Den Jan aus Münster von KOMMANDO ZURÜCK kenne ich noch aus Zeiten des DIY-Forums. Das war noch bevor wir alle unsere Plattencover bei Insta posteten oder uns in Kommentarspalten mit reaktionären Facebookdeutschen anlegten und kurz nach der Zeit wo sogar dein bauriger Cousin aus dem hinterletzten Dreckskaff eine ISDN-Dose ins Jugendzimmer installiert bekam. Jan spielte damals (glaube ich) noch bei der Hardcore-Punkband OVER THE TOP und veröffentlichte sanfte Liedermacherballaden unter dem Namen EINMANNJAN. Irgendwann um diesen Zeitraum herum gründete er KOMMANDO ZURÜCK, so eine Art DIY-Electro-Chiptune-Geschrei-Punk-Dingsbums. Keine Ahnung. Ich mochte sehr viele Lieder von ihnen und manche fand ich auch ein bisschen anstrengend. Nun, einige Jahre später, erreichte mich ein Weihnachtspäckle mit einem Tape: Die KOMMANDO ZURÜCK Hoppe Hoppe Hyper Splitkassette mit der Band GRANULAT. Letztere noch nie zuvor gehört. Da hab ich mich aber gefreut und ein paar Tage später das ganze Werk beim Kochen durchgehört, denn der Kassettenrekorder steht in der Küche.
Die Seite von GRANULAT lief als erstes und wusste mich sofort zu begeistern: Deutschpunk mit aggressivem aber eingängigem Songwriting, angeätztem Wechselgesang und einem Schlagzeugsound direkt aus der Musikwerkstatt. Machte mir auf Anhieb übelst Bock und obwohl ich nur jedes zweite Wort verstand, ertappte ich mich direkt beim Mitsingen. Die Seite war schnell rum und wer mit einem Lied wie „Streifen“ den Bewertungen vom OX Heftle in diesem Jahrzehnt noch soviel Relevanz zuspricht, indem darüber ein ganzes Lied eingeklopft wird, hat mein Herz sowieso sofort erobert (Joachim Hiller - Fanzinegott!). Generell klingt das alles superszenig und man kriegt richtig Laune darauf, vor irgendeinem angesagten Subkultur-Konzertladen (R.I.P.) zu stehen und bei 5 bis 20 Kippen die Band drinnen zu verpassen. In „Roboterauto“ wird dann auch handwerklich überraschend virtuos das Knight-Rider-Theme verwurschtelt und beim Blockfötensolo musste ich bissle lachen.
Alle bis auf ein Song vom KOMMANDO ZURÜCK werden unter 2 Minuten abgehandelt. Das ist eine sehr algorithmusfreundliche Herangehensweise an die Songproduktion, denn Streamingdienste zählen Plays meist erst ab 10 bis 30 Sekunden und da ist so ein Lied natürlich ja schon fast zur Hälfte rum. Außerdem haben sich's die Kommandos nicht nehmen lassen, extra noch ein Geburtstagslied aufzunehmen, damit dieses Jahr alle Leute ihre Insta-Storys und TikTok-Videos damit ausstatten können. Erwischt! Aber mal abgesehen von diesen gemeinen Unterstellungen meinerseits sind die Lieder alle cool und witzig. So wie der EINMANNJAN. Dem Werk liegt im Übrigen noch eine selbstgebastelte 3D-Brille bei. Die kann man rausholen, anschauen, kurz schmunzeln und wieder zurück in die Hülle legen. Nett. Auf Anfrage beim Jan bzgl. weiterer Infos zu beiden Bands kamen im Nachhinein übrigens nur halb-ironische Quatschantworten. Dafür gibt es leider 2 Streifen Abzug in der Tonträgerwertung, bleiben am Ende aber immerhin noch 8/10. Gut gemacht!
Kommando Zurück:
1. Uri
2. Atomarer Geburtstag
3. Kuckuck
4. Freibier
5. Pipi Aa
6. Stoff im Rucksack
Granulat:
1. Bibergeil
2. Streifen
3. Roboterauto
4. Helvetica
5. Wanzeninvasion
6. Punkergruen