Gravpel, Trespasser, 21.02.2023 in Arnhem (NL), Willemeen - Bericht von Matt Greasejar
Gravpel, Trespasser, 21.02.2023 in Arnhem (NL)
Die Show steigt vor vielleicht 50 Zuschauern nicht im Konzertraum, sondern im Café mit kleiner Bühne. Den Anfang machen Trespasser, ein ausdrücklich linkspolitisches Projekt aus dem schwedischen Örebro, bestehend aus Sänger Dräpan und Multiinstrumentalist XVI, live unterstützt von Cestode-Drummer Leopold aus Berlin (jetzt weiß ich auch, warum der so genervt geguckt hat, als ich ihn am Merchtisch auf Englisch vollgequatscht habe..)
...sowie der isländisch-deutschen Gitarristin Gyða Hrund Þorvaldsdóttir von Extermination Order und einer weiteren Dame am Bass. Auch ihr Label haben die Schweden in Deutschland gefunden, beide Alben sind in Leipzig bei Heavenly Vault erschienen.
Mit welcher Bühnendeko kriegt man das mit allen Brackwassern gewaschene BM-Publikum noch angepisst? Blumen und Friedenstauben sind da definitiv ein lohnender Ansatz. (Allerdings meinen Trespasser das Antikriegs-Engagement durchaus ernst - wenn auch nicht im Wagenknecht'schen "Hört gefälligst auf, euch zu wehren"-Sinn, sondern in anarchistischer Tradition.)
Das erste Album "Чому не вийшло?" - zu deutsch "Warum hat es nicht geklappt?" - beschäftigt sich mit dem ukrainischen Anarchisten Nestor Makhno und dessen Versuch, in den Nachwehen des ersten Weltkriegs und der Oktoberrevolution eine weder unter der Zarenknute noch unter den Bolschewisten stehende Ukraine zu begründen - was daraus wurde, lässt der Albumtitel leider erahnen...
Auf dem zweiten Album "Αποκάλυψισ", was laut einer schnellen und schmutzigen Google-Recherche altgriechisch für die Apokalypse steht, wird es tatsächlich etwas allgemeiner und mit philosophischen, fast schon metaphysischen Anspielungen nimmt man das Neue Testament und die Offenbarung des Johannes als Metaphern für den Kampf gegen Unterdrückung, Ungleichheit und Gewalt.
Kampf ist dann auch etwas, das sich in der Musik von Trespasser ausdrückt. Schwarzmetallische Aggression und crustiges Chaos vereinen sich zu feinstem Geballer.
Geballert wird auch bei Gravpel. Die fünfköpfige Truppe aus Basel gibt es erst seit 2018, letztes Jahr kam nach einem Demo und einem Split-Tape mit Holzerhurd das Debut-Album "Power To The Filthy Masses" aus.
In der kurzen Zeit haben sie nicht nur in der Schweiz und Frankreich getourt, sondern auch in Südafrika und Botswana, wo dann unter anderem ihr aktuelles Video entstanden ist.
Musikalisch geht es noch ein bisschen wütender zur Sache als bei Trespasser. Red And Anarchist Black Metal, ja, aber ohne Post und ohne Atmosphäre sondern mit voller Hardcore-Wucht und D-Beat-Breitseite. Gravpel sind Schwarzmetaller und schmeißen Mülltonnen!
(Die Split trägt den schönen Titel "Anarcho Primitivist Black Metal". Jau, das kann man durchaus programmatisch nehmen. Und auch das Bühnenoutfit irgendwo zwischen Mad Max und Mondo Cannibale zeigt, wo es lang geht.)
Die Besetzung um Sänger Luca schwankt wohl regelmäßig; wer aus der Baseler Crust- und Anarcho-Szene gerade Zeit und Lust hat, macht mit.
Wenn das so stimmt, tummeln sich in dieser Szene aber jede Menge fitte Musiker, den sowohl auf dem Album als auch live knallt es wie aus einem Guss.
...was letztendlich der ideale Soundtrack gewesen wäre, um den Laden komplett abzureißen. Ja gut, es war Dienstagabend, da ist der Bewegungsmangel im Publikum entschuldbar. An der Band hat's jedenfalls nicht gelegen, die hat alles gegeben. Und wenn die mal wieder in Ruhrpottnähe spielen, bin ich definitiv dabei!