Die Petrol Girls haben ein neues Album draußen und das ist - ich spoiler jetzt einfach mal direkt - sehr hörenswert. Auf "Baby" geht es tatsächlich weniger experimentell zu als das noch beim Vorgänger "Cut&Stitch" der Fall war. Stattdessen wartet die neue Platte auf mit eingängigen Songs und geradlinigeren Songstrukturen. Hierbei wird jedoch keineswegs 08/15-Punkrock serviert, sondern eher eine Mischung aus Punkrock und Post-Hardcore. Wut über aktuelle Entwicklungen spürt man auch in so ziemlich jedem Song der Platte. Tatsächlich würde ich nach den ersten Durchläufen von "Baby" sagen, dass es sich hier um das "härteste" Album der Kombo handelt. Aber Dinge, welche den Blutdruck nach oben treiben, gibt es ja auch wirklich genug. Dass die Petrol Girls auf dem vorliegenden Album für Selbstbestimmung am eigenen Körper eintreten und damit auch konsequenterweise für ein Recht auf Abtreibung sind, ist nichts Neues, wird aber nochmal mit dem titelgebenden Song "Baby, I had an abortion" unterstrichen. Die halligen Drums, sowie der röhrende Bass auf Tracks wie "Fight For Our Lives" lassen bei mir außerdem den Eindruck eines Albums entstehen, welches vor allem für die Straße geschrieben wurde. "Baby" soll aus Lautsprecherboxen über durch die Häuserschluchten Europas und vielleicht sogar der Welt dröhnen und ist höchstens zweitrangig für Konzertsäle geschaffen, wo die Leute maximal artig klatschen. Bleibt zu hoffen, dass der musikalische Sturm, den die Petrol Girls hier heraufbeschwören, sich auf auf die Welt überträgt und Sexist*innen und andere Idiot*innen von diesem weggespült werden. 

Fazit: Ein breiter, verzerrter Sound begleitet von feministischen und emanzipatorischen Hymnen. Petrol Girls entfalten auf "Baby" endlich ihr volles musikalisches Potenzial und zelebrieren einen Abriss, der seines gleichen sucht.

Anspieltipp: Baby, I Had An Abortion