Neuestes und 5. Werk von Kommando Sonne-nmilch, dem aktuellen Projekt von Jens Rachut (Oma Hans, Dackelblut, Angeschissen etc.). Es gab ne kleine Umbesetzung (Alex Tsitsigias von
Schrottgrenze ersetzt Ex-Slime Stephan Mahler am Schlagzeug), ansonsten gewohnt Rachut'scher Output. Oder? Rein musikalisch gibt es gar eine Rückbesinnung. Waren die letzten Scheiben "Jamaica" und "Scheisse nicht schon wieder Bernstein" am ehesten dem Punkrock zuzuordnen, geht es hier deutlich experimenteller zu, wie damals bei "Der Specht baut keine Häuser mehr" hat man nun wirklich Probleme, überhaupt eine Schublade für dieses Sammelsurium an kranken Ergüssen zu finden.
Aber es ging bei den Rachut-Bands eh schon immer mehr um die Texte, die Musik dient eher dazu, das Ganze in ein künstlerisches Gewand zu packen und den Hörer nur noch mehr zu verstören. Mir liegt hier leider nur ne Promo-CD ohne Textblatt vor, was es noch etwas schwerer macht, in diesen Albtraum aus verzerrten Gehirnwindungen einzutauchen. Und doch wirken die Lieder von Mal zu Mal mehr.
Ein entscheidender Part der Band ist auch Sängerin/Schauspielerin Yvon Jansen, die in mehreren Refrains zu Worte kommt und den dub-lastigen Opener "Grunz Rauch" sogar komplett übernimmt. Hauptgesang aber wie gewohnt von Jens Rachut, meist Sprechgesang, teils wird geschrien und dann wieder anklagend gesungen. Der Punkrock-Grundcocktail wurde versehen mit verschiedenen Versatzstücken aus Reggae, Blues oder auch Country - und eckt dabei ordentlich an. Das Experimentelle in der Musik wirkt beim ersten Hören ebenso fehl am Platze wie die kryptisch-verwirrten Texte - aber es lässt einen einfach nicht los.
Insgesamt viel Weltuntergangsstimmung und Paranoia, aber auch sehr konkrete Themen wie pädophile Pfarrer ("Galgenbauer") und Trauer um Verstorbene ("Was ist Leben") werden angesprochen. Man merkt, dass hier einiges mehr dahinter steckt, als man überhaupt fassen kann. Das übliche Spiel mit dem Interpretationsspielraum, Jens Rachut ist ein Meister darin. Und diese Platte ist mal wieder Rachut wie er leibt und lebt, so leid es mir auch tut die Band nur auf eine Person zu reduzieren. Wer mit seinen vorherigen Sachen was anfangen konnte, darf auch hier zugreifen. Für alle anderen wird es wohl die verstörende Nischen-Platte bleiben, die man sich nicht mal traut anzufassen - der Wahnsinn könnte ja übergreifen. Hähähähä.