Pinguin Flugschau:
Äquator
Vorab: Ich liebe Pinguine! Ganz gleich ob die großen und leicht deppert aussehenden Kaiserpinguine, die forschen und lauten Eselspinguine oder die putzigen und in Neuseeland beheimateten Zwergpinguine: Seit Kindheitstagen sind die watschelnden Frackträger meine Lieblingstiere.
Flugschauen hingegen mag ich nicht.
Mal sehen, wie sich eine Kapelle, die Pinguin und Flugschau im Namen vereint, in diesem Review schlägt.
„Äquator“ heißt das Debüt von PINGUIN FLUGSCHAU. Die Band, die verbotenerweise aus Düsseldorfern und Kölnern besteht, macht deutschsprachigen Punkrock und liefert auf ihrer ersten Veröffentlichung vier Lieder ab. Als ich den Song „Jonathan Ahab“ das erste Mal zufällig im Hintergrund hörte, dachte ich kurz, ich hätte es mit einem mir unbekannten Lied von WIZO zu tun. Dieser Vergleich greift aber viel zu kurz, unterscheiden sich die präsentierten Songs doch sowohl inhaltlich als auch textlich und gesanglich stark voneinander. Und wer aufgrund des lustigen Namens auf reinen Fun-Punk schließt, liegt auch daneben.
Der Opener „In einem unbekannten Land vor gar nicht allzu langer Zeit“ kommt ernst daher. Es geht um Flucht und ihre Konsequenzen. Untermalt von wuchtigen Gitarren erinnert der Song an Polit-Punk der alten Schule. Begleitet von Chören und einer einprägsamen Gitarrenmelodie ist „Hotel zur Sonne“ poppiger und fröhlicher. Es wird ein Klassentreffen beschrieben. Oder ist es doch ein Konzert einer x-beliebigen Subkultur mit Irokesen-Schnitten und Dosenbier? Dabei findet sich eine textliche Anspielung zu den EAGLES sowohl im Titel als auch im Text - und ist da nicht sogar ein Macbeth-Zitat versteckt? PINGUIN FLUGSCHAU outen sich doch nicht etwa als Bildungsbürger-Punks?! Der Verdacht des Bildungsbürgertums erhärtet sich im nächsten Lied: „Jonathan Ahab“, zackigster Track der Platte, verwurstet Mellville`s „Moby Dick“ mit dem Buch Jona. Wer sich Fun-Punk gewünscht hat, wird schließlich bei „Zahnfleisch vegan“ doch fündig. Der Song wird eröffnet mit einem Zitat aus der Hörbuch-Version des Kinderbuch-Klassikers „Karies und Baktus“, klanglich klopfen PASCOW an die Tür, textlich gibt´s guten Nonsens.
PINGUIN FLUGSCHAU ist mit „Äquator“ ein abwechslungsreiches Debüt gelungen, dass sowohl in ernsten als auch in lustigen Momenten zu überzeugen vermag. Aufnahme und Produktion hat die Band selbst in die Hand genommen – beides durchaus geglückt. „Äquator“ wird bei bandcamp und soundcloud zum freien Download angeboten, kann auf youtube gestreamt werden und ist bei den Musikern als CD-R zu erwerben. Wer deutschsprachigen Punkrock zugewandt ist, sollte ein Öhrchen riskieren.
Übrigens: Wusstet ihr, dass Kaiserpinguine einem Flugzeug, welches vom Horizont aus nach oben über ihre Köpfe hinweg fliegt, solange nachschauen, bis sie alle kollektiv und stumpf auf den Rücken fallen?