Kick Joneses:
Unexpected Gift
Immer schön, wenn plötzlich ein unerwartetes Geschenk im heimischen Briefkasten liegt. Und dieses musikalische Präsent hat es in sich, kommt es doch ganze sieben Jahren nach dem letzten Album als Doppel-LP mit 20 Songs daher. Treffenderweise heißt das neue Album der Band KICK JONESES dann auch „Unexpected Gift“.
Seit 1991 sind KICK JONESES aktiv. Vorausgegangen war die Kaiserslauterer Kult-Kapelle WALTER ELF, die dieses Jahr wieder ein paar Konzerte spielt. KICK JONESES setzen - anders als die Vorgängerband mit dem Namen der deutschen Fußballnationalmannschaft von `54 - auf englische Texte und veröffentlichten vier Langspielplatten und mehrere (Split-)Singles. „Unexpected Gift“ ist also das fünfte Album der heute in Deutschland verstreut lebenden Rheinland-Pfälzer.
Oft überkommt einem bei Doppel-Alben das Gefühl, dass viele Songs Lückenfüller sind und es bei der Produktion eines normalen Langspielers nicht auf die Titelliste geschafft hätten. „Unexpected Gift“ ist dieser Vorwurf nicht zu machen. Vielmehr klingt es wie ein Mixtape, da sich verschiedene Musikstile abwechseln. Zwar ist der gewohnte Pop-Power-Punk der KICK JONESES immer zu hören, trotzdem unterscheiden sich die Songs stark voneinander. Nummern wie „Give you up Girl“ und “No Time 4 You” klingen angenehm nach den BEACH BOYS auf Speed, bei “Battered and Bruised” kommt eine wunderbar eingesetzte Trompete zum Einsatz, die gerne öfters hervorgeholt werden könnte. “Motor Mouth” und „Stuff Up the Cracks“ gehen den rockigen Weg, während „How Low Can a Drunk Get?“ und „(You Make Me) Wasting My Time” auch prima auf die Playlist der nächsten Indie-Party passen würden. Bei „Lilly of the Valley” wird es dann sogar folkig. “Bring mich schnell nach Hause” ist der einzige deutschsprachige Song.
Deutsche Texte stehen den KICK JONESES, wie sie schon auf dem Vorgängeralbum „True Freaks Union“ gezeigt haben, ganz gut! Aber auch die englischsprachigen Liedtexte der Band sind nicht peinlich (das pubertäre „1 – 2 – 3 Times Better Than You“ mal ausgenommen), passen zur Musik und erzählen Geschichten von der Jugend, dem Elternsein, Beziehungen, Joe Strummer und Klingeltönen.
Die große Stärke von „Unexpected Gift“ wie ein Mixtape zu klingen, ist gleichzeitig auch die größte Schwäche, denn die ruhigeren Songs wie „50 Bucks Trailer oder „Ship In Heavy Water“, der balladenhafte Titelsong „Unexpected Gift“ sowie die offensichtliche Verneigung vor David Bowie „Hail of Blows“ wissen mich nicht zu begeistern.
Der absolute Hit der Platte ist der Opener „Haven´t Got Nothing to Do“. Da stimmt einfach alles! Tolles Opening mit Orgel, schrammelnde Gitarren, Power-Pop vom Feinsten, tickendes Schlagzeug, abwechslungsreicher, zweistimmiger Gesang und ein toller Text („So I roll out of bed, and what makes me sad is the state that my kitchen is in“).
„Unexpected Gift“ ist ein musikalisch sehr vielseitiges Doppel-Album. Tatsächlich hätten die KICK JONESES auch zwei Platten veröffentlichen können: Eine mit Songs, die ich mag und die andere mit denen, die ich nicht mag (für andere Hörer_innen würde es sich wahrscheinlich gegenteilig verhalten), denn: Auf jeden Song, der nicht zusagt, folgt einer, der mich wieder auf die Tanzfläche rennen und die Beine schwingen lässt. Generell sind die Konzerte von KICK JONESES sehr zu empfehlen! Dieses Live-Erlebnis wird sich auch mit dieser Veröffentlichung nicht grundlegend verändern. Ansonsten ist auch das Artwork der Platte schlicht und schön und die Produktion lässt keine Wünsche offen. Solche unerwarteten Geschenke bekommt man gerne!