A Punkrock Guide To Parenting Teil 4
Wie ist es, wenn man vom Punk zum Papa oder zur Mama wird? Alte Gewohnheiten, Lebens- und Denkweisen stehen auf einmal auf dem Prüfstand. Nichts ist mehr, wie es mal war, das ist vielen schon vorher klar. Doch wie dicht die Minen auf dem weiten Feld zwischen Dosenbier und Drei-Monats-Koliken liegen, da machen sich die wenigsten eine Vorstellung von. Daher möchte ich euch in dieser „Kolumne“ immer mal wieder einen Einblick darin geben, wo möglicherweise die Nähte spannen beim Spagat zwischen Pogo und Pampers.
Das heutige Thema lautet:
Shirt an!
Neulich an einem ziemlich warmen Tag zu Beginn des Sommers hielt ich es für eine gute Idee, mit unserem Sohn (Baby) und unserer Tochter (Kleinkind) auf ein Parkfest zu gehen. So weit, so wahnsinnig. Im Entenmarsch schob ich mich also durch die engen und mit Menschen überfüllten Wege des Parks, in dem heute ein Flohmarkt auf dem Programm stand. Es dauerte nicht lang, bis mir auffiel, dass ich von allen entgegenkommenden Menschen kritisch, ja fast schon argwöhnisch gemustert wurde, nicht nur das, nein, manche drehten sich sogar nach mir um. Ist etwas in meinem Gesicht? Wurde ich schon wieder von meinen Kindern angespuckt, bekotzt oder als Ablage für Popel missbraucht, ohne es zu merken? Hängt das Baby aus dem Kinderwagen? Hat die Große (mal wieder) kiloweise Weingummi im Haar?
Wenig später sorgte ein anderer Vater auf dem angrenzenden Spielplatz für des Rätsels Aufklärung: "Dein Shirt lässt aber Rückschlüsse zu!", schallte es mir entgegen. Verlegen schaute ich an mir herunter und mein Blick verfing sich dabei an dem gelben Kreuz auf meiner Brust, um das mit großen Lettern das Wort "PISSE" geschrieben stand. Zu allem Überfluss winkte von der Rückseite ein freundlich grinsender Urintropfen den Eltern und Kindern rund um das Klettergerüst zu. Unangenehm! Verdammt, dachte ich mir, mal wieder nicht darauf geachtet, in welchem Outfit ich mich mit den Kindern in der Öffentlichkeit zeige. Ihr denkt nun, damit ist das Ende der Fahnenstange erreicht? Mitnichten! Mittlerweile habe ich dahingehend jedes Fettnäpfchen mitgenommen. Mit dem Spastic-Fantastic-Shirt in der integrativen Kitagruppe auftauchen? Check! Ein Shirt der Kassierer, auf dem der Slogan "geistesgestört und verhaltensauffällig" prangt, beim Kinderarzt tragen? Ja, sicher! Team-Scheisse-Shirt beim Sportfest? Na klar! Den Zipper-Kapu öffnen und direkt wieder schließen, weil der im Foyer auf die Kinder wartende Verkehrspolizist, der gleich mit der Verkehrserziehung beginnen möchte, die Stirn beim Anblick meines Leftöver-Crack-Shirts mit der Aufschrift „Shoot Drugs not People“ runzelt? Mach ich einen Haken hinter!
Du gehst nun im Kopf die textilen Handgranaten in deinem Kleiderschrank durch? Dann rate ich dir zu einem extra Fach mit Kinder-konformen Shirts. Oder lass dir in Sachen Scham schon mal ein dickeres Fell wachsen! Bei mir ist nun schon Hopfen und Malz verloren. Daher kann ich nun lauthals verkünden:
"Ich lass mein Shirt an, damit du sehen kannst, was da so draufsteht, was bei mir so abgeht"
Peter 05/2024