Red City Radio, die Helden des Karohemden-Punks, melden sich zurück mit neuem Album. "Paradise" ist am 04.12.2020 auf Pure Noise Records erschienen und zeigt vor allem eins: Die Band aus Oklahoma hat es nicht verlernt, richtungsweisende Impulse in einem Genre zu setzen, welches sie seit 2007 aktiv mitgeprägt haben. Beim Hören von "Paradise" führt mir die Band immer wieder deutlich vor Augen bzw. Ohren, dass sie nichts mehr beweisen müssen, sondern mal eben locker-flockig zwölf Songs einspielen können, ohne sich groß Gedanken machen zu müssen. Im Ergebnis wirkt dies auch auf dem hier vorliegenden Tonträger befreiend. Die Spielfreude merkt man dem Quartett jedenfalls an. So geht es nach dem sehr gediegenen und melancholisch wirkenden Opener "Where Does The Time Go?", wo Sänger Garrett Dales rauchige Stimme vor halligen Drums und sanftem Gitarrenspiel eine kleine Gefühlsexplosion hervorruft, direkt in eine ganz andere Richtung. Ausgelassene Gitarrensoli und Melodien wie in "Paradise" sind hier genauso tonangebend wie krachige Drums ("Gutterland"). Man muss hier nicht extra erwähnen, dass "Paradise" auch von der Qualität her in der obersten Liga spielt und jeder einzelne Ton besser sitzt als die Anzüge von Heiko Maas.
Der Titel der Platte ist übrigens selbstreferentiell zu verstehen und hat weniger mit dem akuten weltweiten Ausnahmezustand zu tun. Red City Radio haben ihre größten Dämonen ausgetrieben und können nun mit positiven Gefühlen in die Zukunft blicken. Natürlich bedeutet das nicht, dass sich nicht ab und an mal negative Gefühle einschleichen ("Baby Of The Year") und auch äußere Umstände sorgen hier und da mal für einen Downer ("100,000 Candles"). Alles in allem ist und bleibt es aber in erster Linie ein Album mit positiver Grundattitüde.
Darüber hinaus klingen die Songs, als wären sie perfekt für die Bühnen der Welt zugeschnitten. Vor meinem inneren Auge jedenfalls liegt der Jura-Student im 3. Semester dem langhaarigen Rocker mittleren Alters in den Armen, während sie beide den Text von "Did You Know?" mitgrölen und ihnen ein Altpunker im Hintergrund eine kleine Bierdusche gibt. Der Fö und ich stehen natürlich mit Schreibblock im Hintergrund und analysieren die Situation äußerst kritisch. Es muss doch bald wieder möglich sein... :/
Fazit: Emotionaler, aber doch eigentlich sehr positiver Punkrock at its finest.
Anspieltipp: Paradise
01. Where Does The Time Go?
02. Baby Of The Year
03. Did You Know?
04. Love A Liar
05. Young, Beautiful & Broke
06. 100,000 Candles
07. Paradise
08. Edmond Girls
09. Doin' It For Love
10. Apocalypse, Please!
11. Fremont Casino
12. Gutterland