Mit dieser Platte stimmt etwas nicht. Und zwar ist das so: Bei einem besonders guten Album passiert bei mir in der Regel Folgendes: erst finde ich es irgendwie gut und will es nochmal hören, dann finde ich es schon tatsächlich gut und muss es ein drittes Mal hören, um das Gefühl zu verifizieren, und spätestens beim fünften Mal habe ich das Gefühl, noch nie was Besseres gehört zu haben. War bei Captain Planet bisher immer so. Fragt sich nur, warum zum Teufel "Ein Ende" in Phase eins stecken bleibt. Ich bin bestimmt schon bei Durchlauf fünfzehn, aber das Ding will einfach nicht. Alle Vorgängeralben, angefangen von der wunderbaren Debüt-7", die immer noch einer meiner absoluten Emo-Punk-Lieblinge ist, bis zum 2012er-Meisterwerk "Treibeis", das die Band härter und düsterer als je zuvor zeigte, schafften es bei mir spielend in den Status eines Evergreens, aber "Ein Ende" will einfach nicht. Woran liegt's?
Schauen wir uns mal die Texte an: Ich kann weder mit Tiermetaphern noch mit so Phrasen wie "in dieser (Adjektiv) Stadt" etwas anfangen, auch mit den Themen Häuserbau und Beziehungen habe ich (leider? Hmm...) so mal gar keine Verträge, und so manches Lied wirkt auf mich einfach wie aus dem Emo-Punk-Lyrik-Generator ausgespuckt. Dass es in den Liedern um Familiengründung, sesshaft werden und so weiter geht, meine ich aber erkennen zu können, und die Lieder, die sich mit dem Scheitern dessen befassen, berühren mich natürlich schon ("St. Peter", "Fenster im Fenster"). Trotzdem - das ganz große Gefühl will sich nicht einstellen; vielleicht auch deshalb, weil alles klingt wie schonmal gehört, es gibt keine Überraschungen, keine Neuerungen, keine Experimente, die Riffs, die Rhythmen, der Gesang, alles so wie immer. Das wird so manchen freuen, keine Frage, aber vergleichen wir Captain Planet doch mal mit einer anderen großen Band mit ähnlich langer Geschichte, Turbostaat nämlich, dann wird deutlich, dass man sich auch auf andere Art und Weise treu bleiben kann, nämlich z.B. mit musikalischer Veränderung, durchaus politischer Wut und ehrlicher Empörung über den Zustand der Welt, in der man lebt. Worum geht es bei Captain Planet? Darum, erwachsen zu werden, was bedeute, "sich neuen Aufgaben auf seine eigene Art zu stellen", verrät mir der Infozettel des Labels, und gemeint ist damit eben das bürgerliche Leben im gentrifizierten Kiez mit Kind und Kegel. Ist auch anstrengend, sicherlich, aber, mal ehrlich, auch ganz schön belanglos. Die Kapitulation vor der Politik beschreibt Arne dann folgerichtig in "Tulpenfarm", in dem er - glaube ich! - beklagt, dass alles halt so ist wie es ist, obwohl er doch jahrelang "zwischen den Zeilen die Zwiebeln ausgepflanzt" hat. Wenn man in Familie macht, kann man die Zwiebeln dann halt schön zusammen mit den Kindern pflanzen und sich gemeinsam an den Tulpen erfreuen, nicht wahr? Scheiße, würde ich auch gerne! Na ja. Die Absage an alles, was darüber hinaus geht, so fürchte ich, kommt dann in "Vom Ende an", bezeichnenderweise die erste Single des Albums: "Zu schwach - zu wenig / Alles viel zu sehr gewollt / Das hier ist ein Ende", und wenn dem so ist, dann ist es ja kein Wunder, dass mir das Album so wenig gibt: Es liegt, wie so oft halt, an mir.
P.S.: Zur Besprechung der Deluxe Edition mit Bonus-7" und Live-CD geht's hier!