El Hotzo, 15.10.2023 in Köln, Tanzbrunnen - Bericht von PissPisse
Karriere aus Hass, El Hotzo, 15.10.2023 in Köln
El Hotzo ist Deutschlands beliebtester LinksTweeter, der seine Karriere seinem Hass auf The BOSS HOSS zu verdanken hat, wie er selbst erklärt, denn sein verhängnisvoller Tweet „Boss Hoss verrecke“ sperrte ihn einst auf Twitter und zwang ihn, auf Instagram umzusatteln, wo er anscheinend jede Menge Zuspruch unter ähnlich desillusionierten Millenials fand.
Der Abend ist ein Sich-Abwechseln von Lesen und Labern, wobei Hotz nach sechs Abenden eine genaue Vorstellung, hat, wie vom Publikum zu applaudieren sei, wenn er das Buch zuschlägt, was er auch relativ detailliert kommuniziert.
Auch wenn die 0,5L PET Flaschen nicht immer gleich ihren Deckel abgeben wollen, so bleibt der Spokesman für Mundkäs-Awareness seiner Pflicht treu, den Mundraum nicht austrocknen zu lassen. An der Gesundheit des Mannes, der heute Abend im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, ist Einigen gelegen. In Anbetracht des vollen Kalenders wurde ihm wohl auch seitens Managements davon abgeraten, sich auf Corona testen zu lassen. Lustig, wie schnell einstige Ideale über Bord fliegen, wenn das große Geld winkt.
Hotz hat natürlich ein spontan wirkendes komödiantisches Talent und so sind die Sternstunden (oder -Minuten) der Lesung für mich auch eher die Lesepausen. Denn auch wenn er gekonnt die Leselautstärke variiert, und öfter mal Sound-Effekte wie den klingelnden Wecker oder die Stimme der Büroglucke treffend ins Mikrofon schreit, um das Publikum wachzurütteln, so fallen mir bei den Leseparts doch eher die Augen zu.
Das mag aber auch daran liegen, dass ich den ganzen Tag in Köln unterwegs war und mir das ein oder andere Bier gegönnt habe. Spannend wird’s dafür aber immer, wenn er ein wenig aus dem Nähkästchen plaudert oder biografische Bezüge zum Buch herstellt.
So kommt auch raus, dass eine Romanfigur, Mirko, aus den Erfahrungen seiner eigenen Biografie, nämlich der Zeit aus seinem dualen Studium bei Siemens Nürnberg genährt wurde. Neben Mirko geht es noch um Maximilian Krach, den Motivationsredner, den Hotz wohl aufgrund diverser Instagramwerbungen als Querschnitt diverser Coaches selbst erdacht hat. Zu allem Anschein so erfolgreich, dass er bei einer Lesung im Radio von einem Zuhörer mit einem tatsächlichen Motivationscoach verwechselt wurde. Mit Bedauern stellt Hotz fest, dass er vermutlich mehr Geld hätte verdienen können, wenn er ein unironisches Motivationsbuch geschrieben hätte.
Wenn's in der Schlange vorm Tanzbrunnen nicht so arschkalt gewesen wäre, würde ich den Leseabend vielleicht empfehlen. Das Buch interessierte mich aber auch gar nicht. Ehrlich gesagt bin ich spontan hin, weil ich an dem Abend was unternehmen wollte und keinen besseren Plan hatte.
Viel lieber würd ich nen Comedy-Abend mit El Hotzo sehen. Die Frage ist nur, worüber er noch Witze machen soll, wenn ihm der Steuerberater eines Tages dazu rät, sich nen Porsche als Firmenwagen und Abschreibungsobjekt in die Garage zu stellen.