This Heals Nothing, Waumiau, Eat Them, Black Tamponxx, 11.02.2023 in Dortmund, Brauks - Bericht von der Redaktion
This Heals Nothing, Waumiau, Eat Them, Black Tamponxx, 11.02.2023 in Dortmund
Mein Orientierungsvermögen ist quasi nicht vorhanden. Meine technische Affinität überschaubar. Und mein Vertrauen in eben solche entsprechend gering. Nicht selten passiert es mir, dass ich meinen Handy-Bildschirm bei einer nicht nachvollziehbaren Handbewegung auf so dunkel stelle, dass ich gar nichts mehr sehen kann. Um es in fachteutsch auszudrücken: "Isch seh nüscht! Ä schwarzen Bildschirm hab isch! Ä schwarzen Bildschirm!!! Ä ganzen Wochenende! Scheiße!" Und den krieg ich dann auch nicht mehr hell, weil ich ja nix seh und nicht weiß, wo ich hindrücken muss.
Doch mein Misstrauen betrifft auch meinen Akkustand. Verlasse ich das Haus, schalte ich trotz 100% Akkustandes nur noch ungerne mein Display ein. Schließlich brauch ich das noch um eventuell mein digitales Ticket auf dem Rückweg zu präsentieren. Und wenn ich dann auch noch meinen Bildschirm schwarz schalte... ohgoddogoddogodd.
So drucke ich mir vorher häufig noch nahe altschulig Zettel mit Wegbeschreibungen aus, die ich aber im Regelfall verliere. Bleibt mir also nur eine Lösung: Obwohl ich auf der Hinfahrt recht nah am Laden aussteigen könnte, muss ich auf dem Rückweg 1,5 Kilometer laufen, um in das erste von 3 oder 4 öffentlichen Nahverkehrsmittel zu steigen. Anders fahren die zu der Uhrzeit halt nicht mehr. Ich nehme meine ganze Weisheit und Cleverness zusammen, um die absolut todsichere Masterlösung zu kreieren: Bereits auf dem Hinweg nutze ich die gleiche Verbindung, wie ich sie auf dem Rückweg nehmen muss, obwohl ich dadurch mehr Wegstrecke zu bewältigen habe. Und dann verstreue ich auf dem Weg vom Stadtteilbahnhof zum Laden (ca. 1,5 km) Brotkrumen, um an Hand dieser hinterher den Rückweg zu finden. Gern geschehen, nicht dafür.
Damit ihr jetzt auch mal wisst, womit ich so die 5-8 Stunden vor Konzertanreise verbringe. Ist ja nicht so, als würden wir hier für unser Geld nicht akribisch arbeiten.
Gut,dass du das Geld vom Foto vorher dabei hattest. Konnte ich für die 3 Kilometer zum Brauks noch kurz tanken. Dann meldet sich Kiki, dass er mich ab Dortmund-irgendwo mit Auto mitnehmen kann. Na super. Spoiler (ich weiß zwar bin heute nicht, was das Wort bedeutet, habe aber das Gefühl, dass es hier passen könnte): In dem Auto befindet sich ein Display mit dem Sitzplan des Gelsenkirchener Amphitheaters, so dass man dort direkt Karten ordern kann. Sicher ein Relikt alter Ruhrpott-Rodeo-Anfänge. Den Nutzen dieser Funktion stelle ich dennoch in Frage.
Meine Anreise sollte ursprünglich auch einen Abschnitt in Kikis PS-Schleuder beinhalten, aber auf dem Weg dorthin stoße ich zufällig auf Ratte und Kotze, die ebenfalls zum Konzert wollen. Pille auch, den finden wir aber nicht mehr, und Toilette ist schon da. Ich ordne mich also ihren Anreiseplänen unter. Das bedeutet, dass ich nun bereits auf vier verschiedenen Wegen ins Brauks gefunden habe: Auto, Regionalbahn, U-Bahn, und heute S-Bahn. Da sage noch mal jemand, da sei schlecht erreichbar! Also, ja, ist es, wenn man Ratte (oder war es Rotze?) das Navigieren der letzten Fußminuten überlässt. Wir machen dann immer genau das Gegenteil von dem, was Rattes Navi sagt, und kommen schließlich pünktlich am Brauks an.
Erstens ja, aber zweitens: Es gibt kein alkoholfreies Bier. Aber gut, das gab es in den 90ern auch selten. Das Brauks ist ein Jugendzentrum, in dem öfter mal was geht. Das alles hier erinnert stark an diese klassischen Jugendzentrum-Konzerte in diversen Stadtteilen, wie ich sie in den 90ern öfter in Essen gesehen habe. Also wirklich im Rahmen von Jugendarbeit, so dass sich auch hinter der Theke und sonstwo zahlreiche Menschen befinden, die hier vermutlich auch außerhalb der Gigs ein und ausgehen. Ich finde das absolut fantastisch. Angesichts der 3 Euro Eintritt für 4 Bands muss ich aufpassen, hier nicht wieder in Ironie zu verfallen und die Kommentarfelder zum Platzen zu bringen. Daher erwähne ich ganz sachlich nur noch, dass die 1,50 Euro für die in einen Mehrwegbecher gefüllten 0,33 Liter Bier auch absolut klar gehen. Wohlfühltatmo.
Für Ratte, Rotze, Kotze, Pille und Toilette der Hauptgrund ihrer Anreise, für mich immerhin ein wichtiger, denn Bands, die ich noch nie gesehen habe, sind immer wichtig! Und wollte ich mir eh mal angeschaut haben. Cool! BLACK TAMPON XX, erste Band des Abends.
Ich finds auch richtig gut. Vor allem weil da schön viel Spiellaune rüberkommt ein, so eine Unbeschwertheit, die man sonst bei vielen Bands vermisst. Musikalisch - ja, okay, Stoner, kann ich mir live sogar ab und zu geben, aber wie maks schon sagt, darauf sollte man die Musik nicht reduzieren. Angekündigt mit "Stoner Punk". Ich hab wirklich null Ahnung von Stoner und finde das meistens total grausam. Hier drängelt sich aber der Punkfaktor so in den Vordergrund, dass ich sehr angetan bin.
Rotze brüllt mitten in den Auftritt rein: "ICH WAR AUF JEDEM KONZERT!". Also, Fans haben sie, muss man ja sagen. Das ist genau das, was Punkrock in diesen (und allen anderen) Zeiten braucht. Eine junge riot grrrl Kombo, die selbstbewusst ihr Ding durchzieht. Bitte mehr von solchen Bands!
Danach EAT THEM. Ebenfalls eine recht junge Kapelle, die mir anfangs nicht so gut ins Ohr geht. Da ich mich dann zwischen Konzertraum und Außenbereich verquatsche, wo ich letztendlich auch lande, entziehe ich mich jedoch jeder subjektiven Meinungsbildung. Ich hörte zumindest, dass das ebenfalls sehr gut war.
Ist so Mucker-Musik, glaube ich. Den Anfang verpasse ich, dann geh ich rein, brauch ne Weile um drauf klarzukommen, komme schließlich drauf klar, um festzustellen, dass das irgendwie doch nix für mich ist. Keine Ahnung was das für Musik ist. War instrumental oder? Mal zurückhaltend, mal aufbauschend, insgesamt eher so Mukker-Mukke würde ich sagen.
Juhu! Letztens erst im Linken Zentrum verpasst, erlebe auch ich heute meine Premiere. Der Hauptgrund meiner Anreise: WAUMIAU, yeahy!
Bei Kidnap, nicht bei Rookie oder?
Ach ja, verdammt. Aber bestimmt auch irgendwie bei Rookie. Auf dem Baugenwagenplatz hinter dem Düsseldorfer AK47 während eines Konzertes der Band THEILEN aus der Taufe gehoben (hab ich recherchiert!), sind sie - bevor ich sie überhaupt wahrgenommen habe - bei Rookie Records gelandet. Und nach dem, was ich hier heute sehen und hören darf, gehören sie da auch hin.
WAUMIAU´s Sängerin Anna kenne ich seit geraumer Zeit. Und ich muss zugeben, dass ich niemals gedacht hätte, dass ich Anna irgendwann mal auf einer Bühne sehen darf. Als ich diesen Gedanken habe, habe ich mich auch zugleich erschreckt und mir gedacht: Wieso eigentlich? Gibt es auch eine männlich gelesene Personen in meinem Bekanntenkreis, bei der ich das denken würde? Und dann beginnt die Reflexionsphase: Warum überrascht es mich so sehr, dass Anna in einer Band spielt und dann auch noch in der ersten Reihe als Sängerin? Habe ich es ihr unterbewusst nicht zugetraut, weil sie weiblich gelesen ist? Oder ist es sogar eher Bewunderung, weil mir längst bewusst ist, dass FLINTA* viel mehr Mut für so einen Schritt aufbringen müssen, den ich mir am Ende selber nicht zutrauen würden (wer die Gründe bis heute nicht gerafft hat und sich vielleicht doch noch damit auseinandersetzen möchte: Lest "PUNK AS F*CK" oder lest andere Texte, die sich leicht im Netz finden lassen). Die Antwort hab ich noch nicht gefunden, finde meine gedankliche Reaktion aber noch immer arg irritierend.
Ich traue übrigens Kay nicht zu, in ner Band zu spielen, über die es bei Bierschinken keinen Verriss gibt. Muss ich auch mal reflektieren! Ihren allerersten Auftritt hatten WAUMIAU übrigens als Vorgruppe von AKJ. Nix mit Proberaumkonzert vor den engsten Freund*innen zum dran gewöhnen. Da muss ich glatt an meine alte Therapeutin denken, die mir angesichts meiner Höhenangst ("beim Tetraeder in Bottrop schaffe ich keine fünf Stufen") nicht etwa empfahl, erstmal eine kleine Trittleiter zu erklimmen um mich dann immer weiter hochzuarbeiten. Sondern mir stattdessen direkt nochmal den Tetraeder vorzuknöpfen und den einfach unbeirrt bis zur Spitze durchzuperzen.
Waumiau haben richtig geile Lieder. Allesamt kurze knackige Punkbrecher, oft mit amüsantem Sample vom Band eingeleitet und mit fulminanten Mitgröl-Refrains gesegnet, die dazu führen, dass die Lieder schon nach wenigen Tönen mitgesungen werden. Geil! Zur Einstimmung aufs Konzert hatte ich mir zuvor schon den Smash-Hit "Serways To Heaven" gegeben und prompt zu meinem Ohrwurm des Wochenendes gekürt. Ja, ich bin begeistert.
Auftritt irgendwie zwischen 22,5 und 25 Minuten Länge, weil sie noch schnell nen neuen Song eingestreut haben, der unbändig gefeiert wurde. Boah ey, wau ey, waumiau ey.
Rotze haut auch schon ab, nachdem er Toilette gefunden hat. Toilette wollte aber dann doch noch bleiben. Mit Blick auf die Uhr und auf den Fahrplan wird mir klar, was mir vorher schon klar war. Es gibt gar keinen Fahrplan und die letzte Band werde ich nicht mehr erleben. Zwar hat mir Kiki angeboten, mich hinterher sogar zum Hbf zu fahren, aber ich habe ja schließlich einen Ruf zu verlieren. Also torkel ich raus, frag irgendwen nach dem Weg, verlaufe mich gebührend und profitiere von der Verspätung des von Dortmund-Scharnhorst abfahrenden Zuges, obwohl ich massenhaft Puffer einkalkuliert habe. Kurzform: Lecker Pommes.
THIS HEALS NOTHING. Also, musikalisch fährt Lametta Konzerte wirklich vollste Breitseite am heutigen Abend - diesmal eine Band aus der Sparte Post Hardcore. Wie auch immer! Bin froh, dass es kein Metalcore ist. Der Sänger hat ein angenehm raues Organ, die Gitarre fidelt gerne mal stechende Pling-Pling-Töne rein, schon ein ordentliches Brett das.
Leider bin ich in dem Genre nicht wirklich zuhause, kann mich trotzdem des Gefühls nicht erwehren, das alles schon mal gehört zu haben. Was ein gänzlich anderes Gefühl ist als das, das viele der Anwesenden beschleicht, die das alles offensichtlich tatsächlich genau so schon mal gehört haben und fleißig mitsingen. Stimmung wird hoch gehalten!
Abgesehen davon, dass mir das etwas zu "professionell" ist - guter Auftritt! Sympathische Ansagen auch. Da ging es zum Beispiel darum, wie wichtig es ist, dass es uns allen gut geht, dass wir aufeinander achtgeben, aber auch darum wie wichtig Bands mit FLINTA*-Anteil sind und wie wichtig kleine Konzerte wie dieses hier sind. Ja, kann man so unterstreichen!
Die Person soll auch ganz okay sein und hervorragend Saxophon spielen, wurde mir im Nachgang erzählt. Wo ich das Foto sehe, muss ich doch noch eben was erwähnen und abfeiern: Die Person mit dem SAMSUNG GALAXY S20-T-Shirt. Bzw. das T-Shirt natürlich (wobei die Person, die sowas trägt, auch nur toll sein kann, denn: Kleider machen Leute!). Was auch immer das soll: Ich glaub das ist das lustigste, tollste oder ich-weiß-nicht-was, was ich in diesem Jahr bisher gesehen habe.
Nach der ganzen Aufräumerei bin ich dann irgendwie im Bunker / Proberaum von den Black Tamponxx gelandet, da war noch Party. Und Freibier. Und der Galaxy S-Saxophon Kerl. Der hat echt einiges aufm Kasten. Fetter Abend, kann man nicht anders sagen. Alle Systeme auf Rock!
Achja, der Proberaum. Pille hat bei der Jam-Session noch Schlagzeug gespielt und ich bin abgehauen, kurz nachdem ich gefragt wurde, ob ich Gitarre spielen kann. Spielzeit war mir etwas zu lang, aber insgesamt: auch dies eine gute Band. Starker Abend im Brauks!