Das selbstbetitelte INVSN-Album gehörte ja zu meinen favorisierten Alben des Jahres 2014 (siehe
Jahresrückblick). Warum dann ne Rezi erst jetzt kommt? Anderthalb Jahre nach Release? Tja, wie das halt so ist. Ich bespreche ungerne Alben, die mir gefallen. Erstens macht das Rumhacken auf schlechten Bands viel zu sehr Spaß (harharhar), zweitens kann einen die zu intensive Beschäftigung damit einem das Objekt der Begierde dann doch irgendwann madig machen, und drittens, ach, ich bespreche einfach ganz allgemein ungern Konservenmusik. Daher bin ich ja froh, wenn die anderen Bierschinken-Redakteure das größtenteils übernehmen. Wie eigentlich auch das INVSN-Album, aber der ursprünglich dafür eingesetzte Rezensent zog es vor, stattdessen ne Familie zu gründen und daraus resultierend weniger Zeit für sowas Profanes wie Bierschinken zu haben. Ich weiß nicht, ob das INVSN-Album jetzt unmittelbar mitverantwortlich für die Entscheidung war, ne Familie zu gründen, dazu kenne ich die Vorlieben des Papas (und der Mama) zu wenig, aber ich glaube ich muss euch enttäuschen, das Kind war schon im Anflug, als die INVSN-Platte gerade zum vermutlich dritten Mastering-Termin geschickt wurde.
Kommen wir zum Kasus Knacktus. INVSN ist eine der Bands von Dennis Lyxzén, auf dessen Namen in Klammern immer irgendein Namedropping mit Refused folgt. Die sind ja mittlerweile mal wieder reuniert, weswegen Dennis vermutlich erstmal die INVSN-Aktivitäten runter geschraubt hat, was schade ist, aber bei dem weiß man ja eh nie, was er als Nächstes so vor hat. Vielleicht überrascht er ja auch mal mit ner Rumba-Soul-Kapelle.
INVSN hießen mal Invasionen und brachten auf ihren ersten beiden Alben wunderschöne düstere Indie-Folk-Postpunk-Pop-Nummern unters Volk, damals noch in schwedischer Sprache. Da das namensgebende Wort anscheinend in anderen Sprachen zumindest ähnliche Konsonanten aufweist, wurden im Zuge der Internationalisierung einige Vokale entfernt, so dass sich zukünftig jeder aus den verbliebenen Buchstaben seine persönliche Aussprache für den Bandnamen überlegen kann.
Puh, jede Menge Vorgeplänkel. Ich hab noch was. Das Album vereint Musiker von Bands wie Lost Patrol Band, The (International) Noise Conspiracy, Masshysteri, The Vicious und mehr, ist also nicht einfach "nur" Dennis.
Und die vielfachen Einflüsse hört man auch. Sehr stimmige Sache, herrliche Songs voller Größe und Eleganz, ruhige aber trotzdem bewegende Nummern, die mit ihren vielschichtigen Elementen und Melodien auch nach dem dreißigsten Hördurchgang noch spannend sind. Ich hab das Album jetzt ein paar Monate nicht mehr gehört, grad wieder angemacht und bin direkt drin, das sind so zeitlos schöne Songs, ein Traum. Aber man muss sich drauf einlassen. Ich hab's gemacht und nicht bereut. Und live war die Band ein Traum.
Man müsste jetzt wahrscheinlich ein paar Highlights benennen, auf Textzeilen eingehen, die musikalische Umsetzung und das Arrangement loben, aber das sind all so Sachen, die ich bei einem "Lieblings"-Album nicht machen will. Wenn ich einen Menschen kennen lernen will, lege ich ihn ja auch nicht auf den OP-Tisch, seziere ihn und wiege seine Organe. Also lasse ich das bei etwas so Lebendigem wie diesem Album auch mal sein.
Fazit: Tolles Werk.