Infos:
Kaleb lernte ich im letzten Jahrtausend kennen. Es war eine Zeit, in der Bands noch den Funken der Revolte versprühten und Konzerte ein kleiner Abenteuerspielplatz waren. Es gab eine aktive Szene und weniger Business und Marketingstrategien. Man spielte noch bei und für Freunde, schlief bei ihnen und frühstückte am nächsten Tag zusammen. Kaleb war mit seiner Band As Friends Rust auf Tour und das Bier, welches wir gemeinsam tranken, war viel, viel zu warm. Zusammen mit seinem Kumpel Chris von Hot Water Music spielte er noch bei den Cro(w)s. Gemeinsam nahmen sie auch das Album „`Til the Medicine Takes“ von den Grey Goose auf. Beide Releases erschienen auf Sounds of Subterrania und weder Cro(w)s noch Grey Goose schafften es je nach Europa.
Kaleb arbeitete an einem Soloalbum, zog sich zurück und irgendwann brach der Kontakt ab. Letztes Jahr dann eine zaghafte Email und da war es wieder, sofort und ohne Umschweife, dieses Feuer und die Lust, Songs in die Welt zu schleudern, vielleicht auch trotz, oder gerade wegen, der Erkenntnis, dass man älter geworden ist und die Welt sich ein Stück weitergedreht hat. Gerade dieses Weiterdrehen der Welt und das Wissen um die Vergangenheit, macht für mich als Label die Arbeit mit Kaleb so spannend. Es war nicht allein die Bereitschaft, für meinen 20-jährigen Labelgeburtstag 7.547 km von Gainesville nach Hamburg zu fliegen, um für Listener und Frankie Stubbs die Shows zu eröffnen. Es war dieses spielen wollen, wie früher, ohne die hippireske Attitüde eines 20-jährigen der glaubt, seine Gitarre kann die Welt verändern. Es war vielmehr die Unzufriedenheit mit dem gesellschaftlichen System, inklusive der Entwicklung der „Szene“, die ihn antrieb und antreibt, den alten Weg der Verbreitung seiner Songs einzuschlagen.
Rucksack, Gitarre, ein paar CDs des gemeinsamen Split-Albums mit Tim Holehouse, Bahnticket, das war’s, mehr nicht. Und es funktioniert. Es funktioniert, weil sich einem die Chance eröffnet, wieder Menschen zu begegnen und eben nicht durch ein Team von der Wirklichkeit abgeschottet wird. Diesen Weg sind vor Kaleb auch andere gegangen, keine Frage. Aber was mich fasziniert ist, dass es bei ihm um so viel mehr, als einfache Melancholie geht, es dreht sich um die gefühlte kassandrische Ohnmacht, wenn das Paradies anfängt zu brennen und jede Handlung, auch die eigene, noch zusätzliches Öl ins Feuer gießt. Diese Reflektion und dieses Beschreiben machen die Songs so einzigartig.
Es ist gut, in diesen Zeiten diesen Weg zu bestreiten und es ist gut, dass ich und vielleicht auch ihr Kaleb dabei begleiten könnt.
Gregor Samsa / Sounds of Subterrania