Bad Nerves, Ultra Q, 14.11.2024 in Berlin, Cassiopeia - Bericht von Fö
Bad Nerves, 14.11.2024 in Berlin
Als wir den Konzertraum betreten, spielen ULTRA Q bereits. Mir zuvor kein Begriff, sind sie aktuell Toursupport. Kommen aus Kalifornien und machen Musik, die erstmal nicht so ganz passen will, aber auch gar nicht total verkehrt ist. Hier mal Indie, da sogar Shoegaze, zwischendurch geht's aber auch mal deutlich flotter zu Werke.
Die Backing Vocals sind dabei deutlich rotziger als der Hauptgesang. Bei diesem muss ich aber immerhin an Green Day denken. Was witzig ist, weil später die Runde macht, dass wir hier Jakob Armstrong, Sohn von Billie Joe Armstrong, vor uns haben. Gute Gene.
Und so allgemein? Nach anfänglicher Stocksteifigkeit wird die Band insgesamt ganz gut angenommen, wobei die Vorfreude auf den Hauptact natürlich deutlich zu überwiegen scheint. Nuja, so ist das mit Supportbands. Bin mir auch unsicher ob in dem Fall nicht etwas, das musikalisch etwas näher ist, besser funktioniert hätte, wo ich doch musikalische Vielfalt sonst eher begrüßenswert finde.
Dann Pause, in der sich der Raum merklich weiter füllt. Ich vertreibe mir die Zeit damit, zu beobachten, wie ein Typ auf der Bühne versucht, einen guten Spot für ein Scheinwerferblitzlichtmoped zu finden. Richtig spannend!
So nu aber! BAD NERVES! Sehe ich nun immerhin schon zum dritten Mal und bin gespannt, wie sehr sie die Grenzen von Rockstarscheiße vs. Bodenhaftung heute so ausloten. Um das vorweg zu nehmen, irgendwie ist das alles noch auf nem Level wo ich dieses ganze abgehobene Getue noch irgendwie cool finde. Aber man hat ja schon bei anderen Bands gesehen, dass das auch schnell umschlagen kann. Noch ist also der beste Zeitpunkt, bevor sie total durch die Decke gehen!
Es ist voll (schon erwähnt, oder?), außerdem warm, aber insgesamt zumindest an meiner Position gut auszuhalten (solange nicht dieser Mensch vom Typus "großer starker Beschützer-Dude" vor mir steht). Es ist sogar Platz zum Tanzen, ohne ständig angerempelt zu werden! Top! Weiter vorne sieht das nicht mehr so aus, also bleibe ich hier. Auf diesem Foto (danke Paula) sind Logan und ich auszumachen, wenn man genau hinschaut. Aus Solidarität sind trotzdem alle verpixelt, viel Spaß beim Suchen!
Wer oder was sind überhaupt die Bad Nerves? Eigenbeschreibung "Current best band on the planet" (ach, diese Bodenständigkeit), tauchten sie vor etwa 7 Jahren auf Discogs und vor etwa 2 Jahren auf meinem Radar auf. Es ist Punk mit viel 70er Vibe, aber ohne altbacken zu wirken, viel Elan und Feuer, und ne ganze Schubkarre voller Pop-Hits inklusive nanana-Refrains, die man nicht aus dem Gehör bekommt (merke: ohoho-Refrains sind für Anfänger und Proleten, uhuhu-Refrains für Popper, die Königsdisziplin sind ahaha-Refrains und nanana-Refrains)
Was das Sich-Selbst-Abfeiern betrifft, hat das auch manchmal was von The Hives, nämlich immer mit ein bisschen Schalk begleitet. Wie wir erfahren, handelt es sich um den ersten Auftritt der Band in Berlin ever - krass. Schuld wird bei den Booking Agents gesehen. Das mag sein. Aber ist doch eigentlich auch egal, es gibt noch genug andere Orte, die bisher ohne die Bad Nerves auskommen mussten. Mönchengladbach oder so. Hier im Bild sehen wir übrigens mit-den-Armen-Wedeln als Publikums-Interaktion. Weiß nicht mehr bei welchem Song, sorry. Also, vielleicht war es bei "Sorry".
Die Lieder: Alles Hits! Echt jetzt. Egal ob vom selbstbetitelten Debüt oder vom aktuellen "Still Nervous", beide Alben werden nahezu gleichberechtigt gewürdigt und haben halt einfach großartige Songs. Ich würde euch gerne ein paar Tipps geben, moment, schau mir grad die Setlist an und, naja, da sind einfach keine Ausfälle dabei. Aber ich picke mal heraus: "Baby Drummer" als Opener, sehr stark! "Radio Punk" als einer der ältesten Songs der Band, "USA" kommt in seiner Simplizität auch sehr gut. Logan freut sich am meisten auf "Antidote", mein Ohrwurm der kommenden Tage wird "The Kids Will Never Have Their Say" werden und die größte Eskalation im Raum war vermutlich bei "Can't Be Mine".
Dann das Showelement "niemand bewegt sich außer den stoischen Drumstick-Klicks" direkt nach der Zugabepause - kannte ich zwar schon, aber funktioniert halt einfach. Anfangs klatschen noch alle im Publikum mit, geben aber nach und nach auf, bis wirklich nur noch der Drummer zu hören ist, bevor es mit einem "one two three four" wieder aus allen heraus bricht.
Ach, einfach toll. So gute Band! Am Ende einmal ein freier Oberkörper auf der Bühne, aber gut, es sind Engländer, es ist warm und hier kein AZ. Erwähnte ich schon dass bei "Can't be mine" alle ausrasten? Anschließend ist mein Shirt sehr nass. Ich freu mich auf die kalte Winterluft draußen!
Anschließend noch kurz Akklimatisierung betreiben mit Paula und Chrischan (danke übrigens <3), bevor es auf den Heimweg geht. Das war doch mal ein schöner Start ins Konzertwochenende! Morgen geht's weiter, direkt gegenüber im Badehaus mit Fahnenflucht, mal schauen wie das so wird!