Igorrr:
Spirituality and Distortion
Ja leck mich am Arsch, das ist die anstrengendste Musik, die ich seit langer Zeit gehört habe. Beruhigend, dass es immer mal wieder Freaks gibt, die etwas völlig Neues erschaffen. Bereits bei Song 6 (Parpaing) schaue ich auf den Windows Media Player, wie lange das noch geht. Bei Parpaing ist der Corpsegrinder von Cannibal Corpse am Mikrofon (ohne Scheiß!) und brüllt zu einem Death-Metal-Stück, das mit Electro kombiniert wird. Das nächste Lied "Musette Maximum" ist eine Akkordeon-Polka mit Blasbeats. Jedes Lied enthält mehr musikalische Facetten, als die Ramones in ihrer ganzen Karriere aufgewiesen haben. Das ist auch der Grund, warum man sich an die Ramones noch in 100 Jahren erinnern wird, an Igorrr vermutlich nicht. Wobei. Vielleicht definiert in 100 Jahren irgendein Musiklehrstuhlinhaber die Band als wegbereitend und verfrachtet sie in die Musikbücher für den Musik-Leistungskurs des Pillemannfotzearsch-Gymnasiums Wuppertal.
Ja, doch irgendwie ganz geil. Musik, die bei vermutlich 9 von 10 Hörern erhebliche Kopfschmerzen verursacht. Es gibt eigentlich keinen Musikstil, der nicht mal vorkommt. Ich persönlich bin nicht so der Fan von orientalisch anmutenden Balkanbeats und dieser extrem hohen weiblichen Operngesangsstimme. Teilweise hab ich auch wirklich den Eindruck, die Band möchte mit Gewalt so avantgardistisch wie möglich klingen - dass die Klaviertöne in "Lost in Introspection" beispielsweise teilweise ganz klar unharmonisch klingen, würde vom Produzent bei konventionellen Produktionen schlichtweg mit "das müssen wir nochmal einspielen" kommentiert werden.
Okay, während ich das schreibe, gebe ich zu, dass ich schon mehrmals einfach weitergeskippt habe. "Overweight Poesy" nervt mich jetzt zum Beispiel gerade nur noch wegen dieser extrem schrillen Operngesangsstimme. Da wünscht man sich den Corpsegrinder für ein weiteres Lied zurück.
Noch vier Lieder. Ich denke jetzt schon, ich werde mir die Scheibe sicher kein 2. Mal anhören. Das Paradoxe daran - live würde ich mir die Band auf jeden Fall anschauen und ich schätze diese in jeder Hinsicht extreme Scheibe auch.
Noch drei Lieder. Klassisches Geigenintro. Mündet in depressiv anmutenden Midtempo-Rock. Hält nicht lang. Dann wieder Gegeige und Opernstimme. Man darf gespannt sein, wie viele Sekunden diese Passage andauert. Respekt, 40 Sekunden. Jetzt wieder Midtempo-Düster-Rock. Oh, dann singt ein Mann, auch opernmäßig. Ich schalte weiter.
Noch zwei Lieder. Ich glaube, ich habe mich mittlerweile an diese kakophonische Klangkulisse gewöhnt. Finde bei "Polyphonic Rust" gar nichts mehr außergewöhnlich. Nee, jetzt nervts wieder. Ich finde den Gesang einfach nicht schön.
Letzter Song. "Kung-Fu Chevre". Beginnt a cappella im Duett. Nervt. Ich geb dem Song noch 30 Sekunden. Geil. Jetzt beginnt wieder so ein Balkan-Polka-Akkordeon. Jetzt kombiniert mit so Electro-Sounds. Doch, das ist so unglaublich ungewöhnlich, dass es schon wieder lustig ist.
Also gut. Ich bin durch. Anspieltipp: Musette Maximum. Werde das Album nicht mehr wieder hören, aber eine Grenzerfahrung war es allemal.