Um den Release des neuen (vermutlichen) Meisterwerks "Ferien vom Rock'n'Roll" des begnadeten Künstlers Christian Steiffen ausgiebig zu zelebrieren, verschanzte ich mich kürzlich mit einer bunt zusammen gestellten Truppe von insgesamt 7 Fachspezialisten (welches Fach tut hier nichts zur Sache) in einer einsamen Gartenhütte in der laut Eigenwerbung größten Stadt der Welt Winkels.
An diesen geschichtsträchtigen Abend ging es für unsere Truppe darum, das besagte Album ausgiebig zu durchleuchten. Jedes Lied sollte einmal durchgespielt werden, anschließend eine kurze Diskussionsrunde dazu, danach das nächste. Wie es sich für pflichtbewusste Musikconnoisseure gehört, wurde natürlich nach jedem Lied mit einem Getränk der persönlichen Wahl durchgespült. Zur Wahl standen Sekt, Ouzo und Hansa-Bier - wobei, streichen wir das "zur Wahl" und legen die Betonung auf's "und". Insgesamt 130 Minuten dauerte der Durchlauf des 44-Minuten-Albums. Guter Schnitt, denke ich!
Hier nun eine Abschrift der Diskussionsrunde. Aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden die Namen der Protagonisten durch ein ausgeklügeltes Zahlensystem (oder bei älteren Browsern: unlesbare Unicode-Zeichen) verschlüsselt. Anzumerken ist, dass alle folgenden Eindrücke nach einmaligem Hören des jeweiligen Liedes entstanden und damit natürlich nicht den Qualitätsanforderungen an eine herkömmliche Bierschinken-Rezension entsprechen.
01. Ein Glück
Wird durchweg positiv aufgenommen. ⑤ findet es sehr musik- und weniger textlastig. ④ gefällt das Saxophon, das sei mal was Neues.
02. Ich weiß was ich weiß
③ sieht es als das bisher zweitbeste Lied der Platte. In der allgemeinen Rezeption wird angemerkt, dass der Song schleppend anfängt, aber dann immer besser wird.
03. Ferien vom Rock'n'Roll
⑤ findet den Refrain stark und emotional, ergänzt aber, dass es (als Titelstück) nicht an "Arbeiter der Liebe" heran reicht. ① stellt fest, dass die bisherigen Lieder einen hohen Anteil Instrumentales am Ende haben, er bewertet dies als eher negativ. ⑤ vermutet, das läge daran, dass er das Original Haseland Orchester auf den Konzerten zu sehr abgefeiert hat und diesem daher auf dem Album mehr Anteile gewährt wurden.
Zwischenfazit: Unsere private Record Release Party wird als "sehr geil" bewertet und ⓶ ist gerade kacken.
04. Viel zu heiß
Hier nun das erste von den neuen Liedern, das weder ④ noch ⑤ zuvor gehört haben! Ein erster Kommentar von ⓶: Sie findet das Lied sehr
[das folgende Wort lässt sich im Protokoll leider nicht mehr entziffern. Ich tippe auf "spießig", "ruhig", "miefig" oder "rußig"].
③ findet das Lied super. ⑥ mag den Elektrobeat voll gerne, ④ stimmt zu - ist einfach mal was anderes.
Gruppenimpression: Sehr sehr gut. Wird wahrscheinlich immer besser, wenn man es öfter hört.
05. Du und Ich (feat. Eva Schneidereit)
Text bisher am Besten und Überraschendsten. Wir haben alle daran gedacht, wie es mit ④ so ist. Der Opern-Style gegen Ende wird auch sehr abgefeiert. Aber was wir uns alle fragen: wie findet ④ es?
④: Starker Text, die Umsetzung schwächelt aber hier und da. Der weibliche Part und die Klimax am Ende werten das Lied auf. Insgesamt ein gutes Lied, aber kein Stimmungskracher (Nachtrag: erst ab 0.8 Promille).
06. Du hasst die Menschen einfach gern
④ gefällt der Refrain, er spricht von "catchy". ⓶ erinnert sich an die Förderschule, man müsse die Menschen eben einfach gerne hassen. ⑤ und ⑥ finden das Lied eher schwach, ⑤ ergänzt, dass Dr. Martin Haseland am Ende wieder einiges gerettet habe.
07. Die dicksten Eier der Welt
① meint, das sei ein guter Duschpartysong. ① und ⑤ haben Anleihen an Juliane Werding heraus gehört, außerdem irgendwas Bekanntes, das sie nicht benennen können.
⑥ findet das Lied zu melancholisch und kann es sich eher für den Schluss der Konzerte vorstellen. ④ ist auch nicht so überzeugt.
08. Die faule Sau
⑤: geil geil geil.
irgendwer: FEEEERIEN
⓶ findet es authentisch.
Gruppenresümee: Einmal witzig, aber nach der Pointe kommt nichts mehr.
09. Nur mit ihr allein
⑥ kann sich vorstellen, dass das Lied nach dem Konzert noch lange mitgesungen wird. ① fühlt sich inhaltlich nicht angesprochen und findet das Lied eher schwach. ④ meint, es könnte ein Grower werden und brauche noch ein paar Durchläufe.
10. Viva La Evolution
④ begeistert sich für die starke Thematik, findet aber die Umsetzung eher schwach. ① hält es gar für das bisher schwächste Lied.
Gruppenmeinung: Der Song reiht sich ein in die Anti-Lieder. Allgemein finden sich viele misanthropische Songs auf dem Album. Nachtrag: Zeigt sich hier, dass Christian Steiffen, wie bei den letzten Konzerten bereits vermutet, mittlerweile von seinem eigenen Publikum angenervt ist?
11. Wunderbar
Das war's und es war toll. Ein schöner Rausschmeißer, da ist sich die Gruppe einig. Als letzter Song eindeutig hittiger als "Desiderata".
Gesamtfazit: ALLE Songs sind Grower. Kein zweites "Arbeiter der Liebe", einige neue Elemente, die zeigen, dass neue Einflüsse kein Rückschritt sind. Unsere Releaseparty währte noch einige weitere Stunden mit vielen weiteren Durchläufen, wobei sich "Du und ich" als Favorit herauskristallisierte - außer bei ④.
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