Affenmesserkampf:
Clowns in Wut - Ein deutsches Herz hat aufgehört zu schlagen IV
In einer verlassenen Halle stehen fünf Affen im Kreis und blicken hektisch von einem Affenaugenpaar zum anderen. Sie tragen kurze Hosen und Schnurrbärte. Ihre schlaksigen Affenarme und Affenbeine sind tätowiert. Schlechte Graffiti schmücken die Betonwände der Halle. Es riecht nach Pisse und Bier. Scherben bedecken den Boden und dreckiges Wasser tropft von der Decke. Nervös wippen die haarigen Gesellen von einem Affenbein auf das andere. In ihren kleinen Affenhändchen halten sie obszön große Küchenmesser. Der Geifer läuft ihnen aus den zuckenden Affenmündern. Dann, wie auf ein geheimes Zeichen, werden sie ganz ruhig, stehen ganz still. Die Affenaugen verengen sich zu Schlitzen, der Affenatem pausiert. Kein Mucks ist mehr zu hören.
Schließlich gehen sie mit wildem Affengeschrei aufeinander los und bearbeiten sich gegenseitig mit ihren Affenmessern, Affenfäusten und Affenzähnen. Der Affenmesserkampf - wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht.
Wollte ich schon immer Mal schreiben.
Passt aber auch die die Faust aufs Auge bei der Kieler Kapelle AFFENMESSERKAMPF. Die legen mit „Clowns in Wut – Ein deutsches Herz hat aufgehört zu schlagen IV“ ihren dritten Longplayer vor. Ich hatte schon befürchtet, dass der nicht mehr kommt, weil Sänger Hannes mit dem Szeneliebling DIE BULLEN auf einigen Bühnen den Schlagstock schwang. Da ich mit der Konzept-Kombo in Uniform nie warm geworden bin, ist es umso schöner, dass jetzt neue Lieder von AMK aus den Boxen dröhnen. Musikalisch knüpft das Album nahtlos an die Vorgänger „Seine Freunde kann man sich nicht aussuchen“ und „Doch“ an: Amerikanischer Hardcore der 80er, wütend und schnell. Diesmal knüppelt sich die Band vielleicht noch eine Schippe kompromissloser nach vorne. Die Arbeit an den Klampfen gefällt mir dabei besonders gut – irgendwie variantenreicher als zuvor. Bei „Hauptsache Offroad“ gibt’s sogar Offbeat. Textlich geht es gewohnt angepisst zur Sache, etwas ernster als auf den Vorgängern. Hauptmotor ist der bitterböse Zynismus, der aber stets mit dem nötigen Augenzwinkern serviert wird. Dazu eine Prise Größenwahn und fertig ist der Song. So sticht das Affenmesser wild um sich und trifft sie alle: Ob Werbetreibende der Bundeswehr, Zuschauer von Reality Shows und Camp-David-Hemden-Träger im Speziellen oder Rassisten, Spießbürger und Menschen, die gegen alles sind, im Allgemeinen. Die rotzigen Texte, aggressiv und mit leichtem Kieler Schnack vorgetragen, verpassen ihnen allen tiefe Wunden – und machen auch nicht vor AFFENMESSERKAMPF selbst halt. Die Clowns in Wut sind also die fünf Musiker themselves, die gegen die wirklichen Clowns aufbegehren. Ein Quintett mit 10 Fäusten… oder so. Solch ein Roundhouse-Kick ist in Zeiten von Höcke, Trump und Bienensterben mehr als relevant – und macht aufgrund der kurzweiligen Knackigkeit und der dargebotenen Attitüde auch im zehnten Jahr des Bandbestehens wirklich Spaß. Oder wie Hannes im Opener „Affenmesserattitüde“ zusammenfasst:
„Was ist denn das für eine Band? / Die nehmen ja überhaupt Nichts ernst / (…) / Texte wie Äxte / Schlechtgestimmte Instrumente / Wie schlechte Argumente“
Auf CD ist das Album bereits zu haben, die Vinylversion verschiebt sich in den Mai. Deswegen muss aber niemand weinen: Auf der Bandcamp-Seite können sowohl die neue als auch die beiden anderen Langspielplatten für lau gestreamt werden. Machen – und dann trotzdem kaufen.
Die fünf Affen Torben, Mirko, Hauke, Leif und Hannes gehen nach dem erfolgten Affenmesserkampf wieder auseinander. Erschöpft und ausgemergelt, aber glücklich. Sie sind bedeckt von Schweiß, Blut und Tränen. Dann lecken sie gegenseitig ihre Wunden, putzen die Schnurbärte, nehmen sich an den Affenhänden und flanieren langsam gen Sonnenuntergang.