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Schlafen statt strafen: Münzmikrowelle, Worst Band In Town, Die Exports, 03.02.2023 in Dortmund, Protestcamp - Bericht von der Redaktion

Schlafen statt strafen, 03.02.2023 in Dortmund

Fö: Kürzlich erschien von STRG_F die Doku "Obdachlosigkeit: Wie Deutschland sie bis 2030 beenden will", die ihr zum Beispiel hier sehen könnt und die ich an dieser Stelle mal empfehlen würde. Es gibt noch viel mehr Beispiele dafür, wie schäbig Obdachlose hier und überall auf der Welt behandelt und vertrieben werden, egal ob in London oder im Dortmunder Kreuzviertel. Und nochmal Dortmund: Hier hat der Cityring (Zusammenschluss der innenstadtnahen Einzelhändler) eine private Sicherheitsfirma engagiert, die insbesondere des nachts Obdachlose von den Eingangsbereichen der Läden verscheuchen soll. Sollen die halt woanders pennen! Aber das "aus den Augen, aus dem Sinn"-Prinzip kennen wir ja auch aus anderen Zusammenhängen. Wenn zum Beispiel Jugendliche von ihren Treffpunkten verscheucht werden, anstatt ihnen vernünftige Alternativen zu bieten. Auch da scheint es nicht wirklich politischen Willen zu geben, auch mal in die Ursachenforschung zu gehen. Die Welt wird immer zynischer, perverser und egoistischer, gleichzeitig klafft die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander, aber wir kriegen da gar nicht wirklich nen Blick drauf, weil wir eh von einer Krise in die nächste kommen. Alles Symptome dafür, dass unser schönes kapitalistisches System einfach nicht mehr zu halten ist. Klar, ich hab jetzt auch kein Alternativkonzept in der Schublade, aber ich sehe auch nicht wirklich Anstrengungen bei den "Verantwortlichen", Lösungen zu finden. Alles wird immer nur verdrängt, egal ob es die Gedanken an unsere Zukunft sind oder ob es ganz einfach akut bedrohte Personen sind, wie Geflüchtete oder, um zurück zum Thema zu kommen, Obdachlose. Und warum? Weil die eh nicht zur Wahl gehen und somit für die Parteien uninteressant sind. Weil sie eh nicht viel zur Wirtschaft beitragen. Weil sie so einfache Sündenböcke sind. Und natürlich weil sie einfach keine mächtige Lobby im Rücken haben, die ihre Interessen vertritt. Abgesehen von diversen NGOs, denen aber auch wenig Macht einberäumt wird, so dass vielen nur der Weg in den Aktivismus bleibt, um zumindest Öffentlichkeit zu erzeugen.
"Schlafen statt strafen" ist so eine NGO, und die setzt sich insbesondere für die oben beschriebene Thematik ein, dass der Cityring Obdachlose vertreiben will (Forderungen hier). Eine Aktionsform war das "Protestcamp" in der Dortmunder Innenstadt. Für eine Woche wurde ein kleines Zeltdorf eingerichtet, um Obdachlose zu unterstützen mit Zelten, Schlafmöglichkeiten, Toiletten, Essen und anderen Dingen des täglichen Bedarfs, aber auch diverse weitere Programmpunkte mit Workshops, Vorträgen und Unterhaltung gab es. Eines dieser Programmpunkte: Ein kurzfristig anberaumtes Konzert auf den Treppen, und darüber reden wir nun. Erstes Open Air des Jahres, sag ich mal!
Fö: Ich glaube, die erste Band "Der Baum vom alten Apfel" habe ich verpasst, oder haben die überhaupt gespielt? Egal. Zumindest komme ich pünktlich an, als MÜNZMIKROWELLE ihren Auftritt starten.
Pineapple Paul: Also gespielt haben die schon. Mehr oder weniger zumindest. Allerdings ohne den eigentlichen Sänger und dafür auch ohne Drummer. Einen Tag vorm Konzert gabs nämlich mehrere unschöne Meldungen: Der Sänger von DBVAA hat Corona. Kurz darauf die nächste: Die Schlagzeugerin von Münzmikrowelle hat Corona.
Und zuletzt: Mein Mitbewohner hat auch Corona und zufällig bin ich ebenfalls krank…

Fast wäre also alles ausgefallen, aber mit viel Improvisation, einem negativen Test und enormen Support von überall lief es dann zum Glück doch alles!
Fö: Von Münzmikrowelle jedenfalls gibt es lauten schäbigen Krach. Voll geil! Es gibt einfach nichts schöneres, als in der Innenstadt vor dieser malerischen Kulisse (die Kirche im Hintergrund kommt auf den Fotos nicht zur Geltung, sorry) für ein paar geplatzte Trommelfelle zu sorgen.
Pineapple Paul: Die ganze Szenerie war schon absurd. Mitten in der Innenstadt und dann trotz Kälte und Usselwetter noch so gut besucht. Während also zwischen Kirche, Bank und Dsw21 Kundencenter für eine Verbesserung der Umstände gelärmt wird, verstecken sich Paradebeispiele der obdachlosenfeindlichen Architektur direkt hinter der Bühne. Pervers.
Fö: Die Band ist heute etwas dezimiert, dank Corona ohne Schlagzeugerin, was nicht auffällt, weil der Bassist halt stattdessen am Schlagzeug sitzt. Die Band besteht halt einfach nur aus musikalischen Multitalenten! Auch Frontorgan Laszlo kann neben singen auch ganz wunderbar auf Tasten drücken, damit Samples eingespielt werden. Super das!
Pineapple Paul: dafür, dass die Herren ungefähr 24 Stunden Zeit hatten, um ihr komplettes Set nochmal neu zu organisieren, war das echt ne solide Sache. Ziemlich stabil von den dreien. Herrlich war das!
Fö: Anschließend ein kleiner Vortrag, in dem über die aktuelle Situation aufgeklärt wird, aber auch ein Grußwort von den Aktivist*innen vom Hambacher Forst und über den Kampf, den sie dort bestritten haben. Auch hier ist die Quintessenz wieder, dass das Problem nicht irgendwelche Klimaretter*innen oder Obdachlose sind, sondern halt ganz einfach das System im Arsch ist.
Fö: Anschließend WORST BAND IN TOWN. Die kannte ich zuvor zumindest vom Namen, hatte aber nie reingehört weil der Name so dumm ist. Dementsprechend bin ich überrascht, dass es nicht ganz so schlimm ist. Ich würde sogar behaupten, dass es schlimmere Bands in town gibt.
Pineapple Paul: Danke für die Blumen!
Fö: Teilweise erinnert mich das vom Musikalischen her sogar an Fahnenflucht (Gesang und Texte eher nicht), dann auch wieder an belanglose Deutschpoprockpunk-Kapellen à la Drei Meter Feldweg. Wobei, ah, ich weiß eigentlich gar nicht mehr wirklich wie Drei Meter Feldweg klingen und will auch grad noch nichtmal zu Recherchezwecken reinhören, weil es bestimmt GANZ schlimm ist. Aber der Vergleich kam mir trotzdem in den Sinn.
Fö: Irgendwann zwischendurch geht der Strom aus. Es wird kolportiert, jemand habe den Stromgenerator hinter dem Pavillon ausgestellt. Wenn das stimmen sollte: Was für Arschlöcher! Egal, auch nicht so wild, denn so kamen wir in den Genuss des Überbrückungsprogramm in Form eines ausgedehnten Blockflötensolos. Mehr davon!
Pineapple Paul: Das war bei Song 2. Hat sich rausgestellt, dass das Luftventil für den Generator zugedreht wurde und das Teil langsam an Der gestauten Hitze krepiert ist. Ist ja fast so wie mit der Klimakrise. Welch schöne Analogie…
Fö: So, irgendwann kann der Auftritt weiter gehen. Geht soweit klar was wir da hören, Ansagen von Paul manchmal etwas drüber, Wall of Death muss auch nicht sein (auch wenn's ein wenig die kalten Temperaturen vergessen lässt). Aber sonst - voll okay das.
Pineapple Paul: Ich glaub das war das schönste Konzert, das ich je spielen durfte. So viele Leute waren da und so viele Leute haben das möglich gemacht. Da war ich echt dankbar für die Unterstützung von allen Seiten. 
Fö: Zum Ende gibt es noch weibliche Gesangsunterstützung bei einem Song, in dem es gegen Macker und die Plattitütden von mackerigen Sprüchen geht und auch darum, dass Mackern aufs Maul gehört. Sehr gut!
Fö: Und noch ne Band: DIE EXPORTS spielen noch. Auch hier mit dezimierter Besetzung. Die Bassistin fehlt, also wird die zweite Gitarre an den Sänger weiter gereicht, soweit ich verstanden habe. Funktioniert auch!
Pineapple Paul: Dass da auch jemand gefehlt hat wusste ich gar nicht, und aufgefallen ist es auch nicht! Die waren schon ziemlich tight. Fand ich super.
Fö: Anscheinend wurde die Band auch erst gestern Abend gefragt, ob sie auftreten wollen. Hut ab! Musik geht eher in die Indie-Richtung, ist aber dafür auch gar nicht schlecht.
Pineapple Paul: Irgendwie hat Laszlo die rangeholt. Ich kannte die gar nicht, war dann überrascht, dass es bei den Exports nicht nur ums saufen ging. Enttäuscht wurde ich trotzdem nicht. Klasse war’s.
Fö: Warum kann der Drummer eigentlich besser singen als der Sänger? Also besser singen im Sinne von besser schreien.
Pineapple Paul: an dieser Stelle möchte ich nochmal ein Dankeschön loswerden an alle, die dabei waren und auch an die, die das ganze auf die Beine gestellt haben. Falls du, liebe Leserin, die Menschen von Schlafen statt Strafen und damit die Verhältnisse von Wohnungslosen in Dortmund zu gestalten, kannst du zum nächsten Plenum kommen. Termine und mehr findest du unter:
https://www.schlafen-statt-strafen.org/termine/

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