Wer von sich behauptet, auf Hardcore-Punk zu stehen und noch nichts von Raw Power gehört hat, sollte mal ganz gepflegt sowohl die Hatebreed- wie auch die Agnostic-Front-LP aus dem Player nehmen und sich stattdessen mal das neue Album "Inferno" der italienischen Hardcore-Veteranen geben. Der Begriff Veteranen passt ziemlich gut, haben Raw Power Anfang der 80er doch quasi die Szene in Italien ins Leben gerufen. Dabei wurden jetzt weit über 30 Jahre weder Gefangene gemacht noch Bandpausen eingelegt oder ein oder zwei Gänge runtergeschaltet. Live hat die Band sowieso noch alle Power in Stimme, an der Gitarre, am Bass und an den Drums, wie ich
kürzlich erst selbst erfahren durfte.
Das neue Album "Inferno" bietet nun richtig schön nach vorne gehenden Hardcore-Punk, der ohne Schnörkel und Klischees auskommt. Der Sound kommt dabei aufgrund der Gitarren und der fast schon gesprochenen Lyrics ein wenig metallisch rüber. Das ist schon extrem gut gemacht, wie die Band auf 13 wirklich kurzen Tracks ordentlich rohe Kraft auf die Ohren gibt, ohne gezwungen tough rüberzukommen.
Außerdem gibt es immer mal wieder den Einsatz von Kuhglocken, das kommt immer gut!
Schauspielern muss man die Emotionen auch nicht, wenn es direkt auf dem ersten Song heißt "Look The Other Way This is Italy all the way (/) Corruption, Corruption, Corruption, Corruption". Die politische Lyrics bewegen sich alle auf einem ähnlich einfachen, aber sehr effektiven Niveau, auch wenn es mir persönlich an einigen Stellen einfach ein wenig zu plakativ wird, wie zum Beispiel bei "I Lost My Patience", wo es dann heißt:
"Politicians I hate you all so much
Left, right and centre you're all to fuck
(...)
We've put you there in the first place
Bloodsucking Bastards in this scavenging race
Big shots or small change it doesn't matter
Once on that seat you will get rich and fatter"
Puh, sowas klingt dann schon ein wenig nach typischem Wir-Gegen-Die-Welt-Stammtisch und hätte von mir aus nicht sein müssen, ist aber auch schon der Gipfel der Plattitüde und die anderen Texte sind nicht so überzogen.
Fazit: Wer keine textliche Tiefe braucht und einfach nur schnörkellosen und klischeebefreiten Hardcore der ganz alten Schule hören möchte, der ist bei Raw Power richtig. Außerdem gehört mindestens eine Raw-Power-Platte eigentlich in jedes Regal.
Anspieltipps: You Don't Know Your Enemy, Mean Machine, The Jurassic Hounds