Systemo:
Läuft
Uh, eine neue Platte von Abbruch Records. Systemo sind mir durchaus schon ein Begriff und ich überlege gerade ernsthaft, warum mir deren Musik eigentlich so gut gefällt. Schließlich ist das hier ganz klar Funpunk, der sich häufig Themen widmet wie dem Partymachen, Biertrinken und privaten Problemen. Musik also, die ich eigentlich zutiefst hassen müsste.
Eine Möglichkeit ist, dass mich die Band stark an Wam! erinnert. Eine kleine Punkband aus Unna, die es jetzt schon seit ein paar Jahren nicht mehr gibt und mit denen ich damals mit meiner ersten Band öfters mal gespielt habe und viele schöne Erinnerungen verbinde.
Aber da muss doch auch noch mehr sein. Ein Pluspunkt wäre da, dass die Band auch durchaus ernstere Themen anschneidet, wie, dass Liebe immer frei sein sollte und keine (Geschlechts-)Grenzen kennt, wie im Lied "Amor (ist ein Anarchist)". "Google weiß Bescheid" ist ebenfalls so ein Titel, der die aktuelle Generation Facebook anspricht. Gut finde ich auch den Song "Bube, Dame, Arsch", wo es um eine komplizierte Dreiecksbeziehung geht, wie ich sie tatsächlich auch schon exakt genau wie im Song beschrieben, erleben durfte.
Sprachlich läuft das auch auf einem Niveau, welches ich für eine Punkband im Jahre 2016 wirklich angemessen finde: "Mach dich nackt im Netz. Google fickt dich ohne Gummi".
Musikalisch gefällt mir das tatsächlich auch, da sich im Gegensatz zu beispielsweise Abbruch die Experimente in Grenzen halten und man doch bei straighten Proberaum-Punkrock bleibt. "Niemals wieder II" ist gar nur ein paar Sekunden lang. Geil! Ska-Akkorde gibt es auch nur sehr selten zu hören ("Börnie"). Die angenehm kaputte Stimme des Sängers erzeugt bei mir darüber hinaus auch den Eindruck, dass das Album wirklich gut runter geht.
Mir gefällt das Album, weil mich die Texte persönlich ansprechen und ich mit der Musik einiges verbinde. Das wird dem Leser dieser Rezension vielleicht nicht wirklich weiterbringen, aber geht es bei Musik nicht immer nur um subjektive Gefühle und ist jede Objektivität seitens der Rezensenten nicht einfach nur eine mehr oder weniger gut gespielte Lüge?
Fazit: Ein Album wie für die 90er Jahre-Generation geschaffen. Wir sind so frei und doch so gleich. Google braucht 0,23 Sekunden um mir 8.900.000 Treffer für das Wort "Scheiße" zu präsentieren, die Leute lassen ihren Freund oder ihre Freundin für Pokemon Go sitzen und Systemo spielen mit "Läuft" den Soundtrack dazu.
Anspieltipps: Bube, Dame, Arsch, Google weiß Bescheid