Pears/Direct Hit:
Human Movement
Pears und Direct Hit; das war wohl Liebe auf den ersten Blick, als man zum ersten Mal gemeinsam tourte und bereits damals mit dem Gedanken spielte, mal ein Album gemeinsam aufzunehmen. Jetzt – wir schreiben das Jahr 2017 – spielt Fat Mike mal wieder den guten Samariter, indem er das Ganze möglich macht und seinen lautesten und angepisstesten Kindern eine Split ermöglicht und da Fat Wreck großzügig sind, gibt es nicht nur eine handvoll Lieder, nein, bei Fat Wreck kommt schon heute der Nikolaus und beschert uns ein komplettes Zwölf-Song-Album. Bei diesem wahlweise als CD oder LP aufgetischten Gericht läuft so einem Gourmet wie mir doch gierig das Wasser im Mund zusammen.
Zum Glück weiß ich bereits nach den ersten paar Sekunden, die die Platte läuft, dass die Scheibe nicht wagt mich, zu enttäuschen. Wow, ich muss ja gestehen, dass ich Direct Hit immer so ein bisschen rechts liegen gelassen habe und sie immer so als typischen Fat-Wreck-Pop abgespeichert hatte. Da geschieht es mir nur Recht, dass sowohl beim Opener "You Got What You Asked For", bei "Nothing" und auch beim Pears-Cover "You're boring" Direct Hit erstmal mit so einer Wucht die scharfe Kante des Skateboards durch mein Hirn jagen und dann mit der stumpfen nachschlagen, dass ich mir nicht ganz sicher bin, ob das gerade wirklich passiert oder ich halluziniere. Ich muss noch mal hören. Tatsache! Was ein alles zerschmetternder Rundumschlag an tighten Prügelschlagzeug, breiten Gitarren und angepisstem Schreigesang!
Klar, die anderen von Direct Hit beigesteuerten Songs sind ein klein wenig softer und setzen mehr auf Chorus und ein bisschen Singalong, trotzdem gibt es auch hier gut Geschwindigkeit und Energie. Krass, wie mich das jetzt umgehauen hat und dabei war ich noch gar nicht bei den Pears.
Die starten ihren Teil mit "Hey There, Begonia". Hier dürfen dann natürlich auch sofort wieder die Stühle rausgeholt werden. Nicht zum Sitzen, sondern um damit alles kurz und klein zu schlagen. Dieser Song ist einfach ein absoluter Hit und für mich die Definition was Punkrock 2017 sein sollte: Gut abgemischt und mit weitem Anlauf direkt ganz tief in die Magengrube. Aber auch sonst, achtet einfach mal darauf, wie extrem versiert der Drummer von einem Part in den anderen geht und der Rest der Band mühelos mitspringt. Ich veranschauliche das mal: Würden wir uns durch den Raum bewegen in der gleichen Art in der Pears Musik machen, wären Wände keine Hindernisse mehr, Berge und Täler wären eben und über die A40 könnte man am Freitag Abend mit gut 200 Sachen ballern. Apropos ballern, das tut natürlich auch die zweite Hälfte dieser Split und das ordentlich. Explizit erwähnt sei hier unbedingt noch das energische "The World is Ending" mit dem herrlichen Masked-Intruder-Cameo von "Heart Shaped Guitar" und auch sonst herausstechendem Songwriting.
...Und jetzt entschuldigt mich, ich muss onanieren und weinen.
Fazit: Eine wahnsinnige Abrissparty, sowohl von Pears als auch von Direct Hit. Baby-Fats 4 Life!
Anspieltipps: You Got What You Asked For, Your're Boring, Nothing, Hey There, Begonia, The World Is Ending