In unserer
Festival-Interview-Reihe soll es heute um das
Resist to Exist Festival gehen, das Euch in diesem Jahr vom 4.08. bis 6.08.2023 erwartet. Als in Marzahn sozialisierter Mensch war ich selbst oft da und finde besonders den DiY -und Non-Profit-Gedanken des Festivals sehr spannend. Wenn ich es richtig gelesen habe, sollen so um die 2500 Besucher:innen kommen, es wird diesmal 3 Bühnen geben und ein Großteil der auftretenden Bands ist auch schon veröffentlicht. Ich freue mich ja besonders auf:
The Dead End Kids,
HC Baxxter,
Audio88 und Yassin,
das Rattenkabinett und Lena,
100Blumen sowie
Fahnenflucht und
Alice Dee.
Weitere Infos und natürlich Tickets gibts auf der
Webseite.
Aber genug Vorgeplänkel, hier das Interview:
1: Hallo BrittA, Horst und Jörg! Cool, dass ihr für das Resist to Exist Frage und Antwort steht. Das erste Resist fand 2004 statt, wie lange seid ihr denn schon dabei und was macht ihr da alles?
B: Hi Robert (aka h*einz_zweidreI), cool, dass wir dabei sein dürfen! Ich bin seit 2014 ein Teil der Resist Crew. Damals habe ich nur den Auf- und Abbau gemacht, damit ich während des Festivals trotzdem ordentlich feiern konnte. Drei Jahre später habe ich schon die Koordination vom Auf- und Abbau übernommen und mit dem Eintritt in die Orga kamen auch weitere Aufgaben dazu. Inzwischen habe ich den Auf- und Abbau aus beruflichen Gründen abgegeben (zwei Wochen im Sommer frei kann ich leider nicht immer garantieren) und dafür die Verantwortung für die Öffentlichkeitsarbeit und das Team übernommen, zudem organisiere ich die Battles und mache noch so einiges an administrativen Aufgaben.
H: Ich gehöre zu den Leuten, die den Spaß damals angefangen hatten. Also im Biesdorfer Park rumhingen und dann dort weg gescheucht werden sollten. Notgedrungen als Schutzorga begonnen, im Booking ausgeholfen und auch mal mehr und weniger rausgezogen aus der ganzen Geschichte. 20 Jahre später bin ich nun wieder im Booking gelandet und fühl mich dem Schutz noch tief verbunden.
J: Ich bin glaube seit 2012 dabei. Erst Gast bzw. hab ich auf Festivals und in Kneipen Flyer und Plakate verteilt. Ein, zwei Jahre später hab ich mit beim Aufbau geholfen. Dann war ich mal kurz bei den Versicherungen. Jetzt mache ich das Politprogramm, bin mit in der Öffentlichkeitsarbeit, während der Veranstaltung bin ich Leitungsvertretung und seit neuestem mit im Booking. Zudem hab ich immer wieder diverse Kleinigkeiten wie die Helfer:innenparty oder irgendwelche Soliveranstaltungen gemacht.
2: Ihr seid ja im Verein alternati e.V. organisiert. Wie viele Leute sind denn da ungefähr am Start und wer macht sonst noch alles mit?
B: Das Resist ist ja nur ein Projekt des alternati e.V.. In der Orga des Festivals sind so ca. 40 Leute aktiv, die gar nicht alle im Verein sind. Wer da so mitmacht ist ganz bunt gemischt. Von jung bis alt, verschiedene Lebenssituationen, verschiedene Geschichten. Menschen aus ganz Deutschland. Jede:r bringt andere Fähigkeiten und Kompetenzen mit und das macht uns auch aus. Ein Haufen Menschen, die für die gleiche Sache brennen und ihre Stärken und Schwächen einfließen lassen.
H: Aber der ganze Spaß wäre absolut nicht möglich, ohne die vielen hunderten helfenden Hände bei sämtlichen Gewerken, die das Resist erst Wirklichkeit werden lassen.
3: Dieses Jahr geht es wieder nach Marzahn auf das Gelände vom letzten Jahr. Was im Biesdorfer Park anfing, wechselte über die Jahre mehrfach an unterschiedlichste Orte in Marzahn, dann wart ihr drei Jahre in Kremmen (wo ich persönlich es mega toll fand), bis euch dort die CDU und die untere Bauaufsichtsbehörde wieder vertrieben haben. Wie ist der Stand in Kremmen, wird es je wieder ein Resist dort geben?
B: Tja, das ist die große Frage. Wir mochten das Gelände und Drumherum dort auch sehr gerne und wir sind da immer noch dran. Aber die Mühlen mahlen langsam und für die Politik und die Gerichte sind wir voll uninteressant, weswegen es da auch echt nicht in der Geschwindigkeit voran geht, wie wir es uns wünschen würden. Wir hoffen aber, dass sich da doch mal was tut und wir wieder zurückkehren können.
Foto: Jörg Kandziora
4: Ihr feiert die 18. Ausgabe im 20. Jahr. Das ist eine ordentliche Hausnummer. Was gab es so für wichtige "Meilensteine" in eurer Geschichte?
B: Wir freuen uns riesig auf das 20-jährige Jubiläum dieses Jahr. Es ist erstaunlich, was aus einem Protestkonzert so entstehen kann. Als Meilenstein würde ich tatsächlich sehen, wie sich das Festival stetig weiterentwickelt, trotzdem sich selbst treu bleibt und dabei alle Hindernisse immer wieder meistert. Nicht zuletzt durch den Zusammenhalt der Leute. So ein 40-köpfiges Kollektiv kann schon einiges bewirken. Meilensteine sind wahrscheinlich, als 2007 das erste Mal gezeltet werden konnte, als das erste Mal mehr als 1000 Besucher:innen da waren, als das erste Mal mehr als 2500 Besucher:innen da waren, als mehr als 10, 20, 30, 40 Bands gespielt haben, als sich Politprogramm integrierte, ach, es gibt so viele Dinge, die in den Jahren dazugekommen sind und dazu beitragen, dass das Resist das Resist ist.
J: Ich würde es noch als Meilenstein sehen, dass wir mit dem Gelände-Struggle in Kremmen auch dort von Einwohner:innen und Kulturschaffenden mega Unterstützung bekommen haben. Das man merkt, dass es einfach für viele mehr als "nur" eine Party ist, sondern ein wichtiges kulturelles Fest.
5: Von den ersten Ausgaben im Biesdorf bis zu heute seid ihr ja schon ordentlich gewachsen. Welche Aspekte, die ihr am Anfang noch nicht bedacht habt, musstet ihr im Laufe der Jahre dazu lernen?
B: Ich bin ja erst später dazugekommen. Aber als ich angefangen habe, wurde zum Beispiel der Auf- und Abbau noch von wenigen Leuten gestemmt. Inzwischen ist da ne richtig große und coole Crew am Werk, die da ganz schön was leistet, um alles stemmen zu können. Mit dem Wachstum des Festivals haben sich natürlich auch Aspekte und Anforderungen geändert und da mussten wir drauf reagieren und damit umgehen lernen. Alleine die ganzen Ämterauflagen und alles. Da hängt so viel dran, das kann mensch sich gar nicht vorstellen, wenn mensch das nicht mal mitgemacht hat.
H: Wir waren anfangs komplett naiv und so Sachen wie Auflagen was Lautstärke angeht, Ruhezeiten, Bauabnahmen, so was kannten wir einfach nicht und war uns auch ehrlich gesagt sehr egal. Dass nach einem Wochenende Feiern auch mal aufgeräumt werden muss, haben wir im ersten Jahr im Biesdorfer Park auch zu viert gelernt. Oder, dass so ein Radlader für den Abbau auch reserviert werden muss, hat uns auch ordentlich Nerven und Spaß gekostet. Wir hatten auch nicht im Ansatz so etwas wie Schichtpläne für die Schutzleute. Das war schon alles arg chaotisch und wuchs mit der Größe. Wie aber auch wir mit den Aufgaben wachsen konnten...
6: Nach welchen Kriterien stellt ihr das Lineup zusammen? Habt ihr Quoten zum Beispiel bezüglich lokaler Bands, Geschlechter/Genderparität, internationale Acts etc.?
B: Es soll ne bunte Mischung sein. Hauptsächlich Punk, ein paar andere musikalische Einflüsse. Dann ist uns wichtig, dass auf der Bühne nicht nur männliche Künstler vertreten sind. Etwas lokales, etwas aus der Bundesrepublik und etwas internationales. Bekannte Bands und unbekannte Bands, deswegen veranstalten wir ja auch unsere jährlichen Battles, um kleinen Bands einfach ne Chance zu geben. Es muss einfach insgesamt bunt und stimmig sein.
H: Natürlich muss auch geschaut werden, was dem Publikum gefallen könnte. Im Booking selbst haben wir auch recht schnell gelernt, dass der persönliche Geschmack keine Rolle spielen sollte. Aber richtige Quoten haben wir nicht. Und, noch als kleine Info: Wir lesen jede Bewerbung von Acts, verraffen es aber manchmal einfach zu antworten.
J: Ich finde es wichtig, dass es eine schöne Genrebreite gibt. Mit dem Punk ist ja viel verbandelt, das sollten wir schon alles mit einfließen lassen. Ob Deutschpunk, Wave, Rap, Ska, Hardcore, Folk usw. Ich finde es gut, dass es dieses Jahr mal wieder ne Runde Kruste gibt. So wie es in anderen Jahren mal drei Psychobilly Bands gab.
Foto: Jörg Kandziora
7: Ihr habt eine Umfrage nach dem letzten Festival gemacht. Ist da was Berichtenswertes rausgekommen? Und es gab ja öffentliche Kritik (auch ich hatte letztes Jahr ein unschönes Erlebnis mit einem halbnackten, besoffenen Typen und hab dem Ärger darüber in einem Bericht Ausdruck verliehen), wie habt ihr die für euch positiv nutzen können?
B: Wir haben letztes Jahr ein Wochenende lang zusammen gesessen und viel diskutiert. Die Umfrage analysiert, Erfahrungsberichte durchgesprochen und uns mit den Vorfällen auseinandergesetzt. Wir haben die meiste Kritik als sehr konstruktiv empfunden und das Ganze sehr ernst genommen. Unser Ziel ist es, dass wir, die Besucher:innen und die Bands sich wohlfühlen und ein grandioses Wochenende haben. Es ist ultra schwer, eigentlich unmöglich allen gerecht zu werden. Uns ist wichtig, dass jede:r frei, wild und wunderbar sein kann aber dabei nicht die Grenzen anderer überschreitet und ich glaube, da wird es schwierig, denn jede:r hat die eigenen Grenzen woanders. Wir haben nach dem Wochenende auf jeden Fall unser Awarenesskonzept überarbeitet, in dem etwas genauer steht, was für uns geht und was nicht. Dazu kommt vorm Festival auch noch was, an dem sich jede:r orientieren kann und im Idealfall auch orientiert.
8: Ihr beschreibt das Festival mit 100% DIY und 100% non Profit. An welcher Stelle merkt ihr, wie toll es ist, das das alles selbstorganisiert abläuft und wann rutscht Euch der Spruch: „Einmal mit Profis zusammenarbeiten!“ raus?
B: Die anderen werden das hier lesen, das kann ich doch nicht sagen. Ne, Spaß. Jede:r von uns, hat sich für Aufgaben entschieden, wo Erfahrungen und Kompetenzen mitgebracht werden. Die Meisten machen das, was sie machen, wirklich gut, zuverlässig und es macht richtig Spaß. Frustration kommt da natürlich vor, aber die gibt es ja auch bei der Arbeit mit Profis. Das Einzige, was mich hin und wieder nervt ist die Verbindlichkeit bei Treffen oder Abgaben oder so... Da rennste manchen auch mal richtig hinterher und das wäre halt anders, wenn wir das nicht alle ehrenamtlich neben Privatleben, Beruf und Familie machen würden. Das merkst du halt auch bei dem Non-Profit-Gedanken. Von uns bekommt ja niemand irgendwas, im Gegenteil die meisten zahlen noch aus eigener Tasche was drauf. Und wenn jede:r immer mit minimal Budget rechnet, um das Festival so günstig wie möglich zu gestalten und trotzdem aufgrund der Inflation und allem, die Preise immer steigen, ist das schon doof und frustrierend. Aber zusammen holen wir uns dann aus solchen Situationen auch wieder raus und machen gemeinsam das Beste draus.
H: Wir hatten auch sehr früh schon gemeinsam entschieden keinerlei Sponsorings und Werbedeals zur Finanzierung zu machen. Wenn du mal auf einem Festival eine tolle, politische Punkband auf der Sparkassen-Bühne gesehen hast, vergeht dir da einfach schnell die Lust zu. Das hemmt uns natürlich sehr, was die Finanzierung angeht, aber sorgt auch für mehr Freiheiten und mehr Glaubwürdigkeit.
J: Ich finde, dass wir selbst hobbymäßig an vielen Stellen sogar schon sehr professionell arbeiten. An einigen natürlich auch wieder nicht. Aber auch bei größeren Kommerz-Festen fallen einem als Besucher auch mal hier und da Sachen auf, die bei uns schon besser organisiert sind. Zum Beispiel haben wir vergleichsweise immer eine sehr gute Dixiquote, was morgens schon sehr wichtig ist. (:
9: So, jetzt aber mal Zeit für Anekdoten! Was waren denn so die ungewöhnlichsten, spannendsten oder witzigsten Begebenheiten, die ihr so im Rahmen des Festivals erlebt habt?
B: Hahaha! Also das habe ich schon im ersten Jahr gelernt, was auf dem Resist passiert, das bleibt auch auf dem Resist. Ich denke die Geburt von Silas, dem Resistbaby an einem lauen Sommermorgen auf dem Resist 2017 steht schon ganz weit oben. Er wird dieses Jahr 6, langsam könnte er uns mal besuchen kommen. Aber auch die Probenanalyse des Poolwassers nach dem Festival war spannend. Ich kann das gar nicht mehr sagen... Ich war ja immer fast 14 Tage da vor Ort, wenn du da Zelt an Zelt lebst, arbeitest und vielleicht mal ein bisschen feierst, bekommste mehr mit, als du dir vorstellen kannst und möchtest. Da passieren jedes Jahr so viele Geschichten rund um Sex, Punk, Freiheit und Abenteuer.
H: Meine Lieblingsmomente waren ganz oft das Öffnen der Tore für die Besuchenden und dann am Einlass auszuhelfen und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen und zu realisieren "Hey, die Person ist da jetzt fast 10 Stunden Zug gefahren, um etwas zu genießen, was du mit organisierst. Einfach der Wahnsinn" und ein wundervoller Moment war, als ich nach dem ersten Jahr mit Stoffarmbändern in so vielen anderen Städten und auf Festivals Menschen mit einem Resist-Armband gesehen habe. Einfach ein tolles Gefühl. Ansonsten ist es immer wieder toll anderen die Rednex-Anekdote von vor vielen Jahren zu erzählen, als unser Bandfahrer am Flughafen Tegel aus Versehen Rednex eingesackt hatte und die dann auf halber Strecke rausgeworfen hat, weil Oi Polloi noch in Tegel rumstanden und auf den Fahrer gewartet hatten. Oder, als wir das Festival wegen Unwetter an einem Sonntag abbrechen mussten und uns auf das Schlimmste vorbereiten mussten und mit einem Kloß im Hals die Zeltenden wecken und informieren mussten. Und die Reaktionen waren statt Wut einfach nur freundliches Nachfragen, ob sie uns helfen können. Da kamen einem schon wirklich die Tränen.
J: Das ungewöhnlichste war bestimmt wirklich die Geburt. Witzige Begebenheiten gibt es zum Glück in jedem Jahr zuhauf. Es ist immer wieder schön, dort die 3, 4, 5 Tage oder mehr mit so tollen Menschen zu verbringen. Man sieht die teilweise nur einmal im Jahr aber versteht sich immer wieder gut. Und dann immer ab nachts, wenn man quasi Feierabend hat, am 24 Stunden Tresen ein paar schöne Stunden miteinander hat. Währenddessen läuft gerade ne Müllschlacht, wo direkt danach von den Spielenden das Feld gesäubert wird. Herrlich.
10: Vielen Dank ihr Drei für eure Zeit, damit wären wir schon fast am Ende! Eine letzte Frage noch: Wenn ihr beliebig wählen könntet, welche 5 Bands (egal ob noch aktiv oder nicht) hättet ihr gerne mal bei euch auf der Bühne?
B: HAHAHAHA! Also da bin ich glaube ich die letzte, die man fragen sollte. Hat schon n Grund, warum ich nicht das Booking mache. Die Vengaboys und Little Big wären auf jeden Fall dabei. Die anderen kann ich hier nicht nennen...
H: Wir versuchen da schon seit Jahren so ein paar Überraschungen zu buchen, aber da kommt irgendwie immer was dazwischen oder es scheitert eben am Finanziellen. Aber das wird schon irgendwann. Aber, persönlicher Traum wäre, also wirklich unabhängig von der Umsetzbarkeit: Queen, Heaven Shall Burn, KIZ, Horse The Band und Finntroll.
J: Jello Biafra mit irgend einer Combo, gerne mit den Melvins, Doom, Disfear, Napalm Death und Municipal Waste.
11: Nee, eine Frage hab ich doch noch hinterher: Wenn ich Euch unterstützen und/oder mitmachen will, in welcher Form geht das und wo muss ich mich da melden?
B: Wir freuen uns immer über Unterstützung! Und wir finden auch für Jede:n die passende Aufgabe und Crew! Also haut gern in die Tasten und schreibt an helfen@resisttoexist.de. Ich melde mich dann zeitnah bei euch!
Foto: Jörg Kandziora
h*einz_zweidreI 06/2023