Four Year Strong, Free Throw, One Step Closer, Death Lens, 30.10.2024 in New York (USA), Warsaw - Bericht von matsch
Four Year Strong, 30.10.2024 in New York (USA)
Der Nachmittag wird mit Punkrockpilgerei verbracht. Dank an dieser Stelle für den Reisebericht von Peter und die dort empfohlenen Plattenläden. Bis auf Rebel Rousers habe ich tatsächlich in alle einmal reinschauen können. Generation Records hat mir dabei auch gut gefallen und Human Head sich als Favorit herausgestellt.
Der Joey Ramone Platz, der eigentlich eine Straße ist, darf natürlich nicht fehlen. Um die Ecke liegt das ehemalige CBGB’s, das jetzt als Boutique Kleidung führt, aber auch ein paar Platten aufgereiht hat, für die sich der Besuch aber nicht lohnt. Nur an den Wänden ist noch ein bisschen Punkgeschichte zu erahnen.
Der Joey Ramone Straße (2nd Street) auf linker Seite folgend, hat Arturo Vega in den Räumen, die jetzt die John Derian Company für den Verkauf hübschen Krams nutzt, das Ramones Logo designed.
Der Joey Ramone Straße (2nd Street) auf linker Seite folgend, hat Arturo Vega in den Räumen, die jetzt die John Derian Company für den Verkauf hübschen Krams nutzt, das Ramones Logo designed.
Direkt daneben befindet sich eingezäunt Albert’s Garden mit einer Steinmauer in der nordwestlichen Ecke, vor der die New Yorker Fotografin Roberta Bayley die Ramones für ihr berühmtes erstes Albumcover aufreihte.
Heute ist die Mauer frisch geputzt und anstelle der Ramones lehnt ein Kescher an der Wand (Markierung hinten bei den Bäumen).
Heute ist die Mauer frisch geputzt und anstelle der Ramones lehnt ein Kescher an der Wand (Markierung hinten bei den Bäumen).
Für die nachfolgende Generation von Punkrocker*innen finde ich ein paar Tage später im Target noch bildende Lektüre.
Nun aber zum Ort des Geschehens: das Warsaw in Brooklyn, New York.
Nach einer ausführlichen aber freundlichen Ganzkörpervisite öffnet sich hinter einem kurzen Empfangsbereich eine Art Ballsaal. Stuck an Decke und Wänden, ein funkelnder Kronleuchter in der Mitte und die Bühne von einem goldenen Bilderrahmen gesäumt.
Nach einer ausführlichen aber freundlichen Ganzkörpervisite öffnet sich hinter einem kurzen Empfangsbereich eine Art Ballsaal. Stuck an Decke und Wänden, ein funkelnder Kronleuchter in der Mitte und die Bühne von einem goldenen Bilderrahmen gesäumt.
Auf dem Parkett vor der Bühne eine Barriere, die bei der noch geringen Anzahl an Menschen und der Größe des Raums etwas fehlplatziert wirkt. Während der Herbst New York draußen mit abendlichen 20 Grad verwöhnt, ist es im ehemaligen (oder immer noch?) polnischen National Home New Yorks arschkalt. Vom Band läuft eine eines Tanzes auf dem Parkettboten würdige Rock’n’Roll-Swing-Blues-Mischung. Doch wir sind ja für eine Hardcoreshow hier. Mal sehen, welche Tanzschule(n) in Brooklyn besucht wurden.
Pünktlich um sieben legen Death Lens aus La Puente (20 Meilen östlich von Los Angeles) los und versuchen die kalte Bude zu fünft aufzuheizen. Ich strecke die Ohren aus. Das Schlagzeug drischt gut nach vorne, der Drummer viertelt schön mit der Rechten.
Das Gitarrenriffing erinnert mich zuerst an Black Flag, später kommt mir vom Sound noch Western Addiction in den Sinn. Passt beides auch von der geografischen Verortung (LA). Passenderweise machen sie auf ihr neues Erstlingswerk aufmerksam, das Anfang Mai bei Epitaph erschien. Die Banane links findet Death Lens auch gut.
Gitarren und Bass füllen den Raum und der Sänger tigert singrufend hin und her. Härtere Passagen wechseln mit melodischen Refrains und zwei Songs bleiben direkt im Ohr, ganz wie die Band es im Promotext auf ihrer Webseite sich wünscht (Death Lens want to be in your ear at all times.) Mir gefällt der Mix aus Punkrock, Hardcore und ein bisschen Indie sehr gut.
Unverständlicherweise sind noch nicht so viele Leute im Publikum. Doch die, die da sind, machen gut mit. Auch die Band hat sich nach zwei Dritteln des Sets anscheinend entsprechend eingeheizt, dass die Hüllen fallen.
Einmal nicht aufgepasst und der Sänger ist shirtlos. Abgesehen von temperaturunabhängigen Gründen, sein Shirt bei Konzerten anzulassen, finde ich es aber auch immer noch sehr kalt. Dafür sieht man jetzt weitere Tattoos und auch beim Gitarristen im orangenen Shirt bemerke ich, dass das gar keine Haare auf seinem Kopf sind, sondern Tattoos. Der Bassist hat mittlerweile seine Halloweenverkleidung (I guess) vors Gesicht gezogen und checkt so maskiert noch die Temperatur im Publikum. Nach einer halben Stunde ist es schon vorbei. Ich möchte mehr und schaue mal beim Merch nach der Platte.
Neben der Banane schaue ich die nächste Band an: One Step Closer. Die sind, wie erwähnt, der Grund, dass ich auf das Konzert aufmerksam wurde. Gerne hörte ich einen Song von ihrem Debüt „This Place You Know“ (2021), der mir bei Spotify mal reingespült wurde. Von dem Album spielen sie aber kaum was, oder ich die Songs sitzen doch nicht so wie gedacht.
Leider scheint auch die Energie, die ich von den letzten beiden Berlinshows kenne, heute in Pennsylvania geblieben zu sein. Das liegt aber vielleicht auch an den weniger hardcorelastigen und im Vergleich ruhigeren Songs des 2024er Werks „All You Embrace“, die die Setlist dominieren.
Auch wird der Bassist für die Show von einem New Yorker ersetzt, was eine Banddynamik ja durchaus beeinflusst. Wäre mir aber fast nicht aufgefallen, wenn sie es nicht erwähnt hätten, was für den Ersatz spricht.
Meine Begleitung ist froh, dass auch One Step Closer nur eine halbe Stunde spielen. Zuviel Druck beim Sänger, der solle mal sein Zwerchfell nutzen. Trotzdem kaufe ich mir im Anschluss noch die CD vom neuen Album, die für 10$ zu haben und ich muss ja für’s nächste Mal vorbereitet sein.
Das Warsaw füllt sich von Band zu Band mehr. Zur Banane haben sich zwei Biere gesellt und meine Begleitung macht noch ein Pokémon und eine Leiche im Publikum aus. Das bevorstehende Halloween streckt bereits seine gruseligen Arme aus.
Fünf weitere Männer betreten in orangenen Leibchen und mit schwarzen Strichen im Gesicht die Bühne: Free Throw. Ob die neben der Band noch in einer Footballmannschaft spielen?
Schöne Gitarrenarbeit, schöne Gitarren. Ein bisschen viel Dudelduudeldudel mit allen Fingern auf dem Griffbrett. Der Sänger wechselt innerhalb einer Zeile von näselnd über volle Stimme zum Brüllen. Mir gefallen volle und Brüllstimme des Sängers. Das näselnde ist mir zu Emo und erinnert mich an die schlimmeren Momente von Blink-182s Tom DeLonge.
Dem Drummer geht zwischendurch die Trommel flöten, stört ihn aber nur bedingt. Überhaupt sind die Fünf aus Nashville, Tennessee sehr spielfreudig und die Lust auf ihre Musik und uns, die wir ihnen zuhören, leuchtet von der Bühne. Nach dem etwa 45-minütigen Set liegt der Sänger rücklings auf dieser und die Band verabschiedet sich.
Erwartungsvoll füllt sich der Saal nochmal deutlich. Die Pausenmusik hat gewechselt und auf einmal läuft sogar Wizo (Raum der Zeit). Dann stoppt die Musik vom Band, das Saallicht erlischt und eine Intro erklingt. Nach etwas Sphäre kommt vom Band ein seltsam elektronisch-schranzig klingender Drumbeat, in den Four Year Strong dann mit einer übertriebenen Lichtshow einsteigen.
Die Leute rasten aus, ich bin irritiert. Was ist das?! Pop, New Metal, Tough Guy Hardcore?! Zwischendurch gibt es Mitklatsch- und Offbeatparts, sodass es wie High-School-Rock mit Geschrei klingt. Später lese ich nach, dass sie sich passenderweise auf der High School gegründet haben.
Außerdem ist es voll laut. Das ist mir in letzter Zeit öfter mal begegnet, dass eine Band mit zusätzlichem Gedöns vom Band viel zu laut gemischt sind und die eingespielten Elemente den Sound ungünstig dominieren. Bei der Bar wird live übertragen.
2011 hat der Keyboarder die Band wohl verlassen, aber statt dessen Parts wegzulassen, scheinen sie jetzt vom Band zu kommen. Laut Wikipedia hören wir Pop-Punk, bzw. Easycore aus Worcester, Massachusetts. Zumindest von Pop-Punk lasse ich nicht grundsätzlich die Finger, aber das hier ist nichts für mich. Dem New Yorker Publikum, das im Gegensatz zu den Bands geschlechtertechnisch ganz ok gemischt gelesen werden kann, gefällt es. Sie tanzen nicht nur, als die Band sich das wünscht.
Ich begehe Frevel und verlasse mit meiner Begleitung vorzeitig das Konzert. Metallene Gitarren und die Lautstärke pusten uns aus dem Saal auf die Straße.
Auf dem Rückweg bellt ein Hund den Totengräberboogie.