The Grabowskis, Streckmittel, 15.10.2022 in Bochum, Wageni - Bericht von maks + Zwen
The Grabowskis, Streckmittel 15.10.2022 in Bochum
Ich bin sehr froh, dass es erst so "spät" losgeht, denn sonst hätte mein Erscheinen heute überhaupt keinen Sinn mehr gemacht. Vor allem weil auf der Feier alle mehr Sitzfleisch beweisen, als ich gedacht hätte. Egal, nach der 10. Runde "Dobble" schmeiße ich einfach den Tisch um, nutze die Verwirrung und schwinge mich aufs Fahrrad. 50 Minuten später komme ich nass geschwitzt am Wageni an und habe Streckmittel natürlich schon wieder genau verpasst. Während Mitschreiber Zwen auf einer Familienfeier Erwachsenengesellschaftsspiele macht (die er mir später versucht zu erklären, die ich aber nicht verstehe, weil zu jung), werde ich zum Frühdienst eingeteilt. Die hierarchische BS-Ordnung macht es möglich. Bei 3 bis 6 Ocken Eintritt (DIY forever!) heißt das überraschend pünktlich: Erste Band um 21 Uhr. Was - zugegeben - für mich kein Frühdienst mehr ist: STRECKMITTEL, STRECKMITTEL (ALLE BRAUCHEN STRECKMITTEL)! So der vollständige Name der Eröffnenden. Da freut sich sogar Peter, der tollste Trommler auf Welt!
Kurz noch zum organisatorischen: HANSA fehlt! Sonst ist alles wundervoll, ich freu mich total und das auch noch wie Hulle! Unfassbar viele, ewig nicht gesehene Menschen. Und überhaupt platzt hier bei 120 Zahlenden (gefühlt plus ganz großem X) selbst der Außenbereich aus allen Nähten. Lebbe geht weiter. Spätestens jetzt.
Die allerbösesten Zungen unter den bösesten Zungen behaupten, dass das Wageni nur deswegen wieder geöffnet hat, damit STRECKMITTEL die letzten sechs von ihnen noch nicht berührten Quadratmeter im Ruhrgebiet endlich auch noch bespielen können. Und das machen sie in einer höchst beeindruckenden Art und Weise.
Denn - hier noch nicht zu sehen, aber überdeutlich zu erahnen - Sänger Stefan stürzt sich im Laufe der eigenen Euphorie vom Meterhohen Bühnenrand todesmutig in die wild gewordene Menge und walkt da so rum, als ob es keine Scheu gäbe. Ich bin sichtlich beeindruckt. Sogar von der Gesamtdarbietung. Denn dieser Rumpelpunk ist ein solcher im positiven Sinne, dessen Qualität - sofern mensch bei Rumpelpunk von Qualität sprechen kann - in den letzten von mir nicht frequentierten Wochen irgendwie nochmal gestiegen ist.
Auch der Rest der Meute ist sichtlich und hörbar von der Band, die irgendwann mal in die Geschichte eingehen wird (oder es längst ist), weil sie sogar Coversongs covert, begeistert.
So, das hier geht dann mal als offizielles Schlagzeugerfoto durch. Für diejenigen unter Euch, die die Existenz einer mögliche Schnittmenge von "Qualität" und "Schrammelpunk" grundsätzlich abstreiten, werfe ich an dieser Stelle ersatzweise das Thema "Quantität" in das Konzertberichterfassungsformular: 13 Songs haben STRECKMITTEL mit getreckter Kreide auf die Werbetafel am Rande der Bühne geschrieben, die heute als Setlist herhalten muss. Als ich das vorher höre, gehe ich davon aus, dass manche Songs somit gar 3 x gespielt werden. Aber gepusteter Kuchen. Nix da! Inzwischen 13 nahezu völlig unterschiedliche, frische eigene und gecoverte Coversongs, bilden einen würdigen Wiedereröffnungstaumel.
Hier bin ich! Jedoch sehe ich Maks nicht, sondern vernehme nur 3x beim Bierholen und Blase entleeren sein zartes Stimmchen. Ah! Da isser ja! Kurz abgeklatscht und nun bin ich der Fototyp für den Rest des Abends. Und dann passiert folgendes: Mein Akku ist nach exakt 7 geschossenen Fotos leer. Macht ja nix, Ersatzakku ist ja in der Tasche. Nicht. Scheise! SCHEISE!! Aber da wackelt auch schon die Spätschicht über das Gehöft und löst ab, während ich mich nach zufriedenem Gedingse an die frische Luft winde. Kollege Zwen, bitte übernehmen Sie. (Wo ist die verdammte Stechuhr?)
Klar, immer gerne. Hier sehen Sie die ersten Songs des Interpretens THE GRABOWSKIS (heute ohne Strich durchs "o"). Junge, junge, Klute, Bobo, Enno und Fisher legen direkt mal ganz schön vor. Da hat aber jemand Bock! In einer brachialen Geschwindigkeit brettert die Band mit "My Name Is Jaqueline " in ihr Set. Sehr schön, danke Zwen!
Da es lange her ist, dass ich die Band gesehen habe, halte ich mich mit solchen Einordnungen in den historischen Kontext zurück und genieße jetzt einfach das heute dargebotene Set. The Grabowskis ist eine dieser seltenen Bands, die ich von mal zu mal besser finde. Und das, wo ich es heute kaum beurteilen kann, da ich aus gesundheitlichen Grüßen (so isset tatsächlich) den Auftritt vom Außenbereich nahe der Tür (Ex-Fenster) konsumiere. Daher fehlen mir auch weitere Worte.
Wie gesagt: Starker Einstand. Während der ersten Hälfte des Sets wird geheizt als gäbe es kein Morgen. Das Wageni platzt aus allen Nähten, der Pogo ist sehr wild und selbst Nina Hagen wurde Zeugenaussagen zufolge gesichtet, wie sie ein paar Töne zusammen mit Enno ins Mikrofon geträllert hat. Leider zieht sowas (und viel Alkohol) auch immer den einen oder anderen Idioten an (bewusste Verwendung des Maskulinums). Und so taucht irgendwann ein Typ auf, der Pogo mit Wrestling verwechselt und innerhalb weniger Sekunden den Raum vor der Bühne leer fegt und irgendwen ins Schlagzeug wirft. Nach Ansage an besagte Person wird es dann aber besser.
Mir bleibt indes wortwörtlich die Luft weg. Das Klima im Wageni lässt sich aktuell wohl am besten als eine Mischung aus Amazonas-Haus und Omas Achselhöhle beschreiben. Ich flüchte mich nach draußen und schau von nun an durch den Türrahmen zu. Wobei, meine ungeteilte Aufmerksamkeit haben die Grabowskis jetzt tatsächlich nicht mehr. Viel spannender ist es, den Leuten beim Stolpern über die Stufen vorm Wageni zuzusehen. Wenn ich richtig gezählt habe, waren es - allein in der Zeit in der wir an der Tür standen - acht. Ansonsten bin ich mir gerade nicht sicher ob es daran liegt, dass ich draußenstehe oder generell eine beschissene Aufmerksamkeitsspanne habe, aber die Setlist ist einfach zu lang! Bis auf Hits wie u.a. "FCK CPS" eiert die zweite Hälfte des Sets ein wenig. Nicht wirklich schlimm, aber immer noch so, dass es ein wenig auffällt. Vielleicht ist aber auch einfach nur gerade was am Schlagzeug kaputt gegangen, wer weiß. Außerdem wurde einfach so überragend gestaltet, dass es sicher nicht einfach ist, dieses Niveau so lange durchzuhalten.
Schlaf gut! Wir sitzen noch etwas am Feuer, reden über dies und das, freuen uns über günstiges Bier und einen durchweg gelungenen Abend. Wie geil ist es bitte, dass das Wageni endlich wieder zum Normalbetrieb hochfährt?! Nächstes Mal kriege ich es bestimmt auch mal wieder hin, Streckmittel nicht zu verpassen. Gute Nacht!