Mit Bierschinken durch die Nacht
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Der Uhrzeiger nähert sich der 3, mittlerweile befinde ich mich tief in der Nacht und schlafe immer noch nicht. Mein Tee ist bereits kalt, die Schachtel Gauloises ist fast leer. Ich sitze immer noch vor meinem Laptop und widme mich meinem Projekt, ein paar Rezis zu verfassen, dabei löffle ich Yum Yum Suppe Geschmacksrichtung "Chicken" und knabbere aus Ermangelung von Alternativen Brotchips. Die Wahl ist dabei auf drei Tapes vom kleinen Hamburger Label Brainwasher Records gefallen. Nachdem ich mich die letzten Stunden mit der Band BRIEFBOMBE befasst habe, ist nun das Tape der Berlinerinnen von FATIGUE an der Reihe. Also wieder Klappe an meinem Sony Walkman auf, das alte Tape raus, das neue rein und abermals "Play" gedrückt.
FATIGUE sind vier von mir als weiblich gelesene Menschen, die scheppernden Garage-Punk spielen, der jedoch auch so einige rockige Momente enthält. Erneutes Namedropping gefällig? Ja? Ok! Gitarristin Sofy findet man neben ihrer Tätigkeit hier auch noch am Gesang bei FOTOKILLER und THE DEAD PONYS CLUB. Beim Opener "Like Me" geht man noch mit eher gemächlichem Tempo voran und thematisiert den vorherrschenden Profilierungsdrang vieler Menschen auf Social-Media-Plattformen. Bei "Catcall" lösen sie die Handbremse und drücken das Gaspedal etwas mehr Richtung Fahrbahn. Worum es bei dem Song geht, sollte sich jede/r denken können, der die momentanen Entwicklungen in der deutschen Punkszene verfolgt und bedenkt, dass hier vier Frauen am Werk sind. Nämlich ekelhaftes, patriarchales Gebaren meiner Geschlechtsgenossen! Gut, dass dagegen immer mehr angeschrien wird! Weiter geht es mit punkigem Grunge beim Song "Queen Of The Scene" und dem in die gleich Kerbe schlagenden "Hate The Same Shit". Beide haben Empowerment als Message.
Während ich so dasitze und der Band lausche, driften meine Gedanken erneut ab ... Ob sich die Brotchips wohl mit der Yum Yum Suppe kombinieren lassen? Vielleicht wenn man sie immer leicht in die Suppe stippt? Und was noch viel wichtiger ist ... Warum habe ich mir nie so eine heiße Hose mit Leo-Print zugelegt, wie sie FATIGUE in "Leopard Tights" besingen, in dem sie durchaus ein Gespür für griffige Refrains beweisen ... Und wenn ich dies getan hätte,... wäre dann Jeans oder Spandex die richtige Wahl gewesen? Gibt es bei Leo-Print-Kleidung ein "richtig" oder "falsch"? Während das Tape sich schon fast dem Ende nähert, versinke ich immer weiter in den Untiefen eines Onlineversands, um mich darüber zu informieren, welche Leo-Hosen mir angeboten werden. Aber genauere Ausführungen würden hier nun wirklich den Rahmen sprengen ...
Kommen wir zum letzten der sechs Songs auf dem Tape, der sich wieder mit Empowerment und Selbstvertrauen befasst. Dieser scheppert ähnlich wie sein Vorgänger "Leopard Tights", Gitarre und Bass schrappen und kratzen wieder beide stark und der Gesang ist ebenfalls schön kratzig, hat aber trotzdem die nötige Power.
Abschließender Gedanke: Woher kommen die in der letzten Zeit immer mehr werdenden Riot Grrl und FLINTA-Punkbands? Trend, der stark gepusht wird? Verstärkte Wahrnehmung und Aufmerksamkeit auf ebensolche Bands und Künstlerinnen meinerseits und daher für mich größere Sichtbarkeit? Oder ist eine Umkehr in Sachen Role-Models bereits im Gange und daher fassen immer mehr FLINTAS den Mut, eine Band zu gründen?
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01. Like Me
02. Catcall
03. Queen Of The Scene
04. Hate The Same Shit
05. Leopard Tights
06. Sick