Die Bilanz:
Rock'n'Roll Klub Schmöke
Was haben wir DIE BILANZ früher abgefeiert! Irgendwie haben die diese Welle von Bands, die wieder Teutschpunk machen, das Ganze dabei aber überhaupt nicht ernst nehmen, vorweggenommen. Mülheim Asozial, Kackschlacht, etc. - Die Bilanz hat sowas vor Jahren schon gemacht.
Leider hab ich sie irgendwann aus den Augen verloren – es gab irgendwie keine Konzerte in der Nähe und die neue Platte ist bis jetzt auch an mir vorbei gegangen. Prima, dass irgendein Bierschinken vergessen hat, die Rezension dazu zu schreiben, deswegen darf ich das jetzt. Juchhu!
Das Cover kann schon mal einiges! Und netter Weise liegen allen LPs auch noch ein Downloadcode UND ein Textblatt der letzten Platte "Mächtig Rappelkiste" bei. Das ist ein feiner Schachzug!
Der Name "Rock'n'Roll Klub Schmöke" ist Programm. Erstens mal in Bezug auf "Schmöken", also Rauchen. Es gibt ein Lied über Kippen rauchen und eins über Gras rauchen. Naja gut, kann man machen, wenn man denn meint...
Aber kommen wir zur Musik. Leider ist der Name auch in Bezug auf Rock'n'Roll Programm. Aber betrachten wir das mal der Reihe nach:
Erst mal kommt mit "Ja was denn" ein kurzer, äußerst alberner Smasher a là Lokalmatadore. Okey, geschenkt.
Als zweites das Raucherlied: "Nikotin". Finde ich auch ziemlich albern, aber der Raucherhusten am Ende der ersten Seite suggeriert mir irgendwie, dass diese Lobpreisung nicht allzu ernst gemeint ist.
Direkt hinterher das Kifferlied: "Freie Genüsse". Da kommt die schreckliche "Pling-Pling-Gitarre" und mit ihr der Rock. Uh! Anstrengend. Aber die Bilanz hatte immer schon mal ein paar langsamere Lieder mit dabei, deswegen hoffe ich einfach, dass es gleich besser wird...
Und dann kommt mit "Teufelsschnaps" ein Lied über Alkohol. Na toll. Langsam beschleicht mich eine böse Vorahnung. Dieses Lied ist einfach nicht zu ertragen. Da ist schon wieder die schreckliche Elvis-Gedächtnis-Gitarre und wenn der noch einmal sein auf russisch gemachtes "hou hou hou" singt, hebe ich die Nadel hoch und lege sie erst ein Lied weiter wieder hin. Und überhaupt, das ist schon das vierte textlich sinnlose Lied auf der Platte. Die Bilanz war doch immer (auch) für sehr bissige politische Texte bekannt, was ist da nur passiert?
Aber es wird leider nicht besser. "Frisurkultur" besingt zwar, dass man in der Subkultur nicht nur auf seine Haare achten sollte, sondern lieber auch was in der Birne haben sollte; aber müssen es denn vorher VIER sinnlose Strophen über Frisuren sein?! Hilfe! Zumal die schreckliche "Pling-Pling-Gitarre" hier so nervig wie noch nie plingt und plängt. Die Bilanz hat tatsächlich ein Seitenprojekt, das Kinderlieder spielt: EGON UND DIE TRECKERFAHRER. Bei Strophe eins bis vier denke ich mir, dass das hier auch herrlich auf irgendeinem Stadtfest für die Kinder geeignet wäre. Haare sind auch im zarten Kindergartenalter schon Thema, und überhaupt, die Musik würde jeden Dreijährigen eindeutig mehr ansprechen als irgendeinen Punker. Apropos: Die Musik ist eh 1A Stadtfest geeignet; auch ältere Besucher solcher Veranstaltungen würden sich sicherlich mehr über schlechten Rock'n'Roll freuen als Liebhaber der Punkmusik. Es ist nämlich so: Dilettantisch gemachter Punk ist, wenn er witzige oder bissige Texte besitzt, durchaus sehr schön anzuhören. Dilettantisch gespielter Rock'n'Roll aber so gar nicht. Wenn man schon diese Musik macht, als hätte man einen Standbass, dann muss das auch irgendwie gut gespielt sein. Oder aber ich habe einfach keine Ahnung und die Bilanz hat mit dieser Platte ein neues Genre gegründet. So wie es Rumpeldeutschpunk gibt, gibt es ab jetzt halt auch Rumpelbilly.
Nächstes Lied: "Hey Hey Hey". Ein Lied über jeden Tag Party feiern. Es hat zwar auch eine "politische" Ebene, aber die ist so platt, dass ich sie nicht ausführen möchte.
Und dann kommt mit "Kuckuck" ein richtiges Kinderlied-Cover. Egon und seine Trecker lassen grüßen.
Das beste an der ersten Seite ist das Lokalmatadore-like-Lied. Und der Raucherhusten am Ende.
Die zweite Seite geht mit "Was ist eigentlich dieses Punk?" ganz versöhnlich los. Und dann kommt mit "Freundlichkeit" ein Lied darüber – genau – dass man freundlich sein sollte. Diese schreckliche Country-irgendwas-Gitarre, ich ertrage sie nicht.
Ein Lichtblick ist mit "Hundsgemein" ein Cover von Ideal. Das gefällt mir voll gut!
Überhaupt geht es jetzt eindeutig aufwärts. "Der Meier" und "Zum Widerstand" sind Songs, wie sie auch auf den alten Bilanz-Platten hätten drauf sein können. Viel schneller gespielt als der Rest und gute Texte (über Sich-informieren und gegen dumme Sauf-Prolls).
"Happy Fracking" hat zwar einen relevanten Text. Aber der Refrain ist musikalisch zum Weglaufen.
Und "Wilma Willenich", ganz ehrlich, das ist doch nun wirklich von Egon und seinen Freunden gecovert! Schickt das mal an den WDR, die spielen das ganz sicher im Kinderprogramm vom Radio.
Fazit: Tut mir leid, aber das hier ist Musik aus der Waschmaschine, Schonwaschgang. Nix mehr mit Schleudergang. Ich lege jetzt ganz schnell die "Ramba Zamba" oder die "Mächtig Rappelkiste" auf und behalte die Bilanz in guter Erinnerung.
Wer Kinder hat und denen mal was Vernünftiges vorspielen möchte, dem seien Teile dieser LP empfohlen. Rauch-, Kiff- und Sauflied dabei aber besser vorher irgendwie zensieren!