Hat ja wieder ganz schön gedauert, dass mit "Sieben" der Nachfolger zum sechsten Pascow-Album "Jade" erscheint. Genaugenommen vier Jahre und eine Pandemie, die mittlerweile ins Land gezogen sind. Doch wie sagt man so schön? Lange nicht gesehen, trotzdem wiedererkannt! Verändert hat sich bei der Band mit P aus Gimbweiler mit G nämlich wenig, soweit kann ich alle, die hinsichtlich dem Sorgen gehabt haben, schon mal beruhigen. Mit "Sieben" zementieren PASCOW den Status der mittlerweile vielleicht größten Szene-Band, die den AZ's schon länger entwachsen ist, sich aber trotzdem nie dem Mainstream angebiedert hat, nun vollends. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, braucht es erst nur wenige Sekunden und keine drei Minuten und ein Gitarren-Intermezzo am Ende von „Himmelhunde“ später ist klar, der Rest der Platte wird mit Sicherheit auch wunderbar. Da wummert Flos Bass los wie ein pulsierender Herzschlag, der von da an den Beat der Platte mit angeben wird, ständig flankiert von Svens unverwechselbaren, metallischen Gitarrensound und Melodien. Gerade diese haben die Band so dermaßen geprägt, dass sie mittlerweile für einen nicht mehr wegzudenkendem Trademark der Band stehen.
Schon auf "Jade" war die Dichte an textlichem Rätselraten reduziert, nicht mehr alles war verklausuliert wie in dem allseits bekannten Gedicht vom taubtrüben Ginst am Musenhain. Ab der "Jade" wurde textlich ein leicht veränderter Weg eingeschlagen. Zugänglicher und leichter zu verstehen waren sie nun, die pascowschen Texte aus der Feder von Frontmann Alex. Diesen Weg gehen sie nun bei "Sieben" konsequent weiter. Man braucht nicht lange, um zu blicken, auf was oder wen man hier anprangernd mit dem Finger zeigt. Da geht es mal um Gentrifizierung, um Armut, das Außenseitertum und wie man sich darin zurechtfindet, um die Zerstörung unser aller Umwelt und natürlich auch um die politisch Rechten, die ihr Unwesen in halb, ja fast schon ganz Europa treiben. Königreiche im Winter, bei dem Apokalypse Vega von ACHT EIMER HÜHNERHERZEN ihre Stimme zum Song beigesteuert hat, behandelt gleichsam das Aufwachsen in schwierigen Familienverhältnissen, wie auch Freundschaft und Zusammenhalt. Es geht um Flucht, Verzweiflung, Krieg, Kunst und Ungerechtigkeit. Dabei wird nicht nur einmal ein Bild vom Zusammenbruch der bestehenden Verhältnisse, vielleicht sogar vom allumfassenden Ende gezeichnet (Grüßt Eve, Mailand). Die Weltordnung ist halt nach wie vor der "Fuck" und das ist wichtig und gut so. Aber auch Liebeslieder wie Himmelhunde haben ihren berechtigten Platz auf "Sieben". Denn bei all dem Chaos, dem Leid und dem Elend um uns herum darf man niemals vergessen, dass es da doch meist noch etwas gibt, das uns hoffen und weitermachen und das das Leben lebenswert sein lässt. Zumindest hier im Westen, in dem auch schon lange nicht mehr alles Gold ist, was glänzt. Oder wie Alex singt: "Und ich stolper einfach weiter, so weit die Beine können... Und ich mache einfach weiter, so lang der Kopf mir hält" (Ich bin klar).
Dabei findet sich wieder mehr Zitierbares in den Texten als der Inhalt einer Spraydose, mit der man es an die Häuser der Reichen schreibt, hergibt. Zu viel, um es hier alles aufzuschreiben. Begebt euch bitte selbst auf die Suche. Hier nur ein paar Highlights, die mir seit Tagen nicht mehr aus dem Kopf gehen und bei denen ich mich nicht nur einmal von einer Band so einvernehmlich bestätigt, verstanden und in den Arm genommen gefühlt habe, wie schon lange nicht mehr. Zum Beispiel, wenn da so treffend über die eigene und wohl auch die meine Zukunft reflektiert wird: "Wir werden nicht Fame, nicht Held, nicht Star. Der pinkne Porsche wird nie wahr" (Von unten nichts Neues). Oder wenn gesungen wird: "Denn Zeit und Zugang muss man haben für Wissen, Status, Lifestylefragen. Bildungsarrogante Typen. Heute Punk, morgen Eliten" (Vierzehn Colakracher). Ein Phänomen und ein Schlag von Menschen, die ich auch schon öfter, innerhalb und außerhalb meiner Bubble beobachten konnte. Die mich dann zur gleichen Schlussfolgerung kommen ließen wie Alex: "Dann bleibe ich viel lieber hier, bei Ratte, bei Tommek, Mo und dir... und mein Gott vielleicht schmeißt man auch uns bald raus, doch zwischen Spinnern und Verlierern halten wir es gut aus". Es geht aber auch wesentlich kürzer und prägnanter wie in Mailand, wo es da simpel auf den Punkt gebracht heißt: "Und sie hören die Jungen singen, für keine Fahne mehr ein Mast...Für keine Fahne jemals mehr... ".
Abschließend kann ich für mich jetzt schon sagen, dass ich "Sieben" noch ein Stück besser finde als seinen Vorgänger. Ein wenig, weil sich auf "Sieben" weniger "Stampfer", mit denen ich Songs wie Marie oder Castle Rock meine und kein einziger "ruhiger" Song wie Wunderkind befindet. Nicht dass ich die grad erwähnten Songs nicht mag, ganz im Gegenteil. Trotzdem bevorzuge ich es, wenn es wie hier bei "Sieben" einfach straight nach vorne geht, am besten vom ersten bis zum letzten Ton. Jedoch bleibt noch mal zu betonen, dass PASCOW hier nicht einfach das siebte Album aufgenommen haben, das klingt wie alle sechs bisherigen. Hier wird sich nicht auf hohem Niveau ständig selbst gecovert. Bereits angewandte Ideen wie das sich Unterstützung beim Gesang von weiblich gelesenen Menschen holen, wurde beibehalten. Hinzu kommt einiges Neues. Wer sucht, der findet Streicher bei Mailand, eine Vielzahl von Chören, die es vorher in dem Ausmaß nicht gab und überall und immer wieder tolle Gitarren-Läufe und Solis. Hier kann jeder und jede, die richtig hinhört, den Schritt, auch wenn es kein wahnsinnig Großer ist, weiter hoch auf dem Podest in Richtung Nummer eins des deutschsprachigen Punk, hören.
Die zur Platte zugehörige Tour startet schon Anfang Februar, wer dabei sein will, sollte sich ranhalten. Zum Teil sind schon Konzerte ausverkauft und bei anderen werden die Karten knapp.
01. Himmelhunde
02. Königreiche im Winter
03. Monde
04. Gottes Werk und Teufels Beitrag
05. Grüßt Eve
06. Die Unsichtbaren
07. Mailand
08. Ich bin klar
09. Daniel & Hermes
10. Tom Blankenship
11. Zugausweichen
12. Von unten nichts Neues
13. Vierzehn Colakracher
14. Boris Blocksberg