augen. Dieses Verhalten, in seiner Gesamtheit wohl als leicht asozial gedeutet, sorgt dann irgendwie für einen Gesprächsabbruch. Nicht dass ich das geplant hatte oder Lisis und Stolly das nicht auch ohne mich geschafft hätten, aber ich bilde mir ein, dass es vielleicht trotzdem etwas geholfen hat, sie in die Flucht zu schlagen. Vielleicht! Wir rauchen noch auf und fahren dann heim. Stolly jagt den Silberpfeil wie immer routiniert durch die Nacht. Es ist wirklich eine Rennfahrerin an ihr verloren gegangen. Lisis schläft bereits kurz hinter Düsseldorf, ich dann irgendwo bei Wuppertal. Dabei bin ich vollkommen zufrieden, aber auch ein bisschen pleite. Egal. Schön wars!

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Iggy Pop
Konzertberichte: 1

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