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Sonntag, 14.05.2023: Wilwarin Festival - Interview



Weiter geht's mit unserer Festival-Interview-Reihe! Diesmal stellen wir euch den Wilwarin Schmetterling, äh, das Wilwarin Festival vor, das dieses Jahr am 2. und 3.6. in der beschaulichen norddeutschen Idylle a.k.a. Ellerdorf stattfindet. Und wie immer gibt es ca. 10000 Holzbastelarbeiten, allerlei Kunstkrams, eine Skatestage, Elektrofloor, zwei weitere Bühnen, vielleicht auch Brodersen und 'nen Second Bandshirt-Stand, das alles für insgesamt 5000 Riechorgane. Wahrscheinlich wird es wieder so schön wie ihr in den Berichten von 2011-2018 nachlesen könnt.

Auch zur 25-jährigen Jubiläumsedition wird es wieder eine große Naschtüte mit gemischtem Inhalt geben, u.a. treten Akne Kid Joe, HC Baxxter, Presslufthanna, The Beths, Owl Attack, Faintest Idea, Eisenpimmel, Slope und vieles mehr aus dem Bereich "Musik" auf. Tickets kosten 89,00 € +10 € Müllpfand, +20 € für Großraummobile. Mehr Infos findet ihr unter wilwarin.de und natürlich auf unserer Veranstaltungs-Seite.

Nun aber zum Interview!



1: Moin Jan, das Wilwarin geht nach einigen Jahren Zwangspause endlich in die nächste Runde, die Pandemie scheint euch also die Laune nicht komplett verhagelt zu haben. Wer ist überhaupt im Hintergrund alles dabei und wie sehr sind die Leute aus dem Dorf mit eingebunden?
Jan: Moin Thrun! Ja, drei Jahre Pause und irgendwie scheinen fast alle wieder dabei zu sein...nee, die Pandemie hat nix verhagelt. Auf unserem Plakat haben wir auch nen Kackhaufen auf Krieg und Pandemie gesetzt – die ham nix anderes verdient!
Dabei sind - nach wie vor – die vier Menschen, die die "Firma" halten und ein Stamm von Helfern, die teilweise genauso lange dabei sind. Alle ham jetzt graue Haare und jammern rum, dass ihnen irgendwas wehtut, aber es ist cool die ganzen Hackfressen wiederzusehen und einfach da weiterzumachen, wo man vor dreieinhalb Jahren aufgehört hat.
Die Zwangspause hat ein bisschen den Staub von der ganzen Aktion geklopft. Man hat gemerkt, was gefehlt hat und begegnet vielen nervigen Routinen mit neuer Wertschätzung. Wir hatten zum Zwanzigjährigen den Spruch "Nothing new since 1998" auf die T‐Shirts gedruckt – der Spruch stimmt immer noch und klingt irgendwie langsam wie ein Qualitätsversprechen... Naja eins ist neu – ich soll jetzt immer hinter jedes Maskulinum ein *innen setzen...Klappt noch nich so ganz, wie du siehst.

2: Eigentlich seid ihr ein kleines Festival, aber beim Blick auf die „Headliner“ der letzten Jahre (Imperial State Electric, Snuff, Mantar, Satanic Surfers, Napalm Death, No Means No) usw.) stehen da doch ziemlich bekannte internationale Namen auf der Bühne. Wie schafft ihr es, die in die Pampa nach Ellerdorf zu locken und wie wichtig sind Headliner für das Wilwarin?
Jan: Nich wichtig ‐ dieses ganze "Headliner‐Ding" mögen wir nicht. Ganz einfach weil wir überzeugt sind, dass die beste Musik nicht die ist, die von Presse und Booking Agenturen gepusht wird sondern häufig ohne viel Gesabbel nebenher läuft. Das sind die Äcts die wir gern dabei haben. Natürlich gibt es da Überschneidungen zu dem was landläufig unter Headliner geführt wird, aber wir buchen nur, was irgendwer von uns wirklich gut findet. Merke: der beste Booking‐Agent ist die eigene Musiksammlung – egal ob vinyl oder digital.
Häufig sind das jahrelange Verhandlungs‐Prozesse, an deren Ende dann auch mal ein Nicke Andersson nach Ellerdorf kommt ... der war übrigens total begeistert von unserem Fest! Wir bekommen häufig positives Feedback von den vermeintlich "großen" Acts. Viele wissen unsere im positiven Sinne unprofessionelle und unkommerzielle Art des Festivalbetriebs zu schätzen.


3: Wilwarin heißt nicht nur Musik und Tanzen, sondern vor allem auch absurde Installationen wie die Demagogenbühne, die Telefonzelle, Fotobox, die Schwarzlichtkunst, Holzbühnen, Skatestage, usw. Wer denkt sich all den Krams aus und setzt das alles um und was gibt es 2023 Neues zu bestaunen?
Jan: Wenn ich hier immer von "wir" spreche, sind das ganz schön viele Leute. Da kommen immer ganz schön viele Ideen zusammen... Dann wird viel diskutiert, ausgesiebt und geschaut was umsetzbar ist und wer was machen kann. Häufig setzt hier die Kohle das Limit. Wir sind sponsorenfrei und finanzieren alles aus unseren Einnahmen.
In diesem Jahr müssen wir leider erstmal gaaaanz viel der bestehenden Infrastruktur neu bauen, weil drei Jahre lang nix gemacht wurde. Da sind wir grade voll bei …. Natürlich wird es wieder viel Blödsinn und überraschendes Beiwerk geben, aber da weiß ich selber noch nix von... außer vielleich dem mobilen Barber*a‐Shop – Watch your Vollbart, hipster!!

4: 2019 war von uns ausnahmsweise mal niemand am Start, obwohl zwischen 2011 und 2017 regelmäßig vom Wilwarin berichtet wurde. Gefühlt wurde es im Laufe der Jahre alles etwas größer, hektischer und lauter auf dem Campingplatz, was gefühlt gar nicht zum Wilwarin und der fast schon hippieartigen und familienfreundlichen Stimmung passte. Was habt ihr euch für 2023 ausgedacht, damit die Stimmung erhalten bleibt?
Jan: Klar, von 2011 bis 2017 ist eine Menge passiert. In einem dieser Jahre haben wir die 5000er Marke gerissen und gemerkt, dass das zu viel Volk für das Gelände ist. Im Folgejahr haben wir auf 4500 Tickets reduziert – das ging dann deutlich besser. Irgendwo zwischen viereinhalb und fünf pendeln wir uns seitdem immer ein. Dem Cämpingplatz tun zu viele Besucher natürlich auch nicht gut, aber ansonsten halten wir uns aus dem Geschehen dort raus. Klar, wenn's Ärger gibt greifen wir ein, aber das kommt zum Glück sehr selten vor. Viele Besucher sind Stammgäste, viele kennen sich untereinander und vor allem kennen fast alle das Wilwarin – da regelt sich einiges von selbst.
In diesem Jahr steht das Thema Awareness das erste Mal auf dem Plan. Es gibt Leute, die das für überflüssig halten, aber es hat seine Berechtigung. Ein Trupp von Helfern wird sich um das Thema kümmern und ich bin sehr gespannt, wie sich das entwickelt...


5: Das Wilwarin gibt’s mittlerweile über 20 Jahre, die Band/Künstler*innen‐Auswahl ist jedes Jahr so bunt, dass es immer wieder schwer fällt, das Genre des Festivals zu benennen. Wie läuft das Booking bei euch und wer entscheidet, welche Band am Ende auf den Brettern steht? Und wie sehr spielt das Thema Diversität, vor allem in Bezug auf Geschlechter, dabei eine Rolle?
Jan: Ja, seit 25 Jahren um genau zu sein. Über das Genre kann man diskutieren, oder man lässt es einfach... wir verfolgen da keine Linie. Mit Jazz oder Klassik hat bei uns keiner was am Hut, daher kommt sowas nicht auf die Agenda – ich würde aber nicht ausschließen, das das irgendwann passiert. Wenn du so willst, ist das in Bezug auf die Musik schon eine gewisse Diversität.
Zum Booking hab ich ja oben schon was gesagt. Das finale Booking auf den Hauptbühnen machen bei uns zwei Leute aus dem Kernteam, die E‐Stage läuft dann noch mal extra. Natürlich versuchen wir auch immer weibliche oder queere Acts auf die Bühne zu holen, aber ich persönlich finde, dass die musikalische Qualität den Ausschlag geben sollte. Aber das ist ein Thema, was bei uns intern durchaus kontrovers diskutiert wird...

6: 2048, das Wilwarin wird 50. Wie sieht das Festival aus? RedBull, Monster Energy, Jever und Fördesparkasse an allen Ecken und zwei weitere Bühnen? Genau wie bisher? Habt ihr überhaupt noch Bock, so lange durchzuziehen und gibt es einen Plan für die nächsten Jahre?
Jan: Sponsoren wird es hoffentlich nie geben auf dem Wilwarin! Wir haben das Glück, dass niemand von uns finanziell auf das Festival angewiesen ist. Wir haben alle unsere Jobs, die mit dem Festival auch nix zu tun haben. Daher war die Pandemie‐Pause in der Hinsicht kein Problem für uns. Wenn wir ein Fest schuldenfrei abgeschlossen haben, gibt es keine Zwänge für die nächste Veranstaltung.
Aber wie gesagt, wir werden grau und bekommen langsam Aua – da is es wie mit jeder guten Punkbänd: man muss wissen wann die Zeit für einen Schlussstrich gekommen ist – sonst wird's albern. Kein Ahnung wann das der Fall sein wird – und wenn's mal soweit ist, fällt uns bestimmt ne gute Lösung ein...
Wir planen von Jahr zu Jahr. Wenn du uns im Juli oder August fragst kann´s gut sein, dass wir keinen Bock mehr haben, aber Richtung Herbst sieht das schon wieder anders aus. Für mich ist es eine Bereicherung im Ablauf des Jahres – ein paar Wochen in denen man sich nur um Rock´n Roll kümmern muss...ich bin dankbar für so einen Job!!


7: Letzte Frage, dann ist hier auch Feierabend: Was war der für euch absurdeste Moment beim Wilwarin, sowohl im Guten als auch im Schlechten?
Jan: Boah – schwere Frage, wahrscheinlich könnt man da ein Buch drüber schreiben... einer der absurdesten Momente war wahrscheinlich, als wir dem Steuerprüfer erklären mussten, dass wir die übriggebliebenen Festivalbändchen und Tickets nach´m Festival ins Feuer geschmissen haben, weil keiner Bock hatte die mit nach Hause zu schleppen. Keine Silbe davon war gelogen – aber der Tüp kam sich mächtig verarscht vor. Als wir ihm dann noch gesagt haben, dass wir auf´m Festival Bierflaschen für einsfünfzig verkaufen, hat er uns nix mehr geglaubt und wir hatten den Stempel als Steuerbetrüger weg! War ne unschöne und kostspielige Geschichte – ist zum Glück schon ein paar Jahre her.
Geschichten die man sich deutlich lieber erzählt, sind dann die vom Bassisten einer berühmten englischen Grind/Death‐Kapelle, der beim ersten Song fluchtartig die Bühne verlässt, weil er kacken muss...oder wie der gebrochene Hals des Kontrabasses direkt hinter der Bühne mit ner 120er Spax‐Schraube wieder zusammengeschraubt wird und den ganzen Gig "in tune" hält (!) oder ... – wie gesagt derer Geschichten gibt es viele ...

Bierschinken: Ich sag schon mal vielen Dank im Voraus und wir sehen uns spätestens im Juni in Ellerdorf!
Jan: Ich danke dir! klar komm längs – ich geb`n Bier aus...


Thruntilldeath 05/2023
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