Jaya the Cat, Riskee & The Ridicule, 07.10.2022 in Köln, Essigfabrik - Bericht von Zwen
Jaya the Cat, 07.10.2022 in Köln
VVK-Ticket zu kaufen haben wir irgendwie völlig verpennt. Zum Glück gibt es Abendkasse, auch wenn 30 Euro für ein Ticket natürlich schon eine krasse Ansage ist, aber andererseits hatte ich mir überlegt, nächstes Jahr vielleicht zu Avril Lavigne zu gehen, es mir dann bei den Ticketpreisen aber nochmal anders überlegt. Wir geben also der Abendkassen-Bediensteten ein paar Scheine. Bändchen, Ticket oder Stempel gibt es alles nicht, stattdessen wird nur kurz dem Secu-Kollegen zugenickt und wir dürfen rein. Puh, einen kurzen Moment habe ich doch tatsächlich ein wenig angefangen, zu schwitzen!
Als wir reinkommen, sind RISKEE AND THE RIDICULE schon mitten im Set. Dass der Sänger kein Shirt trägt, schreckt mich zunächst etwas ab. Dann knallt aber die Musik rein. Beim Manchester Punk Fest dachte ich ja noch wegen des Namens, die würden Ska machen und habe die Band deswegen bewusst verpasst. Was ein Fehler! Die Band kommt ursprünglich eher aus der Oi!-Ecke, machen aber eigentlich energetischen Mitsingpunk, der in den Refrains ordentlich anzieht und dann in den Strophen schon fast in Rap und HipHop abdrift. Meine Fresse, packt der Sänger viel Text in wenig Zeile! Hört man genauer hin, merkt man auch schnell, dass er auch wirklich viel zu sagen hat. Ich habe echt lange nicht mehr so direkte politische Messages gehört. Irgendwie flüchten sich die Punker*innen ja heute entweder in Dadismus oder sind einfach nur zu nett um direkt zu sagen, was außer Faschismus und Sexismus in der Gesellschaft falsch läuft. Ganz anders Riskee And The Ridicule, auch wenn der Sänger aussieht, als wäre er wahlweise von der russischen Mafia oder Hooligan, gefällt es mir, dass eine Band mal wieder direkt die Working Class bzw. die Working Poor anspricht und zur Revolution aufruft ("Our Time"). Ansonsten geht auch der Song "In The Dark We Dwell", in dem es um Heroin geht, wortwörtlich unter die Haut und der shirtless Hooligan kann wirklich richtig schön singen!
Ansonsten geht es sehr viel um den Wahnsinn der gerade in Großbritannien abläuft, seien es die Medien oder generell eine immer bekloppter werdende Gesellschaft. "Accelerate" läuft bei mir auch schon etwas länger immer wieder in der Playlist und macht heute im halligen Essigfabrik-Sound auch richtig Spaß.
Für einen Song darf dann auch Karl von Jaya The Hauptband mal auf die Bühne und ein paar Akkorde in seine Klampfe hauen. Dabei hat er sichtlich Spaß und wirbelt mit einer unglaublichen Dynamik über die Bühne, sodass Bart und Haare nur so fliegen.
Eigentlich könnte Karl ja direkt auf der Bühne bleiben. Tut er aber nicht. Andererseits was sollte er auch alleine dort im Dunkeln? Nach einer ausgiebigen Rauch- und Bierholpause betreten dann JAYA THE CAT die Bühne. In diesem Moment wird mir klar, dass ich die Band bereits zum 4. Mal in diesem Jahre sehe. Bin ich jetzt ein Fanboy? Wahrscheinlich. Aber heute spielen sie halt auch das großartige "More Late Night Transmissions". Eine ganz besondere Show, so wird nicht mit "Wine Stained Futon", sondern mit "Hold My Beer And Watch This" als Intro gestartet.
Danach wird dann tatsächlich das Album mehr oder weniger runtergespielt, wobei ich mich natürlich über die gewohnten Hits "Thank You Reggae", "Hello Hangover" und "Mistake" sehr freue, tatsächlich bin ich aber vor allem hier um Songs wie "Night Bus", "Carnival" und "Government Center" zu hören. Vor allem letztere wurden noch nie live gespielt und auch "Night Bus" habe ich auf den letzten JTC-Konzert vermisst.
Richtig gut finde ich heute auch die Ansagen, in denen uns Geoff ein bisschen Kontext zu den Songs liefert: Er und der Germ hinter den Drums sind gerade von Boston nach Amsterdam gezogen, kannten dort noch niemanden und konnten nichts anderes tun, als sich mit offenen Augen ins Nachtleben zu stürzen und Songs über die Zerrissenheit zwischen zwei Welten (und darüber wie abgefuckt beide sind) vor allem aber über den Rausch zu schreiben. Mittlerweile sind alle ja auch mental gut in ihrer Wahlheimat angekommen und das merkt man auch an den neueren Songs, aber die besten Lieder entstehen immer noch aus inneren Kämpfen.
Das Album endet dann auch mit dem Überhit mit dem Monster-Basslauf und dem Titel "Closing Time". Außerdem ist es auch der einzige Song der Band, der über ein niederländisches Wort verfügt, das auch alle laut mitgrölen. Dann gibt es noch den Bonustrack und damit den besten Reggae-Song aller Zeiten "The Harder They Come" von Jimmy Cliff zu hören. Sehr stark! Jetzt brauchen die Herren aber mal eine ganz kurze Verschnaufpause und dann wird endgültig alles abgeräumt, was noch steht. Apropos, ich schlage mich tatsächlich ab und an mal in den Pogo. Hier gleicht der Boden aber einer Eisfläche, weshalb alle irgendwie durch die Gegend schlittern und nur nicht andauernd hinfahren, weil sie in einer Tour in irgendwen prallen. Eigentlich ganz witzig.
Tatsächlich könnte man jetzt fast vom üblichen Festivalset sprechen. Es gibt "El Camino", "Huddersfield Rain", "Fake Carreras", "Amsterdam" und noch dies und das zu hören.
Bei "Here Come The Drums" gibt es dann einen kleinen Bühnensturm. Auch wenn - anders als auf dem Brakrock - diesmal nicht explizit von der Band gewünscht, sieht man doch, wie alle einfach extrem viel Spaß haben und so wird die Nacht dann noch ausgetanzt, wir schlagen uns schon mal vor zum Merch, wo ich mir von der Vorband eine Jacke kaufe, worüber sich der Mercher sichtlich freut. 50 Euro ist auch hier wieder eine Ansage, aber für eine Jacke und bei der Inflation gerade wahrscheinlich angemessen.
Wir sind in Köln, wir haben Hunger und es ist erst 11, also wollen wir noch kurz bei einem Schnellrestaurant halten. Stattdessen sehen wir aber, dass es in Köln eine Supermarktfilale gibt, die bist 24(!) Uhr geöffnet ist und nicht nur über eine Salatbar, sondern auch über eine Sushi-Theke verfügt. Ja, leck mich fett, Köln! Damit hast du gerade fast alles, was du mir in der Vergangenheit angetan hast, wieder gut gemacht! Jetzt aber schnell zurück über die Autobahn. Ich will Sushi essen!