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Nächster Teil unserer
Festival-Interview-Reihe! Das
Frierock Festival in Friesack (bei Berlin) findet diesmal am 11. und 12.8. statt, mit einem kostenlosen "Bunten Donnerstag" als Warmup am 10.08., zu dem das Frierock-Team wettet, dass sich keine 100 Menschen finden, die dort das Lied "Am Rhin, am Rhin" des Friesacker Ehrenbürgers Fritz Kunert singen. Klingt auch schon verrückt, wa?
Am eigentlichen Festivalwochenende treten dann Bands auf wie
100 Blumen,
R3vo,
Dauerwelle Wasserstoff,
Punch Up Pogos,
Wonach wir suchen und viele mehr. Tickets kosten inklusive Camping 30-40 Euro für zwei Tage.
Weitere Infos und natürlich Tickets gibts auf der
Webseite.
Und wir dürfen auch ne Ladung Tickets verlosen! 3x2 Karten könnt ihr gewinnen, mehr dazu am Ende dieses Artikels.
So, nun zum Interview! Die Fragen beantworteten Bruegg und Vale zu zweit im Duett.
1: Wenn ich das auf eurer Seite richtig gesehen habe, gibt es das Festival bereits seit 1997. Wie kam es denn damals zu der Idee?
Bruegg: Die Idee des Frierock-Festivals ist im Jugendclub Friesack entstanden - zu Ehren unseres 1997 verstorben Kumpels Möppi. Der Club war damals unsere Konzerteschmiede, Kreativraum und einfach nur ein Ort zum Treffen, da waren wir 16 Jahre alt...so kam eins zum anderen. Wie alt warst du Vale?
Vale: Stolze 6 Jahre alt.
2: Wie groß ist denn euer Team? Gibt es starke Fluktuation unter den Beteiligten?
Bruegg: Puh...der Blick in unsere zentrale Messenger-Gruppe zeigt etwa 75 Personen an. Die Spannweite reicht von Mitleser:innen, die gute Ratschläge haben und geben, bis hin zu Personen die Steuerungsaufgaben übernehmen. Ich glaub das kennt ja auch Jeder, der sich in Kollektiven o.ä. organisiert... Trotzdem mal ein Deep-Dive der Struktur. Unsere Mutti "dit Wolle" (so will er genannt werden) hat das Frierock 1997 ins Leben gerufen. Viele waren wir schon immer- nur halt wenige die die Verantwortung in die Hand genommen hatten. Früher jedenfalls, 2013, haben wir unsere Struktur neu aufgestellt. Rote Zahlen, kleines Projektteam und wenig Gäste bedeuteten fast das Aus des Festivals. Seitdem sind wir stabil. Grundsätzlich organisieren wir uns in AGs diverser Gewerke. In den AGs sind Piloten:innen, die ein Teil der Steuerungsgruppe sind. Zum Festival-Aufbau wirds dann nochmal voller, was ziemlich geil ist, aber auch anstrengend für die Leber. Stehste in Verantwortung, erlebste alles nochmal intensiver.
3: Wo liegt eigentlich Friesack und wie kommt man dahin? Gibt es viele "Auswärtige" unter den Besucher_innen?
Vale: Friesack liegt zwischen Nauen, Kyritz und Rathenow quasi im Herzen des Havellandes. In nächster Nähe is noch Ribbeck….ja ja jenau, dit Fontane Ribbeck! Der RE 8 Richtung Wismar/Wittenberge aus Berlin kommend braucht ca. 50 min nach Friesack. Oder mitm Auto... B5, Heerstraße raus, immer lang hin, auch so 60min. Ick würde sagen es sind 75% Besucher_innen aus der Region, und der Rest dann auch von weiter weg…
Bruegg: Fun Fact: Brandenburg ist das seenreichste Bundesland, aber leider haben wir keinen See abbekommen bei uns und uns deshalb ne Wasserrutsche in den Hang gebaut.
Ach so...eine Abfrage zeigt, dass Gäste bis zu 786 km in Kauf nehmen - Krass oder?! Das wären so 6 Tage Fußmarsch.
4: Gibt es Unterstützung der Gemeinde und örtlichen Bevölkerung?
Vale: Die Gemeinde stellt uns die Freilichtbühne zur Verfügung. Die können wir wie andere Veranstalter:innen auch mieten. Als Friesacker Verein auch etwas vergünstigt gegenüber externen Veranstaltern. Das is summa summarum ein vernünftiges Verhältnis.
Lokale Firmen supporten uns immer tatkräftig. Ob Taler-Spende, Baufahrzeuge, Holz oder paar Strohballen - irgendwat braucht man ja immer.
Und die Bevölkerung haben wir auch mittlerweile durch verschiedene Angebote und den Bunten Donnerstag auf unsere Seite gezogen. Viele waren schon immer einverstanden mit dem Festival und den Leuten. Aber einige mussten sich schon erst an den Anblick von Punks gewöhnen, die mit dem Einkaufswagen durchs Örtchen ziehen.
Bruegg: Beispiel für den Support von Firmen: In den ersten 10 Jahren bestand die Bühne aus 100 Euro-Paletten, die wir mit dem Trecker von der Kolchose nebenan rangeholt haben. Der Rest waren Baugerüste unterschiedlicher Firmen, Tarnnetze und Plane. Funktionierte...fast immer, aber immer ein ganz schönes Gefummel und Geschleppe. Heute würde man wahrscheinlich DIY-Patchwork-Stage sagen.
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5: Nach welchen Kriterien stellt ihr die Bands fürs Festival zusammen?
Vale: Wir kriegen mittlerweile viele Mail-Bewerbungen - schreiben aber selbst auch Bands an, die uns gefallen oder “zugerufen” werden. Dann machen wir ne Vorauswahl in unserer Band AG und dann gibts nen großes langes Meeting mit lecker Bierchen, wo alle aus dem Frierock-Team eingeladen werden, um die Band-Vorauswahl anzuhören und stimmen dann demokratisch ab. So entsteht unser Line-Up. Unser Wunsch ist es, dass wir Geschlechter-Gleichstand auf der Bühne hinkriegen. Nicht immer so einfach möglich, aber es ist für uns ein Auswahlfaktor. Und wichtig ist auch: Es muss irgendwie vorwärtstreibend sein und Überraschungen mögen wir auch! :-)
6: Auf eurer Seite gebt ihr unter "Rockerrules" hilfreiche Tipps, was zu tun ist bei Sonne/Regen/Feuer/Sturm/Gewitter. Gab es wirklich schon mal Jahre, wo die Lage brenzlig war und ihr vielleicht sogar abbrechen musstet?
Bruegg: die Rockerrules gehören zum Sicherheitskonzept frühzeitige Ansprache, alles was da drin steht hatten wir in irgendeiner Weise mal.
Das brenzligste was in meiner Erinnerung war, ist als an einem Donnerstag vorm Festival ein Sturm übers Havelland fegte. Hier mussten wir schnell reagieren und lotsten Gäste und Crew u.a. in unsere Getränkehalle. Da dachten wir schon, in paar Stunden ist der Schnaps alle und alles eskaliert...
Aber ein geselliges Flunkyballturnier und recht gesittete Feierei bei Dosenbier war das Motto.
Grundsätzlich haben wir einen Plan und bereiten uns vor, beobachten die Wetterlagen, checken die Baumbestände, Medi-Crew und Secu vor.
Alles kannste aber nicht ausschließen. Ich klopf mal eben auf Holz...
Vale: ...AUA!
7: Wie habt ihr die Pandemie-Zeit erlebt? Gab es Überlegungen, das Konzept an aktuelle Auflagen "anzupassen" oder habt ihr gewartet, bis alles wieder geht?
Vale: Überlegt und diskutiert haben wir viel….es fiel uns nicht leicht abzusagen. Aber wir waren uns dann irgendwann sehr einig, dass wir das Frierock nur ohne Auflagen machen können und auch nur veranstalten wollen, wenn wir es verantworten können. Wir wollten einfach nicht rumlaufen und den Leuten sagen, sie sollen beim Pogo ihre Maske aufsetzen. Ums kurz klar zu stellen: Wir standen hinter den Maßnahmen und wollten uns dran halten! Aber irgendwie passte das für uns nicht zusammen.
Stattdessen haben wir u.a. ein kostenfreies OpenAir-Kino veranstaltet und uns zu Arbeitseinsätzen getroffen und auch den örtlichen Jugendtreff der AWO neu gestaltet - immer mit Testkonzept. Ist ja klar...
Bruegg: Ja, zwei kostenfreie Open-Air Kinoabende mit Lasershow, das war der Start der #frierockhilft Aktionswoche 2020: Fassade-Neugestaltung, Graffiti-Workshop, diverse Vereine supportet und eine Black-Lives-Matter-Demo in der Ciddy of Friesburch schlossen sich an. Jeder Tag wurde auch filmisch dokumentiert, wer sich das reinziehen will, kiekt uff unseren
Youtube-Channel. Ist ganz witzig..
Im zweiten Corona-Jahr war frühzeitig klar, dat wird wieder nüscht. Daher entwickelten wir das Livestream-Format UFF SENDUNG, Ziel war es Bands eine digitale Bühne zu geben, aber auch unsere Strukturen zu zeigen. War ähnlich aufwendig wie ein Festival, nur tauschten wir Rollen und waren nun Redakteure, Set-Designer oder Moderator:innen. Ich denke das hat uns nochmal als Team näher gebracht und auch unseren Gästen gezeigt, wie wir ticken. Zieht euch das gern rein, zu finden in der Mutter aller Videoportale.
In der konkreten Festivalwoche 2021 dann haben wir an uns gearbeitet mittels Supervision mit externer Moderation. Ein Ergebnis war ein Crewing-Konzept was Kollegin Judith erstellt hat. Grüße an der Stelle an Fine, Magda, Jänny, Justus und Chris, die jetzt teilweise sehr zentrale und wichtige Rollen inne haben.
Vale: Jo, sehr sehr wichtig!
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8: Was ist die größte Angst bei der Planung des Festivals?
Vale: Dass das Bier alle ist!
Bruegg: Dacht ich auch gerade!
9: Macht ihr als Team "nur" das Festival oder seit ihr auch in anderen Kontexten unterwegs?
Bruegg: Ja, so ein zwei Dinge passieren da stetig, also nicht nur feiern und Halligalli. Schließlich wissen wir um unsere Fähigkeit Projekte umzusetzen. Obs jetzt ein Festival ist oder andere Dinge, die bei uns unter dem Begriff “gesellschaftliche Verantwortung” laufen. Moderation Runder Tisch, Fachtag zur Arbeitsmarktintegration für Geflüchtete, Schüler:innen-Jugendaustausch nach Israel und so weiter und so fort. Ist alles auf unserer Webseite nachzulesen.
Ansonsten sind wir natürlich pro Szene-Entwicklung in der Brandenburgischen Pampa und supporten mit Wissen, Technik und Material andere Festivals, Vereine etc. und so weiter und so fort. Motto: bildet Banden.
Vale: Ick will mich auch zur nächsten Kommunalwahl für die Gemeindevertretung aufstellen lassen. Unser Wolle ist och schon in der Stadtverordneten-Versammlung für Kultur zuständig...also auch Politik/Mitbestimmen vor Ort ist uns wichtig.
10: So, das war's auch schon fast! Eine letzte Frage: Wie stellt sich so ein Festival-Tagesablauf für euch selbst da?
Vale: Meistens feiern wir selber auch ziemlich hart mit unseren Gästen und Bands…ist für uns ja auch immer wie ein großes Klassentreffen. Man versucht sich dann immer von Radler zu Radler zu hangeln und einen gesunden Pegel zu halten, sodass man handlungsfähig bleibt. Wir haben daher Radler als “Veranstalterbrause” identifiziert. Ansonsten steht man oft auf, wenn andere sich schlafen legen. Dann hofft man, dass schon jemand Kaffee gemacht hat und trinkt vermeintlich nach ner Stunde schnell ein Konter-Radler. :-)
Meist gibts dann nochmal ein Meeting mit allen, wo man einige Team-Mitglieder dann schon manchmal noch wecken muss.
Am Ende stehen wir dann meistens genüsslich im engeren Veranstalter-Kernteam oben aufm Hang, rauchen ne Kippe, stoßen mit nem Bierchen an und schauen auf die feiernde Menge zu guter Mucke und freuen uns, wie viel Spaß alle haben und wie entspannt die Stimmung ist. Das ist dann der Lohn für die harte Arbeit das ganze Jahr über. Die Gänsehaut entschädigt dann!
Bruegg: Ich kann mich nicht erinnern, jemals mit dir aufm Hang gestanden zu haben. Egal - kann ich dich kurz drücken?!
Euer Frierock Team!
Ticketverlosung
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Fö 07/2023