„Das hier ist weder Elternratgeber noch Aktivistenhandbuch“, stellt Nate Powell direkt zu Beginn von „Save it for later“ klar. Stattdessen verarbeitet der amerikanische Autor und Zeichner in seinem Comic-Essay die eigenen Erfahrungen mit der Vermittlung der gesellschaftlichen Gegenwart an die nachwachsende Generation. Der traumatisierenden Realität eines US-Präsidenten Donald Trump stellt sich Powell geleitet von der Frage: Wie erkläre ich es meinen Kindern?
Politik und Aktivismus sind Themen, die sich durch Nate Powells Biographie ziehen. In der Jugend war er Teil der Punkrockszene seiner Heimatgemeinde Little Rock in Arkansas. Dort gründete er die lokal sehr umtriebige Band Soophie Nun Squad und betrieb für einige Jahre das DIY-Label Harlan Records. 2016 erhielt der mehrfach mit dem Eisner Award ausgezeichnete Powell als erster Comic-Künstler einen National Book Award für seine Arbeit als Illustrator der Reihe „March“, eines autobiographischen Werks des Kongressabgeordneten und Bürgerrechtlers John Lewis.
„Save it for later“ bietet einen sehr persönlichen Einblick in eine Lebensphase, in der Powells Welt erschüttert wird, während für seine beiden kleinen Kinder wichtige Schritte ins Leben anstehen. Dem Vater stellt sich die Aufgabe, angesichts einer nicht nur politisch aus den Fugen geratenen Gesellschaft Werte zu vermitteln und Ängste zu nehmen. Wie viel erwachsene Denke ist dabei nötig, wo ist Vereinfachung angebracht, um Zusammenhänge klarzumachen?
Für Powell liegt eine wichtige Antwort darin, seine Kinder, denen er fantasievolle, tierische Gesichter zeichnet, ernst zu nehmen. So veranstaltet er zusammen mit der fünfjährigen Tochter auf deren Wunsch einen einsamen Protestmarsch und klärt sie über Symbole und Argumente von Rechten und Rassisten auf. Anschaulich zeichnet er so etwa die historisch gewachsene Bedeutung des Totenkopfs als westliches Militärsymbol nach, von der Freibeuterflagge kolonialer Kriegsschiffe bis zum Logo des Marvel-Antihelden Punisher auf den Motorhauben amerikanischer Polizeiautos. Zusammen mit Trucks, Flaggen und Waffen forme der Schädel „die Kontur einer durchkommerzialisierten, waffenfähig gemachten Identität“, so Powell.
In seinen Ausführungen reflektiert der Autor immer wieder auch die eigene Position und fragt sich, welche Fehler er und die politisch ähnlich denkenden Menschen gemacht haben, um einen Wahlsieg Trumps und damit den Triumph der Unzufriedenen, Provokateure und Populisten zu ermöglichen. Powell erinnert sich dabei unter anderem an die Begegnung mit einem Nazi-Cosplayer auf einer Comic Convention 2011.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie markiert den zeitlichen Endpunkt der Erzählung. „Selbst jetzt stört sich das weiße Amerika kaum am Schatten des Todes. Solange es ihn selbst wirft“, hält Powell fest und verbindet diese Einsicht mit einem positiven Auftrag für die Zukunft: „An uns ist es, eine gemeinsame Zukunft aufzubauen. Selbst wenn es sich so anfühlt, als gäbe es keine.“
„Save it for later“ ist ein mutiges, emotionales und reflektiertes Statement zur politischen und gesellschaftlichen Lage der USA, dessen Kernfragen eine globale Dimension besitzen. Und das nicht nur für junge Eltern.