Als die Dresdner von Kaltfront vor kurzem in Göttingen spielten, konnte ich leider nicht vorbeischauen. Dafür liegt nun ihr neuer Tonträger vor mir. Die CD kommt als schön düstere Digi daher und die Vinyl soll am 22.06.17 erscheinen. Düstere Digi? Kaltfront? Wenn Es Dunkel Wird? Ja, hier gibt es keinen Fun-Punk zu hören. Geboten wird stattdessen schwerer, atmosphärischer, dunkler Deutschpunk mit weitaus mehr als drei Akkorden – die Band versteht ihr Handwerk, es geht tiefgängig und eher ruhig zu. Die Band selbst spricht von Wavepunk, und beim Hören kommen Bands wie EA80, Fliehende Stürme und Konsorten in den Sinn.

Die Band gründete sich 1986 noch zu DDR-Zeiten und löste sich kurz nach der Wende auf – bis zur Reunion 2005. Wie schon beim Vorgänger „Zwischen Allen Fronten“ von 2011 wurden für die aktuelle Platte sowohl neue Songs als auch Songs der ersten Bandphase (neu) eingespielt. Die DDR-Punk-Szene hatte es ja nicht unbedingt einfacher als die im Westen, was Bands aus diesem Kontext (samt ihren Texten und Biographien) für mich noch einen Tick interessanter macht – und gerade in der Endphase der DDR gründeten sich ja einige geile Bands.

Opener des Albums ist „N.O.T.“ aus dem Jahr 1990: Ein Lied über staatliche Kontrolle, verfasst aus einer persönlichen und ohnmächtigen Perspektive. Insgesamt vereint das Album ein breites Spektrum an Themen, beispielsweise Konsumkritik (Es Reicht Mir Nicht) und Überwachung (Alles Über Dich). Manche Texte lassen sich inhaltlich schnell erfassen, andere jedoch (z.B. 1958) haben sich mir leider bis heute nicht eröffnet. Gesang, Musik und die recht düsteren, lyrischen Texte ohne Plattitüden harmonieren bestens. So erzeugt das Album durchgehend eine beklemmende Stimmung, bricht diese aber im Outro mit einem Hauch jamaikanischer Klänge auf und lässt den Hörenden gedankenversunken zurück. Wunderbar!