Die Real McKenzies feiern ihr dreißig-jähriges Bandbestehen. Da kann man schon mal ehrfürchtig den Hut oder den Kilt lüften. Ernsthaft, wer diese Truppe mal kennengelernt hat, die*der weiß, was für ein chaotischer Haufen Berufsalkoholiker diese Band ist. So ist zu Beginn der Corona-Pandemie mal eben die komplette Band - außer natürlich Sänger Paul - kollektiv zurückgetreten. Paul ist das natürlich egal, er schnappt sich einfach neue Leute. Grundvoraussetzung ist ein Instrument spielen, sowie fünf Flaschen Whiskey an einem Abend heruntergurgeln zu können. Und so ziehen diese wackeren Typen durch die Lande und haben währenddessen mal so ganz nebenbei ein neues Album aufgenommen. "Songs Of The Highlands, Songs Of The Sea" könnte wohl der Titel eines jeden Real-McKenzies-Album sein. Das war lyrisch auch immer das, was mir an den Real McKenzies am besten gefallen hat: Neben Songs über die Seefahrerei und die Highlands ging es oft auch um historische Ereignisse, wie das Massaker von Glencoe oder den rebellischen Dudelsackspieler Billy Millin, dabei schlichen sich auch sehr oft Coverstücke in die Sets und Alben der McKenzies. Besonders hervorgehoben seien an dieser Stelle "Northwest Passage" vom "Two Devils Will Talk"-Album, sowie "Barrett's Privateers" von der "Westwinds"-Platte, beide ursprünglich von Stan Rogers. "Songs Of The Highlands, Songs Of The Sea" ist nun ein reines Coveralbum geworden. Der Fokus liegt hierbei auf dem schottischen Dichter Robert Burns, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelebt hat.
Ich selbst bin an dieser Stelle ein wenig unentschlossen. So hatte ich mir tatsächlich ein paar eigene, neue und frische Nummer der McKenzies auf diesem Album erhofft, andererseits hat die Band um Paul McKenzie in der Vergangenheit schon oft bewiesen, wie innovativ sie covern können und oft waren es dann gerade die Cover, welche dann zu absoluten Publikumslieblingen geworden sind. Außerdem ist es ja schon etwas anderes, wenn die lokale Jugendzentrums-Band WIZO covert oder wenn man etwas covert, das deutlich über 200 Jahre alt ist. Während also manche Songs den meisten heutigen Musikhörer*innen eher unbekannt sein dürften, finden sich auf "Songs Of The Highlands, Songs Of The Sea" auch einige Nummer, welche immer mal wieder größere Popularität erlangten. Zu nennen wäre hier natürlich nicht nur "Scotland The Brave", sondern auch "Sloop John B", das damals die Beach Boys aus der Versenkung geholt haben und welches heute immer noch ein fester Bestandteil des Sets von Me First And The Gimme Gimmes ist. Zu "Drunken Sailor" muss ich hier wohl nichts mehr schreiben. Dennoch hat es seine Berechtigung auf dem Album, allein schon deswegen, weil es das härteste Stück auf der Platte ist. Ansonsten darf es aber auch gerne etwas ruhiger zugehen. Schlugen die McKenzies auf dem letzten Album bereits mit "Overtoun Bridge" eine neue Richtung ein, legen sie jetzt mit "Swansea Town" nach. Hierzu durfte niemand geringeres als Brenna Red von The Last Gang die Vocals besteuern, was nicht nur eine tolle Abwechslung bietet, sondern der etwas seichten Ballade dann doch den nötigen Tiefgang gibt. Trotzdem gibt es auch wieder viel Möglichkeit für eine ausgelassene Kneipenschlägerei wie bei "Ye Jacobites By Name" oder "Dead Man's Chest" (inkl. "American Jesus"-Gedächtnis-Intro). Besonders gefällt mir das zwar treibende, aber auch leicht melancholische "My Heart's In The Highlands", welches darüber hinaus auch noch über einen unglaublich eingängigen Chorus verfügt. Somit haben die Real McKenzies es also schon wieder getan: Ein kleines Stückchen schottische Folklore geschaffen, welches sowohl zum Pogo als auch zum Schwelgen anregt und damit wohl einige, durchaus unterschiedliche Menschen abholen dürfte.
Fazit: Ein Coveralbum, das aber über weite Strecken gar nicht so wie ein Coveralbum klingt. Viel mehr perfektionieren die Real McKenzies hier das, was sie bereits seit ihrem allerersten Album tun: Die schottische Folklore nehmen und daraus eingängige Punkrock-Hymnen machen.
Anspieltipp: My Heart's In The Highlands
01. Scotland The Brave
02. A Red, Red Rose
03. Ye Jacobites By Name
04. The Green Hills of Tyrol
05. Leave Her Johnny
06. My Heart's In the Highlands
07. Sloop John B
08. Drunken Sailor
09. The Bonnie Ship The Diamond
10. Dead Man's Chest
11. Swansea Town
12. Blow The Man Down