Fljora:
fljora
Wer glaubt, dass eine Band nur druckvoll sein kann, wenn sie zeitgleich die ganze Instrumenten-Palette der Rockmusik um Solo-Gitarre, Rhythmus-Gitarre, Bass, Schlagzeug sowie Gesang bedient, sollte spätestens durch DŸSE, BLOOD RED SHOES oder auch den WHITE STRIPES eines Besseren belehrt worden sein. Auch die Band FLJORA besteht aus zwei Mitgliedern. Die kommen aus Bremen und Frankfurt am Main und legen hier ein selbstbetiteltes und überraschendes Debüt vor.
Schon der erste Song „wir könnten etwas bewegen“ hat es in sich. Er eignet sich hervorragend, um den Abwechslungsreichtum innerhalb der Lieder zu beschreiben: Zu einem langsamen und melancholischen Gitarrensolo gesellen sich die zarten und hohen Töne eines Xylophons, bis das Schlagzeug einen flotten Marsch spielt und die Instrumente schließlich dazu bringt, auszubrechen, Tempowechsel zu vollziehen und Krach machen. Das letzte Drittel des Liedes wird mit zweistimmigem (Sprech-)Gesang ergänzt („Und wir drehen uns nur im Kreis / und bleiben an Ort und Stelle“) und durch den disharmonischen Einsatz einer Gitarre plötzlich abgewürgt. Dass dieser Trip ganze siebeneinhalb Minuten dauert, fällt nicht weiter auf, so viel passiert in einem Lied.
Doch auch die Varianz zwischen den Liedern ist gegeben, kommt „dann bleiben wir nicht allein“ doch mit Klavier, Drumcomputer und Samples um die Ecke, während „zurückgezogen, verbleiben wir unter uns“ einem fiebrigen Traum gleicht, „die dann doch wieder scheitern“ eher eine Geräuschkulisse als ein Song ist und FLJORA mit „und drehen uns doch nur im kreis“ die Platte ruhig und fast hypnotisch beenden.
Die Songtitel hintereinander gelesen ergeben einen Satz. Gewitzte Idee, wirkt aber leicht bemüht und riecht nach Deutsch-Leistungskurs. Glücklicherweise sind die Texte der Lieder meist einfallsreicher. Besonders gefällt mir der zweisprachige Gesang, der bei manchen Stücken von FLJORA zum Einsatz kommt. Trotz gegensätzlicher Gesangsstile (der eine krächzt und schreit, der andere spricht und nuschelt manchmal) harmonieren die ganz gut miteinander. Wer sich davon überzeugen lassen will, kann die Scheibe kostenfrei bei Bandcamp herunterladen. Es sei auch erwähnt, dass eines der Bandmitglieder ein mittlerweile beendetes Solo-Klavier-Projekt unter seinem Namen HAUKE HENKEL hatte. Auch da lohnt es sich, reinzuhören.
Das Debüt von FLJORA ist eine anstrengende, abwechslungsreiche und ambitionierte Achterbahnfahrt. All diese A-Wörter können, je nach Vorliebe, sowohl positiv als auch negativ ausgelegt werden. Live könnten die Lieder jedenfalls ein echtes Erlebnis sein - aber das Debütalbum ist gleichzeitig das Abschiedsalbum.