Ernte 77:
Gebenedeit unter den Punkbands
Ein paar Tracks dieses Albums waren mir schon vorher bekannt, aber immer wenn ich diese auf Youtube laufen ließ, kamen im Anschluss durch die Autoplay-Funktion nur noch Videos von Landmaschinen. Die breite Masse hat Ernte 77 wohl noch nicht erreicht, vielleicht ändert sich das jetzt mit ihrem Debütalbum. Aber mal ganz von vorne.
Hier wird nicht das Rad, also der Punk, neu erfunden. Musikalisch ist das alles der gewohnte Uffta-Viervierteltakt, bisschen Fidelgitarre drüber, Bass- und Rhythmusgitarre, bla, fertig. Wie bei so vielen anderen deutschen Punkbands liegt der Fokus hier ganz klar auf den Texten, wobei die Art des gesanglichen Vortrags doch auch deutlich heraussticht. Hier singt auf jeden Fall derselbe Irre, der damals auf der legendären EP der „nackten Gölfer“ sein stattliches Organ präsentierte. Das muss man mögen, tu ich aber. Also wirklich, bisschen quietschig-nervig, dieser Gesang, aber hat was eigenes und ist eigentlich echt ganz cool.
Inhaltlich ist eine gewisse Nähe zu Kölner Urgesteinen des „Skurrilitäten des Alltags“-Punks (Knofa, Supernichts, etc) nicht zu verleugnen, allerdings fehlt in einigen Tracks (z.B. „Sportzigaretten“) die nötige Subtilität – derart flache Drogenverherrlichung findet man bei den großen Vorbildern (haltlose Unterstellung!) nicht. Eher ins Fahrwasser dieser Bands passen Texte wie „Scheiß Feuerwehr“ und „zweitbester Freund“, wohingegen „Zeit ist Holz“ und die von der Gölfer-CD bekannten Kracher die eigene Seite des Nonsenspunks dieser Band beleuchten. Mit „Headbangers oder Parkinson“ oder „Himalaja“ begibt man sich dann leider eher aufs Niveau der Geggen Gaggas - nach intensivem Hören muss ich leider feststellen, dass gerade die textlich schwächeren Titel furchtbares Ohrwurmpotenzial besitzen. Argh!
Die schlechteren Songs häufen sich in der Mitte der Scheibe (Track 11 bis 15), bevor in „Der Globetrottel“ so viele Ortsnamen aufgezählt werden, dass man sich an Claus Lüer erinnert fühlt, allerdings sind die Reime doch eher plump („hantiern mit Propan in Bhutan“). „Scheiß Feuerwehr“ (Alarm. Alarrrm.) und „Freiwilliges asoziales Jahr“ setzen dann aber noch späte Highlights, es folgt noch ein Gölfer-Klassiker und dann ist das letzte Lied wieder mittelmäßig, aber die Platte vorbei.
Fazit: Durchwachsen, aber mit Potenzial.