The Lillingtons:
Stella Sapiente
Die Lillingtons aus dem US-amerikanischen Newcastle, Wyoming waren mir bis dato nur durch ihre Band-Shirts und durch mein Internet-Radio bekannt, bei dem sie vereinzelt mal liefen. Abgespeichert hatte ich sie unter typischem Ramones-Punk mit Texten, die sich größtenteils mit B-Movie/Sience-Fiction Themen beschäftigten. Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch ein kurzes Lebenszeichen in Form einer 7-Inch auf Red Scare Industries, doch ihr letztes komplettes Studio-Album liegt jetzt auch schon über eine Dekade zurück. Für ihr aktuelles und sechstes Album wurden sie nun unter die Fittiche von Fat Wreck genommen.
Und siehe da: mit ihrem neuen Stoff haben sie es tatsächlich geschafft, sich in gewisser Weise neu zu erfinden und trotzdem ihrem bisher bewährten Konzept treu zu bleiben. Der Ramones-Core der letzten Alben, der immer sehr nach SCREECHING WEASEL (zu dessen Sänger Ben Weasel sie eine innige Beziehung verbindet) und THE QUEERS klang, ist stark zurückgeschraubt worden. Geblieben ist ein düsterer Mix aus Pop-Punk, bei dem immer wieder eine 80er Metal-Gitarre zur Hilfe genommen wird oder Songs komplett ins wavige abdriften (Night Visons, Cult of the Dragon) und dabei schon fast etwas nach DEVO klingen. Größtenteils bleibt der lebendige Pop-Punk der Vergangenheit aber das Grundgerüst, wie bei der starken ersten Single Insect Nightmares. Bei der auch die bereits erwähnte Metal-Gitarre gut zum tragen kommt, die sich aber fast bei jedem Track hoch kreischend in Szene setzt. Bei anderen Songs steht der dunkel wummernde Bass stark im Vordergrund (Zodiac, Villagers) während die Gitarre nur Akzente setzt, was die düstere Stimmmung nur noch verstärkt. Oft bewegen sich die Songs im Mid-Tempo Bereich, brechen aber aber zumal auch nach unten (Night Visions, Cult of Dragon) oder nach oben aus (They Live).
Passend zur Grusel-Musik sind auch wieder die Texte ausgefallen, die sich diesmal, wie schon an den Namen der Songs zu erkennen ist, um Geheim-Bünde, Astrologie und das Okkulte drehen. Gesanglich wirkt die Stimme von Sänger Kody Templeman leicht getuned und erinnert immer mal wieder an ALKALINE TRIO.
Beim letzten Song auf Stella Sapiente wird komplett auf Heavy-Metal gesetzt, der sich nur so durch meinen Gehörgang fräst und meine verbliebenen Haare zum Wehen bringt. Leider ebbt der Song wieder ab, bevor er sich zum Ende hin gerade richtig zur Dampfwalze aufbauen kann.
The LILLINGTONS liefern mit diesem Album vermutlich mit Hilfe satanischer Verse und Blutopfern vorbildlich ab und schaffen es wie ein modriger Guhl aus ihrer bereits ausgehobenen Gruft zu kriechen. Das liegt mitunter auch an der fetten und teils aufgeblasenen Produktion, bei der sich die Band laut Templeman wie ein B-Movie Director mit einem Budget eines Blockbusters austoben konnte. Auch durch den Schritt, ihren Sound zu verändern, zeigt die Band dass sie keine Lust mehr hat weiter zu machen wie bisher (wie zuletzt auf Death by Televison, bei dem sie sich erstmals komplett der Horror-Texte bedienten). Dieser Mut zur Veränderung kommt dem neuen Material deutlich zugute. Alles in allem ein in sich stimmiges Album, dem vom Titel über den Gesang bis hin zur musikalischen und textlichen Darbietung, eine gewisse Theatralik innewohnt. Ein Album, das bestimmt alte wie neue Fans begeistern wird! Hier sollte jeder, der auf gut gemachten Pop-Punk oder gar Horrorpunk steht, ein Ohr riskieren.