Das Gerhard Hansen Quartett (Was ein wunderbar belangloser Name) kommt aus Flensburg und macht Schlagerpunk. Nein, keine eigenen Texte, hier gibt's wirklich nur mehr oder weniger unnötige Cover mehr oder weniger erfolgreicher deutscher Schlagerhits der 60er 70er Jahre. Braucht die Menschheit wirklich sowas? Und dann noch auf Schallplatte? Die Antwort lautet "irgendwie ja schon".
Das liegt zum Einen daran, dass das Gerhard Hansen Quartett eine ganz hervorragende Auswahl an Songs getroffen hat (Computer Nr. 3, Ein Student aus Uppsala), und zum anderen daran, dass auf der selbst-betitelten Platte die große Kunst zelebriert wird, den Hörer*innen das Gefühl zu geben, das Ganze auch irgendwie selbst spielen, und vor allem singen zu können. Stumpf ist es musikalisch dennoch absolut nicht.
Gerhards Stimme wechselt zwischen breitestem norddeutschen Dialekt mit übertriebenem Pathos ("Sie hieß Mary Anne", mit Bläsern, geil!), um sich dann bei "Heißer Sand" im Refrain vor lauter Gebölke fast zu überschlagen. "So bist du" täuscht mit zartem "Ohohoho" in der Bridge und leisen Töten kurz vor Ende an, zerstört jegliche Hoffnung auf musikalische Höchstleistungen anschließend dann aber doch mit infernalischem Geschrei. Ein Wechselbad der Gefühle, zwischen geil und komplett scheiße, aber dann geht's auch schon zum nächsten Song und spätestens beim "Computer Nr. 3" hat mich die Platte so richtig eingelullt und lässt mich nur schwer wieder los.
Ist das eigentlich ok, sowas zu hören? Ist es ok, wenn es ironisch verpackt wird? Macht die Platte überhaupt Spaß, wenn man die Band nicht live gesehen hat? Zugegeben, ein großer Teil des Charmes besteht aus dem
katastrophalen Bühnenoutfit und den wahnsinnigen Aussagen der Band ("Konzept recht überflüssig, Umsetzung sehr gut. Aber auch eine Stunde Gerhard Hansen-Ansagen ohne Musik würde ich mir sofort angucken." - Zitat Dr. Laser), und ich weiß nicht, ob ich ohne dieses Vorwissen genauso viel Spaß damit hatte, die Schlagermusik und ihr komisches Frauenbild mithilfe dieses überspitzten Himmelfahrtskommandos durch den Kakao gezogen zu sehen. Auch wenn das laut einem Interview im Ox ein Teil des Bandanspruchs ist, auf Albenlänge gesehen bleibt die Ironie ein wenig auf der Strecke. Leider, denn sowohl Live-Auftritte als auch Anschreiben mit der Platte und das Bandinterview im Ox zeigen, dass das Quartett vor allem das ist: Witzig, charmant, süß und ein klein wenig dilettantisch, dazu ausgestattet mit einem grandiosen Musikgeschmack (Als Bestechungsbeilage gab es eine Italo-Disco-Single von "Fancy").
Guckt's euch den Krams erst live an und hört dann die Platte. Oder sauft und hört die Platte. Oder alles zusammen.