Um neue Bands kennen zu lernen, sind Split-LPs einfach großartig! Die vorliegende Scheibe teilen sich die Leipziger Kapellen LINGUA NADA und PAAN.
LINGUA NADA spielen einen wilden, schwer zu beschreibenden Genre-Mix aus Indie, Mathrock und Shoegaze. Disco-Anleihen und jede Menge Noise machen das bunte Potpourri perfekt. So bestimmen sprunghafte Wechsel die Songs, die gelungen einen Rausch auf bewusstseinserweiternden Substanzen imitieren. Es quietscht und fiept aus allen Ecken. Teilweise hat man den Eindruck, hier würden zwei Platten zeitgleich laufen und ein Chamäleon wäre auf die Effektpedale gefallen. Und liegen geblieben. An anderen Stellen sind LINGUA NADA überraschend eingängig. Meistens dann, wenn der fast schon zarte Indie-Rock die Herrschaft übernimmt. Diese Strukturen werden aber jäh wieder eingerissen, um Platz für Verzerrung, Lärm und kruden Mischmasch zu machen. Die Produktion der Stücke scheint absichtlich übersteuert und überladen. Das ist spannend und anstrengend zugleich. Da passt es irgendwie auch, dass LINGUA NADA ihre Songtexte im Begleitblatt in Windings-Hieroglyphen schreiben. Wäre man gezwungen, ihre Musik in einem Satz zu beschreiben, könnte dieser lauten:
PAAN kommen mit ihrem Screamo konventioneller um die Ecke. Ein Eindruck, der gegenüber LINGUA NADA aber auch leichtfällt. Dabei loten PAAN die ausgetretenen Pfade ihres Musikstils bis zu den Grenzen aus. Wenn im Song „Großteig“ die Geschwindigkeit immer höher gedreht wird, die Gitarre dabei eine krude Melodie spielt, die vier Musiker abwechselnd Geschrei und den heiseren Sprechgesang übernehmen – und der Song dann doch hakenschlagend eine ganz andere Richtung nimmt, macht das großen Spaß. Vor allem in den ruhigeren Momenten erinnern die Stücke an Kapellen wie TOUCHE AMORE, wobei PAAN eher dem kontrollierten Chaos zugeneigt scheinen. Dazu Texte über den eigenen Platz in der Gesellschaft und Masseneuphorie. Wenn man dabei die Kölner Screamo-Heroen YAGE zitiert, hat man eigentlich alles richtiggemacht.
Bei diesem Stück Musik ist nicht nur die Platte split: Die Veröffentlichung teilen sich Lala Records und Kapitän Platte. Beide mit verschiedenen Covern und farbigen Vinyl. Wer sich mal wieder überraschen lassen und vor den Kopf stoßen will, kann hier getrost zuschlagen.