Trashgeflüster:
Deutschland versenken!
"Jung, dem Trunke ergeben, körperlich unfähig für jede Art von Musik! Ein Junkie, ein Alki und ein fast im Leben stehender Hippie erfinden Gabber neu!"
So steht es auf einem ihrer Aufkleber und mit dieser Beschreibung könnte ich nun auch meine Review wieder schließen, stimmt ihre Eigenwahrnehmung doch zumindest größtenteils.
Aber mal von vorne. Gegründet wurde dieses Knalltüten-Konglomerat ungefähr 2015 in Herne. Mitglieder: Kai Gitarre und Gesang. Typ immer redender, des Öfteren rappender Langzeitstudent mit Sid Vicious Attitüde und unwiderstehlichem Charme. Entweder richtig gut drauf oder richtig gut drüber. Dabei immer ein Meister der Provokation und der Worte, ich hab schon Zaungäste Schusswafen ziehen sehen.
Weiter gehts mit Niklas an den Drums, der angeblich zu verlottert ist um einen Platz bei irgendeiner Crustpunk-Band zu ergattern. Die stete Bierflasche am Hals verrät ihn als den angepriesenen Alki. Am Schlagzeug kein Geschwindigkeitenbrecher aber auch kein Stolperer.
Dann wäre da noch als letzter im Bunde Bassist Linus, bei dem ich jetzt nicht mehr genau weiß was für ein Problem er hat. Abgesehen davon dass er ein Hippie zu sein scheint. Dafür ist er wohl sehr zuverlässig, was durchaus praktisch ist, denn schließlich muss einer ja auch die Karre fahren wenn Kais Freundin Tina mal keine Zeit oder Lust hat.
Nachdem nun jahrelang die verhasste Republik betourt wurde, gibts nun ihren ersten physikalischen Tonträger. Es geht los mit Rothschild Youth, musikalisch klassischer Deutschpunk in mittelschnell. Da der Titel allein schon mit seinem Namen bei einigen Studenten-Punks und AZ-BetreiberInnen zu Schnappatmung geführt hat, liegt neben den abgedruckten Texten noch ein Flyer bei, bei dem allen Ironie- und Sarkasmus-Fremden der Text auf`s genauste erklärt wird. Auf der Außenseite versehen mit einem Bildchen von Bomber Harris und dem Pinkel-Teutonen aus Rostock. Lass ich einfach mal so stehen. Weiter gehts mit Rosa Luxemburg, würd mal sagen dem stärksten Song der Single. Hier kommt deutlich durch, warum an Sänger Kai ein Rapper verloren gegangen ist. Mit schwungvoll grooviger Gitarre und funkigem Bass im Rücken, flowt er hier wie selbstverständlich durch die drei Minuten und gibt sich dabei maximal radikal:
"Gegen den Staat. Gegen Homophobie. Gegen Sahra Wagenknecht Weil Antifascisti. Kein Bock zu leben, ohne mich zu wehren. Ich geh lieber drauf, war schon zu oft eingesperrt. ... Scheisz auf das System. Es muss sterben das System. Error. Roter X-Box-Kreisel. Einfach untergehn."
Von solchen Dingern wünsch ich mir von der Band, auf hoffentlich kommenden Platten noch mehr! In ihnen zeigt sich ihre Eigenständigkeit am meisten.
Auf Seite B, geht es getreu ihrem Motto "Love Deutschpunk, hate Deutschland" weiter mit Wind of Scheisze, ebenfalls klassischer Deutschpunk mit zum Titel passendem Geflöte im Refrain und abermals radikaler Lyrik. Außerdem der Fun-Punk Song Nordkorea. Letzterer startet mit einer Live-Aufnahme von Kai, der laut "Nordkorea ist ein Arbeiterstaat, der das Recht auf Atomwaffen hat" brüllt. Die Reaktionen des Publikums hierdrauf sind bei jedem Konzert wieder spannend. Im eigentlichen Song gehts dann allerdings recht unpolitisch weiter. Behandelt wird das Thema "Saufen", genauer gesagt "Saufen in Nordkorea" oder "Das Saufen und seine Auswirkung auf den Sozialismus". Hinterlegt wird das Ganze mit schunkeligem Off-Beat, ergibt im Ganzen die Pjöngjang-Promille-Polka. Der Sound der Aufnahme könnte durchaus etwas weniger kratzig bei den Gitarren und scheppernder bei den Drums sein, dafür klarer bei den Vocals, insbesondere in den Strophen. An sich ist er aber für eine D.I.Y.-Aufnahme im Proberaum sehr gut gelungen und das, obwohl sich der Proberaum unter einer Disco befindet.
Kommen wir zum Schluss und somit zur Verpackung. Das Cover und das Inlay wurden angeblich selbstgebastelt: geklebt, kopiert, geschnitten und gemalt. Und was soll man sagen, das Resultat sieht wirklich ganz gut aus. Fast schon zu gut, ob da nicht wieder Tina ihre Finger im Spiel hatte? Als kleine Dreingabe gibts noch einen Aufnäher sowie einen Aufkleber.
Fazit: Starkes Teil! PunkerInnen kauft dieses Produkt! Es ist sehr gut! Veranstalter bucht diese Band! Aber versteckt die Drogen und den harten Alk! Wenn die so weitermachen, stecken die sich, die ganzen Alarmsignale und Rasta Knäste in die Tasche!