No Weather Talks:
Undoing Defeat
Hm.
Schwierige Platte. Vor allem die Texte: Mit denen gehe ich zwar inhaltlich irgendwie d'accord, sie lassen mich aber trotzdem völlig kalt. Ich weiß nicht einmal, woran das liegt, habe sie mehrfach gelesen, aber, na ja. Da setzt sich jemand mit typischen linken Problemen auseinander (vor allem: Was sind eigentlich "Freiräume", was macht eine Subkultur aus, fühle ich mich da wohl und wenn ja - warum? Nazis sind scheiße, sexuelle Belästigung auch, Heteronormativität erst recht, und es gibt übrigens arme Menschen, das ist auch nicht schön), aber diese Auseinandersetzung geschieht auf eine Art und Weise, die mich als "alten Hasen" ein bisschen langweilt. Ich finde es spannender, wenn die angesprochenen Probleme in Geschichten verpackt werden, in Bilder, da kann ich dann durchaus Gefühle für entwickeln. Aber No Weather Talks erzählen keine Geschichten, sie proklamieren in der Szene Altbekanntes und garnieren das mit Kalendersprüchen, am besten zu sehen in "A Toast to Revolutionary Souls":
"we feel the lack of something in everything
we're haunted by constrictive categories
be it class, gender, or nationality
or just the person you'll never be
like a weapon to a crime
we stand together, fall in line
and the feeling of passing time
is just the moment that isn't mine
it's never mine
and the hands we held
were the ones to pull us apart
and the nights we shared
felt like tomorrow'd never start
we couldn't start again
start again"
Ärgerlich daran ist natürlich - ich hab's bereits angedeutet -, dass "class, gender & nationality" so nebeneinander stehend austauschbar wirken. Es handelt sich jedoch nicht einfach um "einschränkende Kategorien", sondern um sehr verschiedene Formen von Unterdrückung, Diskriminierung und Herrschaft. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich "class" und "nationality" mal genauer anguckt: Es gibt Milliarden Menschen auf der Welt, die durch beschissene Lohnarbeitsverhältnisse oder Arbeitslosigkeit vor sich hin vegetieren. Oder die - Stichwort "nationality" - von Abschiebung bedroht sind oder im Mittelmeer ertrinken. Und jetzt kommst du.
Die Musik dazu ist leicht melancholischer Pop-Punk, dem aber - vom ersten Song "Problems with Pleasure" mal abgesehen - die packenden Hooks fehlen. Ab dem zweiten Lied plätschert die Platte vor sich hin, und der Gesang sticht leider auch nicht besonders charismatisch heraus, um das Ganze noch retten zu können. "Problems with Pleasure" bleibt auch textlich der beste Song, denn hier wird angedeutet, dass der Rückzug in die "Szene" und auf Szene-Probleme nicht die Lösung irgendeiner politischen oder gar ökonomischen Frage sein kann.
Glaube ich zumindest.
Und dafür, dass ich die Texte so belanglos fand, hab ich mich jetzt doch ganz schön lange damit beschäftigen können. Die Musik ist wohl einfach nicht mein Geschmack, gut aufgenommen ist das Ganze auch, also hört doch einfach mal rein. Unterm Strich bietet das Album für mich einfach zu wenig, da hilft auch die schöne Aufmachung wenig - im Gegenteil, sie verspricht zu viel, und dann ist man eben mal enttäuscht.