Ich sag mal so: Liveplatten sind zu 90% Dreck. Die hört man sich 1-2 Mal an, findet sie "okay" und merkt dann, dass Studio viel besser klingt. Und, wenn wir ehrlich sind, "live" funktioniert am Besten - na? - live. Live-CD klingt irgendwie absurd, ein Oxymoron.
Es gibt dementsprechend wenige Livescheiben die ich noch ab und an höre. Und Achtung, ich prophezeihe, dass die aktuelle ClickClickDecker zukünftig dazu gehören wird. Die gefällt mir nämlich wirklich.
Woran das liegt, kann ich noch nicht einmal genau sagen. Aber ich fange mal mit den Hintergründen an: "Du ich wir beide zu den Fliegenden Bauten" wurde in ebendieser Location aufgenommen, allerdings nicht als "klassisches" Konzert-Erlebnis, sondern in etwas reduzierter Form. ClickClickDecker alias Kevin Hamann nahm von seiner Live-Band nur Gitarrist (hier besser: Multiinstrumentalist) Oliver Stangl mit auf die Bühne. Das gibt den Songs etwas Intimes und geradezu Liebevolles. Man spürt die Freude der beiden Musiker, aber auch die Nervösität. Das Publikum hält sich erfrischenderweise zurück - pfeift, klatscht und grölt aber äußerst begeistert zwischen den Liedern. Scheiß auf Orchesterbegleitung, scheiß auf diesen Unplugged-Trend, das hier ist wirklich ehrlich!
Ruhig und nachdenklich bleibt die Musik natürlich trotzdem - gerade wegen der erwähnten Reduzierung. Schließlich handelt es sich immer noch um den begnadeten Hamburger Songwriter ClickClickDecker. Obwohl vermutlich einer breiteren Masse erst durch seine "Zweitband"
Bratze bekannt, hat er ja doch schon einige Perlen veröffentlicht, allen voran das 2009er Album "Den Umständen entsprechend", das hier auch mehr als ausführlich gewürdigt wird. Die Mehrheit der Songs stammt davon. Finde ich aber offen gestanden nicht einmal schade, dafür ist das Set einfach wunderbar stimmig. Und wer ein Best-Of erwartet, sollte sich eh keine Live-Platte zulegen. Immerhin zwei vorher nur auf Samplern veröffentlichte Lieder sind dabei, und zur Zugabe gibts ein wenig Material von der "Nichts für ungut". Nicht beachtet wurde das Debütalbum, und 1-2 komplett neue Lieder wären auch nett gewesen. Vielleicht werden ihm das einige Fans vorwerfen, ich tu's nicht.
Fazit: Wirklich gelungene Live-Scheibe von ClickClickDecker! Wer seine Studiosachen mag, sollte sofort zugreifen - alle anderen vielleicht erstmal das letzte Album auschecken. Aber reinhören empfiehlt sich, auch wenn vermutlich der Großteil unserer Leser bei Worten wie "ruhig", "Hamburg" oder "Songwriter" zurückschrecken wird. Echt jetzt mal, das is'n Guter!