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Donnerstag, 25.05.2017: Interview mit DxBxSx

Dienstagabend, Berlin-Friedrichshain. Ich bin am Stammtisch der Jägerklause mit DxBxSx zum Interview verabredet. Am darauffolgenden Samstag findet die Releaseparty der neuen Platte „Wer will denn das“ im Cassiopeia statt. Ein perfekter Zeitpunkt also, um der Band ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Das digitale Tonband läuft. Am besten starten wir mit etwas Unerwartetem.

Phil: Gestern war der 1. Mai. Was habt ihr gemacht?
Timo: Ich war auf nem Kindergeburtstag.
Angel: Ick hab es dieses Jahr tatsächlich geschafft, mal nichts zu machen. Ich hab den Abwasch nicht gemacht. Und ich glaube, ich war kurz im Garten und hab da was gegossen. Also so richtig tote Hose. Das war eher n Sonntag.

Phil: Also n richtiger Tag der Arbeit?
Angel: Ja, quasi.
Timo: Ja na, für die Revolutionäre 1. Mai Demo bin ich zu alt, für die MyFest Party auch zu alt und zu paranoid. Und für die DGB Demo bin ich zu jung. Und auf die AfD Demo hatte ích keinen Bock.

Phil: Das ist dann aber eine gute Überleitung zu meiner nächsten Frage: was gehört denn eurer Meinung nach zu einer guten Revolution?
Angel: Erfolg.
Timo: Oh oh oh.
Angel: Auf jeden Fall Selektierung, sonst macht eine Revolution keinen Sinn. Du musst alles auslöschen, was quasi gegen deine Ziele ist. Du darfst niemanden überlassen, sonst gibt es früher oder später eine Konterrevolution. Und du darfst dich nicht verarschen lassen.

Phil: Bevor ich mich heute mit euch getroffen habe, bin ich eigentlich immer am Rätseln gewesen, wofür wohl DxBxSx steht. Ich dachte ja an „Derbe Berliner Schnauze“.
Timo: Auch schön. Der ist super, den hatten wir noch nicht.

Phil: Danke. Deshalb wollte ich mal wissen: was waren denn mal richtig gute Namen?
Timo: Deiner war super, oder Der Beste Sound. Die Bärte Satans. Denk Bitte Selbst find ich auch noch ganz gut. Und natürlich DosenBierStechen.

Phil: Die sind auch sehr schön. Ich hab dann allerdings doch nachgeguckt, dass es mal für Drive By Shooting stand.
Angel: Ja, das stimmt. Dabei haben wir irgendwann die Abkürzung nur genommen, um diesen alten Bandnamen auszumerzen. Nichts darf überbleiben. Die Bandrevolution quasi.

Irgendwie läuft es schon, aber noch nicht flüssig genug. Zur Auflockerung hat sich bislang immer eine schnelle Entscheidungsrunde bewährt. Zwei Begriffe, für einen muss man sich entscheiden. Los geht’s.
Phil: Pils oder Helles?
Timo: Pils
Angel: Ist mir egal, ich sauf alles.

Phil: Pfeffi oder Berliner Luft?
Timo: Pfeffi
Angel: Berliner Luft. Hast du gerade Pfeffi gesagt?
Angel hat einen zutiefst skeptischen Blick aufgesetzt.
Timo: Ja, wenn schon Zahnputzbecher, dann richtig.

Phil: Gin Tonic oder Korn Sprite?
Angel: Gin Tonic.
Timo: Also, weder noch, aber im Zweifel Gin Tonic. Aber mit Gurke!

Das hat funktioniert. Die Muskeln sind gelockert, die Stimmung ebenso. Jetzt kann also knallharter Investigativjournalismus folgen.
Phil: Ich hab in einem eurer Interviews gelesen, dass es so richtig geil wäre, wenn man auf Tour geht und die Leute – selbst wenn es nicht Berlin ist – die Songs mitsingen können. Daraufhin hab ich mich natürlich gefragt, wann ist das das erste Mal passiert? Wann habt ihr gemerkt, dass eure Mucke wirklich bei Leuten richtig gut ankommt?
Angel: Seitdem wir Deutsch singen und den ersten Hit geschrieben haben.
Timo: Genau. „Berlin ist sooo geil“ und „Die Ex von Otto“ waren so die ersten Songs, die wir auf Deutsch gemacht haben.

Phil: In einem anderen Interview habe ich dann auch die sehr interessante Frage gesehen, welche Vorgruppe ihr euch gerne mal vorstellen könntet, wenn ihr ein großes Konzert spielt.
Angel: Diese Frage haben wir uns letztens auch gestellt, als wir darüber nachgedacht haben: was machen wir zu unserer Record Release Party. Spielen wir allein oder laden wir auch Freunde ein?

Phil: Tatsächlich habt ihr die Antwort schon in dem Interview gegeben.
Timo: Und die war?

Phil: Ihr habt gesagt, ihr würdet gerne Revolverheld spielen lassen und alle Menschen müssten im Publikum angeschnallt sein, damit sie sich nicht wegbewegen können und diesen ganzen Mist ertragen müssten.
Angel: Was war denn das für n Interview?
Timo: Daran kann ich mich wirklich nicht erinnern. Aber die Idee ist nicht schlecht. Also, alle im Publikum festzubinden.
Angel: Das einzige was mir einfällt, ist, dass wir damals so ne Phase hatten. Im Studio zu Ihr! Alle! Immer! hingen überall Plakate zu Revolverheld und vermutlich haben wir da so n temporären Film gefahren. Allerdings ändern wir unsere Hassobjekte auch auf den größeren Rahmen.

Phil: Zum Beispiel?
Angel: Ich will jetzt keine Bandnamen nennen, nur Persönlichkeiten: Campino, Ken Jebsen, Hitler. Sag doch auch mal was!
Timo: Nee, ich will nicht mehr so viel über Hass reden.

Das ist eine klare Ansage. Gut, dass es eine sichere Abhilfe gibt.
Phil: Okay. Dann machen wir doch noch mal eine schnelle Runde, um das Thema komplett zu wechseln.
Gemütlicher Kuschelabend mit der besseren Hälfte oder Sauftour mit den Kumpels?
Timo: Boar, beides.
Angel: Beides. Kuschelabend mit meinen Bandkollegen und Sauftour mit meiner Frau. Dann ist alles gut.

Phil: Strandurlaub am Mittelmeer oder Campingtrip in Osteuropa?
Angel: Oh man, das sind immer so beide Sachen.
Timo: Ich find auch, ich mag beides. Ich hab schon Camping in Polen gemacht…
Angel: Mittelmeer ist überbewertet.
Timo: …Ich mag aber auch das Mittelmeer. Auf jeden Fall besser als der Atlantik. Da sind mir die Wellen zu hoch.
Angel: Kommt wohl aufs Wetter an.

Phil: Bierschinken oder Pommes?
Angel: Auswärts Bierschinken, zuhause Pommes.
Timo: Bierschinken.

Interessante Antworten. Man kommt dem Wesen der Band immer näher. Und bringt die Bandkollegen anscheinend auch noch einander näher.
Phil: Ich liege doch korrekt mit der Annahme, dass ihr ursprüngliche Berliner seid?
Timo: Ich bin ursprünglicher Berliner, der einzige in der Band, aber Angel ist auch schon sehr lange in Berlin. Seit wann nochmal?
Angel: Ich bin Brandenburger, komm aus der Lausitz gebürtig, bin aber 82 nach Berlin gezogen. Gelte also unter verschärften Bedingungen nicht mehr als Rucksackberliner, sondern als Berliner. Und Steven ist aus Luckenwalde und ist noch lange kein Berliner.
Timo: Aber Luckenwalde ist jetzt auch nicht sehr weit weg. Wir sind auf jeden Fall ne Brandenburger Band.

Phil: Alles klar. Dann habt ihr nichtsdestotrotz Expertise, wenn es um Berlin geht und wisst wie die Stadt ist und wie sie sich in den letzten 5-10 Jahren verändert hat. In dem Zusammenhang wollte ich euch mal die Frage stellen, was findet ihr heute besser?
Angel: Ha, nichts.
Timo: Es gibt eine einzige Sache, die ich heute besser finde. Das ist der Zwang für Hundebesitzer heute hinter ihren Hunden ihre Kacke einzusammeln. Das find ich wirklich geil, denn früher hat man einen alteingesessenen Friedrichshainer daran erkannt, dass er während er durch den Kiez läuft nach unten blickt und im Zickzack springt, um der Kacke auszuweichen. Heute kann man als Friedrichshainer mit erhobenen Hauptes laufen. Alles andere ist scheiße.
Angel: Heute guckst du nicht mehr nach der Kacke; du guckst nur nach unten, damit du die ganzen Fressen nicht sehen musst!

Phil: Was fällt denn besonders negativ auf?
Timo: Naja, sicherlich die ganz klassischen Geschichten wie Mietpreisentwicklung, aber nicht nur die Mietpreisentwicklung für Wohnungen, sondern auch für Gewerbe wie Kneipen oder kulturelle Orte, die man mochte und mag, es sich nicht mehr leisten können. Alles was Berlin nachgesagt wird, ist so eigentlich nicht mehr existent, außer man hat ne Menge Kohle in der Hinterhand.
Angel: Ich bin vor zehn Jahren nach Neukölln gezogen, dann haben wir neun Jahre in der Butze gewohnt. Das war damals noch n cooler Zeitpunkt, da hat man ne relativ preiswerte Wohnung gefunden, auch ohne Makler und alles war chic. Und dann zieht man in diese billige Wohnung und es geht direkt los: Aufwertung. Quartiersmanagement wird gegründet: „alles scheiße hier, hier ist nur Dreck, wir müssen was verändern.“ Zehn Jahre später bin ich froh, da einfach nur noch weg zu sein, weil der ganze Kiez innerhalb von zehn Jahren nicht mehr existent ist. Meine Atzen sind nicht mehr da. Meine Ikkes sind nicht mehr da. Sondern nur noch Leute, die mit Scheinen wedeln und ihren Latte Macchiato im Späti mit Karte zahlen wollen. Ich hab das immer in Friedrichshain mitbekommen, aber wenn man das hautnah erlebt, dann möchte man einfach nur noch abhauen.

Phil: Dann wollte ich noch auf eine Beobachtung zurückkommen, die ich auf eurer Facebookseite gemacht habe. Unter Bands, die ihr gut findet, steht: „Alles was Black im Namen hat.“
Beide lachen erst einmal amüsiert.
Timo: Ja, das war ich. Was man halt so schreibt, wenn man ne Facebookseite einrichtet. „Alles was Black im Namen hat.“ Das steht für was. Ist aber auch schon zehn Jahre her, dass wir die Seite eingerichtet haben. Denk doch mal an Black Sabbath, Black Flag, ähh, Black Block. Auch die Black Keys mag ich eigentlich.

Phil: Ich fand das jedenfalls sehr sympathisch. Ist mir direkt in Erinnerung geblieben. Zum Abschluss wollte ich euch noch eine schwierige Frage stellen: Welcher ist denn euer Lieblingssong auf der neuen Platte?
Timo: Unser persönlicher Lieblingssong?
Angel: Jetzt wird es spannend.
Timo: Find ich auch! Das ist schwer zu sagen.
Angel: Soll ich vorlegen?
Timo: Ja, leg mal vor.
Angel: Also, für mich ist es „Hass“. Das ist die erste Nummer, die ich in dem Zusammenhang geschrieben habe, es ist die komplexeste. Ist leider so. Es gibt sicher auch hübschere Nummern, auch catchigere, aber „Wir Hassen“ ist irgendwie so passend.
Timo: Für mich ist es wirklich schwer zu sagen, aber eigentlich find ich „Bullenmagnet“ geil.
Angel: Ehrlich?
Timo: Ja.
Angel: Eigentlich wolltest du „Kiez! Kiez! Kiez!“ sagen!
Timo: Ja, eigentlich schon. Aber eigentlich wollte ich, um ein bisschen kontrovers zu sein, „Veranstalterblues“ sagen.
Beide lachen wieder ausgiebig.

Phil: Gut. Das waren schon alle meine Fragen. Ich muss das Ganze ja noch abtippen.
Angel: Hast du denn noch ne spontane Schnellrunde zu Berlin?

Phil: Da kann man sich bestimmt was ausdenken. Wie wärs mit: Alex oder Mediaspree?
Beide gleichzeitig: Alex.
Angel: Definitiv, aus Nostalgiegründen.

Phil: Weltzeituhr oder Brandenburger Tor?
Timo: Weltzeituhr.
Angel: Brandenburger Tor.

Phil: Müggelsee oder Schlachtensee.
Beide gleichzeitig: Müggelsee.
Angel: Zum Glück haste nicht Wannsee gesagt!

Phil: Nee, das hab ich mich nicht getraut. Das wars dann aber auch wirklich für heute. Vielen Dank!


Philriss 05/2017
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