Ich bin ein Eisenpimmel-Fanboy seit ich 14 bin. Und es war ausnahmsweise nicht primär der Fäkalhumor, der mir von vornherein an dieser Band gefiel. Auf dem 3. Teenage Rebel-Sampler (der rote) war der Song "Mama, jetzt sind wir alle verrückt" drauf - er hat mich umgehauen! Damals wusste ich noch nicht, dass er (nur) ein Cover der mächtigen Rezillos ist, aber geschenkt. Nach dem Hörerlebnis wurden sämtliche MP3-Download-Portale nach Eisenpimmel durchstöbert. Irgendwann hatte ich jedes Lied und als ich die Band dann 2005 beim Punk-im-Pott-Festival erstmals live erleben durfte, wusste ich: Eisenpimmel ist eine Band, die ich sowohl live als auch auf Tonträgern bedingungslos abfeiere.
Dies ist übrigens bis zum heutigen Tage so. Auch die neueren Scheiben haben für mich Qualität, wenn auch das Proletentum etwas aufgesetzter wirkt. Selbst die sperrige
letzte Scheibe hatte einige nachhaltige Hits ("Sonne, Mond und Scheiße", "Ruhrpott Rhapsodie"). Und jetzt: Neues Album namens "XL". Beim Anblick des Covers freut man sich einerseits: Es schaut dermaßen "Old School" aus, dass man sich erhofft, wieder eine Proletenplatte wie vorm Krieg zu bekommen. Andererseits denkt man sich: Originell ist das nun auch nicht...
Jetzt zu den Songs: Ich bin begeistert! Zugegeben brauchte ich ein paar Hördurchgänge, nach der 5. Rotation sage ich: 4,5 von 5 verkotzten Joggingbuchsen. Der Opener "Ode an die Tanke" ist eher schwach. Ähnlich wie bei "Pommes in den Straßen" vom vorletzten Album wird hier, in meinen Augen etwas zu verkrampft, versucht, eine Prolo-Hymne zu schreiben - auch wenn man 24-Stunden-Tanken definitiv zurecht abfeiern kann. Der nächste Song "Pfzngscht" (sprich: Fotzengesicht) ist dann direkt der erste Hit, wie man ihn von Eisenpimmel erwartet: Wenn man alleine vor dem Computer herzhaft lachen muss, dann muss es großartig sein. Ich überlege mir da manchmal, wie die Band ihre Texte schreibt. So nach dem Motto vielleicht: "Wir haben schon was über eine Fotzenbimmelbahn, den Titten-Gedächtnis-Song gibt es auch schon, ach, komm, ein Fotzengesicht wär doch mal ein adäquates Thema." So ähnlich war es bestimmt auch beim "Arschritzen-Twist". Der schlägt in die ähnliche Kerbe und könnte vor allem live ein enormer Kracher werden - nach der Polonaise erst mal twisten. Ganz ohne Geschlechtsteil- und Fäkalhumor kommt "Alter Sänger" aus - großer Hit über die Ikonisierung von verstorbenen Musikern, hier am Beispiel von Bon Scott. Auf Track 4 folgt wieder ein enormer Hit: "Frauen, die Bier trinken"! Ist zwar exakt der selbe musikalische Witz wie "Komma lecker unten bei mich bei", "Tu mich ma abfüllen" und "Ich kann auch nicht immer saufen", funktioniert aber auch ein viertes Mal enorm gut! "Reggae Schnaps" behandelt die sehr gute Idee, dass Reggae nur besoffen erträglich ist. Lustigerweise ist das Lied gar kein Reggae, dafür aber der nächste Song "No Oppaism!". Es geht um die Überalterung der Punkszene, Zitat: "Ihre Körper sind verschlissen, ihre Hosen voll geschissen...sie hören alle nur scheiß Bands" - sehr wichtiges Statement und ein enormer Ohrwurm! "Hello New York" ist dann eher belanglos, da die ca. 20. Abhandlung darüber, dass Duisburg so geil ist - das ging aber schon lustiger. Dafür sind die letzten drei Lieder wieder bedingungslose Hits: "Wie kommt der Schuh in diese scheiss Gitarre" behandelt suffbedingten Filmriss und nervt so richtig geil, spätestens ab dem "Lalala"-Teil. So muss es sein! "Oh yeah" zeigt allen pseudo-emanzipierten Bands (Blond, Schnipo-Schranke...), wie man einen unpeinlichen, dennoch lustigen emanzipierten Song schreiben kann ("Et gibt nix auf der Welt wat doof is mit Fotze"). Danke, Bärbel! Ein Welthit, sehr gelungen! Abgerundet wird das Album mit "Zu viel Zeit, zu wenig Weiber", eine Hommage an alte Zeiten, musikalisch ganz anders, textlich wieder sehr gut und tatsächlich anspruchsvoll - das könnte unter "Progressive-Punk" laufen.
Unterm Strich: In meinen Augen nur zwei weniger gelungene Songs, dafür sonst großartige, musikalisch als auch textlich abwechslungsreiche und stets witzige Lieder. Bedingungslose Kaufempfehlung!