Schrottgrenze:
Glitzer auf Beton
Da schreibt mir der Bastian vom INTRO-Magazin letztens im Chat, er wolle dann bald meine SCHROTTGRENZE-Rezension für den Bierschinken lesen. Ihn interessiere es nämlich wie es klingt, wenn ich auch mal was Nettes zu sagen hätte. Ja bin ich denn hier der Schwaben-Motzki aus Bad Cannstatt oder was? Oft feiere ich hier irgendwas ab, nur will das wohl niemand lesen.
Nunja. Ich sag’s mal so: Das neue Album “Glitzer auf Beton” von SCHROTTGRENZE ist großartig und ich bin der Band dankbar dafür, dass ich schon so früh im Jahr einen Soundtrack bekommen habe, der mich sicherlich konstant in nächster Zeit begleiten wird. SCHROTTGRENZE, das ist so eine Band, die hatte zu Beginn der frühen Neunziger eine schrecklich alberne Teenie-Funpunk-Phase (Scumfuck Mucke, haha lol), dann kam irgendwann das Album “Super” (Impact Records, mein Gott). Bei jeder Gelegenheit und bei jedem Gespräch wo es nur im Entferntesten um deutschen Punkrock geht, labere ich die Leute zu, wie geil ich “Super” immer noch finde und dass es wohl die von mir am meisten gehörte deutschsprachige Veröffentlichung überhaupt ist. Danach kam dann noch die halb-prollige Compilation “Reibung, Baby”, danach hatten sie mich ein bisschen verloren und Ende der 2000er lösten sie sich dann auf. Ich erinnere mich noch an ein Konzert im alten Stuttgarter Universum, wo sie nur Songs der letzten beiden Alben spielten. Das kotzt mich heute noch voll an. Jetzt gibt es sie wieder und “Glitzer auf Beton”, ich hatte das gar nicht so erwartet, ist von Vorne bis Hinten ein toll geschriebenes, poppiges Punkalbum mit Indie-Anstrich. Alles geht nach vorne und obwohl ich alle Melodien schon kenne, erwischen sie mich genau am richtigen Fleck. Merkmale wie die lupenreine Stimme, eingestreute englische Sätzchen, durchgeschlagene Bassläufe, das holt mich alles ab (Ich traue mich, das völlig ironiefrei genau so zu formulieren). So unplakative Texte zu Themen wie Depression und Liebe hört man selten, wie ich finde. Da wird nicht parolenhaft auf den Feind gezeigt und kämpferisch die Faust gehoben, sondern einfach erzählt. Positionierung ohne den Hörer_innen die Haltung ins Gesicht zu dreschen. Das ist völlig unpeinlich und angenehm.
Gibt es Highlights oder sind alle Songs gleich geil? Also “Sterne” ist natürlich ein großer Song – Okaye Strophe, super Refrain. “Januar Boy” hat eine starke Strophe, eine sehr gute Bridge und der Refrain ist okay, vom Songwriting her auf jeden Fall ein Lied, das ich auch so schreiben würde wenn ich es könnte. “Lashes to Lashes” hat eine fast schon alberne Strophenmelodie, dafür aber den losbrechendsten und stärksten Refrain der Glitzerscheibe. Hervorzuheben sei da noch “Dulsberg”, ein fröhliches Werk mit einem Text voller Tristesse. Die Grundstimmung bleibt bis zum Schluss. Ich sag mal: Urbane Mitt-30er-Melancholie, umgeben von nicht zu viel Alkohol aber vielen starken Gedanken, die einen nicht in Ruhe lassen.
Und so zieht sich das Stück für Stück durch’s Album, bis mein Ipod den ganzen Scheiß wieder von Vorne abspielt. Wann habe ich diese Funktion eigentlich das letzte Mal benutzt? Vielleicht bei “Super”.