Mit einer Mischung aus Sorge und Vorfreude liege ich auf dem Dach unseres Hauses und schaue über die Dächer von Dortmund, in die sich in den Horizont fressende Abendsonne. Soeben hat mir Fö den Download-Link zum neuen Death Set Album, das auf den Namen How To Tune A Parrort hört, geschickt. Kann das was? Was wird überwiegen? Euphorie oder Enttäuschung? Noch wenige Sekunden und der Download ist komplett, mit leicht schwitzigen Händen drücke ich auf den Play Button und.... BOOOM! Vom ersten Ton an klatscht es mich weg! Am liebsten würde ich aufspringen, bis zur Dachkante rennen, springen und wie ein fett und glatzköpfig gewordener Peter Pan im Sturzflug hinab sausen, um mich dann im letzten Moment zu fangen und mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit wieder in die Höhe zu schießen und durch die Straßen zu fliegen. Dabei würde ich laut "Party, Party, Party ihr Penner!" schreien, gefolgt von ohrenbetäubendem Geschrei wie aus einem Affenhaus.
Etwa um die 10 Jahre muss es her sein, als ich das erste Mal Bekanntschaft mit der ursprünglich aus Australien, dann aber nach Baltimore und Brooklyn ausgewanderten Band gemacht habe. Da war ihr Gründungsmitglied Beau Velasco bereits zwei Jahre tot. Jedoch hatten sich die übrig gebliebenen Bandmitglieder dazu entschieden, weiter zu machen und dann ihr zweites Album Michel Poiccard veröffentlicht, das weltweit einschlug wie ein Meteorit in der Größe eines Kreuzfahrtschiffes. Auf ihm eine Kollaboration mit DJ und Producer DIPLO, der damals schon eine regelrechte Größe in Sachen elektronischer Musik war. Auch bei meiner Clique und mir kam der wilde Mix aus Punk, Hip-Hop und elektronischer Musik gut an. Viele verglichen die Band mit einer punkigeren Version von ATARI TEENAGE RIOT oder den BEASTIE BOYS, gepaart wird dies mit der Power von PLAQUE VENDOR. Immer wenn die Gegebenheiten einer Feier nach tanzbarerem Sound abseits von reiner Gitarrenmusik verlangte, kamen THE DEATH SET ins Spiel um dann "Rocker" und "Tänzer" gleichermaßen versöhnlich zu stimmen. Hierzu konnten alle gemeinsam ausrasten und selbst für die After-Hour hatten sie einige Songs, die weniger nach vorne peitschten, sondern mehr dreamy und smooth waren auf Lager (z.B. Is It The End Again? oder Can You Seen Straight). Doch dann wurde es irgendwann still um die Band, Gitarrist und Sänger Johnny Sierra begab sich auf einen langen Entzug und die King Babies EP 2013 blieb vorerst ihr letztes Lebenszeichen. Jahrelang ärgerten wir uns noch im Kollektiv schwarz darüber, die Gruppe nicht live erlebt zu haben als sie im Vorprogramm von den BEATSTEAKS Alarm machten. Dann verschwanden sie größtenteils vom Radar.
Doch nun sind sie wieder zurück und genauso stark wie eh und je. Ob How To Tune A Parrot den gleichen Status wie Michel Poiccard erreichen wird, bleibt erstmal fraglich und wenn man mich fragt, wage ich das ehrlich gesagt zu bezweifeln. Dafür war der Vorgänger einfach zu überragend. Dennoch ist das neue Album brandheiß und von vorne bis hinten wieder künstliches Adrenalin! Ein Album zum komplett ausrasten, das mit "Nowhere Is Here" einen für DEATH SET Verhältnisse schon fast klassischen Punkrock Song präsentiert. Direkt von Beginn an, mit Overload Damage blasen sie einen vom Stuhl und lassen einen bis einschließlich Track 11 auch nicht mehr aufstehen. Immer weiter und weiter heizt der Intercity des Wahnsinns, bis einem fast die Luft ausgeht. Wer hier nichts fühlt und still stehen bleibt, ist innerlich mit ziemlicher Sicherheit schon lange tot. Erst Remind Me Who's Suffering nimmt Tempo raus und lehnt sich zurück, bevor es mit dem letzten Song This Enemy Is My Best Friend wieder einen etwas aufgeblasenen Song zum mitgrölen für eine Show im Stadion gibt. Wobei dies eigentlich Musik für eng, schlecht belüftete und somit schweißtreibende Clubs ist. Allein die "dreamy" After-Hour Songs fehlen komplett.
Mein Feuer haben sie ganz klar wieder entfacht und meinen Player werden die Songs wohl so schnell nicht wieder verlassen. Die nächsten Partys können somit kommen, denn sollte sich Müdigkeit auf der Tanzfläche breitmachen, kann man der Partygesellschaft mit den Songs von How To Tune A Parrot eine musikalische Prise Koks in die Nase blasen.
01. Overload Damage
02. Fall Down
03. Bad Decisions
04. Elephant
05. I'm Sick With It
06. Oh My God
07. Set For Death
08. Best Kept Mess
09. Nowhere is Here
10. Closed Eyes
11. Mad World Feat Ho99o9
12. Remind Me Who's Suffering
13. This Enemy Is My Best Friend