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Sonntag, 11.09.2016: Interview mit Bouncing Souls



The Bouncing Souls sind ja sowas wie eine Konstante im Punkrock-Biz. Anlässlich ihres neuen Albums Simplicity ergab sich die Gelegenheit für ein kleines Email-Interview!
Fragen von Peter mit sprachlicher Unterstützung von Gerd.


Bouncing Souls: Hallo, wir sind Greg [Gesang seit 1988 bis heute] und Pete [Gitarre, ebenso] und werden uns die Antworten in diesem Interview aufteilen. Los geht's!

Bierschinken: Hey Leute. Euer neues Album ist am 29. Juli erschienen, ich hatte schon die Gelegenheit reinzuhören und ich finde es klasse! Es klingt mehr nach "How I Spent My Summer Vacation" als die anderen, und das ist mein Lieblingsalbum. Könnt ihr uns ein bisschen was darüber erzählen?
Pete: Unsere letzten paar Alben waren voll mit coolen Songs, aber "HISMSV" und "Anchors Aweigh" hatten eine Energie, die bei den letzten Alben nicht mehr dabei war. Die zwei Alben haben wir live aufgenommen, vier Typen in einem Raum, die zusammen Musik machen. Wir haben versucht, in diese Ära zurückzukehren, diese Art von Energie einzufangen und genau solche kurzen, cleveren Songs zu schreiben.

Bierschinken: Was bedeutet der Titel des Albums, "Simplicity"?
Pete: Als wir mit dem Songwriting für das Album angefangen haben, haben wir bewusst versucht, kurze, direkte Songs zu schreiben, die live gut abgehen. Diese Idee war unser Leitfaden beim Schreiben und ich glaube, es hat gut funktioniert. Der Titel kam während der Studioarbeit zustande und er passt perfekt.

Bierschinken: Ich hab mir die zwei Songs "Rebel Song" und "Writings on the Wall" vom neuen Album sehr oft angehört, aber mein Englisch ist zu schlecht um die Texte vollumfänglich zu verstehen. Wovon handeln diese zwei Songs?
Greg: "The Rebel Song" handelt davon, dass gerade viel zu wenig rebellische Songs veröffentlicht werden. Ich habe das Gefühl, niemand benutzt mehr die Kraft der Musik, um Dinge zu verändern. Es könnte nur meine Sicht der Dinge sein, aber so fühlt es sich an.
Die Idee hinter "Writings on the Wall" ist eher symbolisch. Du kannst echte Gedanken und Gefühle auf Wänden geschrieben finden, aber Leute schreiben auch dummes Zeug an die Wände. Der springende Punkt ist, dass in der Geschichte der Menschheit viele Sachen auf Wände geschrieben wurden, Menschen haben versucht, ihre Geschichte zu erzählen, Ideen zu verbreiten und die Welt ein Stück zum Guten zu verändern. Gewissermaßen stehen die "writings on the wall" auch für die Wahrheit, wenn wir alle der Wahrheit in unserem Inneren folgen, werden wir die Welt verändern - drastisch und schnell.

Bierschinken: Auf dem Albumcover sehen wir das Bouncing-Souls-Logo, diesen Geisterkopf, der auf vielen anderen Alben auch zu sehen war. Das wird vermutlich recht oft gefragt, aber woher kommt dieses Logo?
Greg: Das Logo hat Bryan [Kienlen, Bassist von Gründung 1988 bis heute] mal entworfen, wir nennen es mittlerweile nur noch "The Guy", früher "The Bouncing Souls Guy". Bryan hat über die Jahre verschiedene Versionen davon gezeichnet, aber diesen hier hat er die letzten Jahre beibehalten.

Bierschinken: Das neue Album ist auch das erste mit eurem neuen Drummer George Rebello von Hot Water Music. Wie kam es dazu?
Pete: Als Michael [McDermott, Drums von 2000 bis 2013] damals die Band verlassen hat, wussten wir, dass George der richtige Mann für den Job ist. Wir waren mit HWM schon auf der ganzen Welt, die sind sowas wie Brüder für uns, und wir wussten was für ein "badass" George ist. Dieses Album mit George einzuspielen war super! Wir haben sogar einen Bonustrack namens "I Wanna Be George" aufgenommen, der wird demnächst irgendwann mal veröffentlicht.

Bierschinken: Einer eurer neuen Songs heißt "Driving all night", das musste ich letztens auch machen, um euch und viele andere Bands beim Punkrock Holiday in Slowenien zu sehen. Ihr wart ja 2010 schon da - viele Leute sagen, es sei das schönste Festival auf der Welt. Ihr habt sicher einige andere Festivals gesehen - stimmt es?
Greg: Wir haben an verschiedenen, großartigen Orten gespielt, aber das PRH kann gut der schönste gewesen sein. Wir waren ja 2010 das erste Mal da und es war super zu sehen, wie es seitdem gewachsen ist. 2010 war cool, aber dieses Jahr war es richtig geil. Wir haben schon darüber geredet, wann wir wiederkommen können, bevor wir überhaupt weg waren.

Bierschinken: Bierschinken.net ist ein DIY online Fanzine, ihr seid aus New Jersey. Was geht in NJ in Bezug auf DIY, gibt es eine Szene, seid ihr mit ihr verbunden, oder ist die Szene tot weil alle nur Justin Bieber hören?
Pete: Haha, "Biebs" hat sicher einige Fans hier. Aber es gibt eine auch eine Punkszene, und der geht es nicht schlecht. Im ganzen Bundesstaat gibt es coole Bands - meine persönliche Verbindung ist, dass ich ein Tonstudio besitze und viele Bands hier aufnehme.

Bierschinken: Eine weitere, vermutlich viel zu oft gefragte Frage: Ihr veröffentlicht jetzt euer zehntes Album und spielt ne Menge Shows, könnt ihr mittlerweile von der Musik leben oder habt ihr alle noch normale Jobs?
Pete: Wir haben alle noch andere Interessen als die Band, Greg hat ein Kindermusik-Projekt mit seiner Frau gestartet, Bryan arbeitet als Tätowierer, George hat Hot Water Music und andere Sachen, und ich produziere Musik mit anderen Bands in meinem Tonstudio, wenn wir zu Hause sind. Wir touren mittlerweile etwas weniger und verbringen mehr Zeit zu Hause, und so kommen wir alle irgendwie über die Runden.

Bierschinken: Kennt ihr Punkbands aus Deutschland? Und was ist der neue heiße Scheiß von der Ostküste, habt ihr eine Empfehlung?
Pete: Ich hab neulich "No Fun" aus Berlin gehört, die fand ich sehr gut. Meine Lieblingsband aus New Jersey sind "Crazy and the Brains" aus Jersey City. Zieht's euch rein!

Bierschinken: Die nächste Wahl in den USA steht vor der Tür und Donald Trump hat die Vorwahlen der Republikaner für sich entschieden. Viele Leute in Europa können nicht verstehen, wie er so weit kommen konnte und wieso Leute ihn wählen. Auf der anderen Seite steht Hillary Clinton, mit großer Industrielobby und so weiter. Was denkt ihr über diese Situation?
Pete: Oje, davon will ich gar nicht anfangen. Nur so viel: Die USA sind derzeit mehr polarisiert und geteilt als ich jemals in meinem Leben gesehen habe, und ich habe eine Scheißangst vor dem, was da rauskommen könnte.

Bierschinken: 2004 haben Fat Wreck "Rock Against Bush" rausgehauen, auf dem ihr mit "Born Free" vertreten seid. Verglichen damit scheint die Punkszene im Moment verhältnismäßig ruhig zu sein, oder gibt's da ein paar Projekte, musikalisch oder was anderes, von denen ich nichts weiß?
Greg: Bin mir nicht sicher, ob ich die Frage richtig verstehe. Für mich ist es schwierig zu sagen, was in der Punkszene dieser Tage abgeht, da ich der Szene selbst nicht so viel Beachtung schenke. Wir tun nur, was sich für uns richtig anfühlt und interagieren mit den Leuten die wie treffen. Generell bin ich der Meinung, dass unsere Welt politische und soziale Veränderung braucht, und zwar drastisch, also gibt es auf jeden Fall genug Stoff, um Punksongs darüber zu schreiben.
Politische Bewegungen sind gut, aber wirkliche Veränderung gibt es nur, wenn sich die Menschen auf einem individuellen Level verändern. Musik kann diesen Vorgang vereinfachen, deshalb glaube ich fest daran. Keine Ahnung ob das deine Frage beantwortet, haha.

Bierschinken: Letzte Frage: Wenn Donald Trump Präsident wird und ihr deshalb die USA verlasst, um auf einer einsamen Insel zu leben - welche fünf Alben würdet ihr mitnehmen?
Greg: Das ist ne schwierige Frage, aber los geht's:

1. Billy Bragg - Back to basics (Ich möchte eine gute Singer/Songwriter-Platte mitnehmen und Billy ist der beste)

2. Lee Scratch Perry's Anthology (Ich brauche etwas guten Dub...wir sind ja auf einer Insel, nicht wahr?)

3. Minor Threat EP (um ein paar Ängste rauszubrüllen und abzugehen)

4. Astrud Gilberto (weil ich manchmal auch eine beruhigende weibliche Stimme brauche)

5. The Gayatri Mantra (eine 60minütige Aufnahme eines antiken indischen Mantras. Die Töne und der Rhythmus sind dazu gedacht, Körper und Geist auf eine Linie zu bringen. Das könnte auf der Insel hilfreich sein)

6. Einen brauche ich noch, fünf sind nicht genug und irgendein Hardrock-Klassiker wie AC/DC muss auch mit.

Danke fürs Interview!

Bierschinken: Auch euch danke fürs Interview und 20 Jahre voller guter Musik. Hört nicht auf damit!


Peter 09/2016
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