Neues Album von der coolsten Band aus Münster!

Stop! Kurzer Exkurs: Neulich im Internet. Gemäß meines Arbeitsauftrages bewerbe ich bei Facebook das neue Album X von Band Y und schreibe das auch genau so. Hier neues Album von Y, kaufen Sie, kaufen Sie, ist bestimmt gut. Sekunden später der erste Kommentar von Mr.Siebengescheit: "das ist kein Album, das ist ne EP. Aber das wisst ihr in Zeiten von Spotify wahrscheinlich nicht mehr." Ich möchte an dieser Stelle gern danke sagen, danke, dass du mich aus dem Tal der Ahnungslosen heraus ins Licht geführt hast, bei diesen ganzen Formaten kommt mensch schon ganz schön durcheinander, LP, EP, Single, CD, Tape, einseitig bespieltes Vinyl mit Etching auf der B-Seite. Verwirrend. Exkurs Ende.

Also nochmal von vorn.

Neue EP von der coolsten Band aus Münster!

Auf dem Cover die Zeichnung eines traurigen Dudes, in einem Sessel sitzend, den Kopf schwer auf die rechte Hand gestützt, umgeben von diversen Auszeichnungen der Musikbranche wie Echo, Grammy, Bambi und goldene Schallplatte. Im Hintergrund ein Gemälde, das in Anlehnung an "Judith und Holofernes" von der Barockmalerin Artemisia Gentileschi, drei FLINTA zeigt, die einen am Boden liegenden Mann mit einem Schwert enthaupten.
Dazu der Titel der EP "Betrug in den Charts". Das alles wirft Fragen auf. Haben WELDW ebenjenen Betrug aufgedeckt und den traurigen Mann im Sessel der Lüge überführt? Ist der Titel von einer Folge der Drei !!! geklaut? Sind die Charts seit Jahren manipuliert von den großen Bossen der Musikindustrie und nun werden die im übertragenden Sinne dafür enthauptet? Befreit uns WELDW von der Tyrannei männlicher Omnipräsenz im Musikbusiness? Oder haben sie sich gar selbst mit List und Schmeichelei einen Platz in den Top Ten ergaunert?

Spoiler: Letzteres ist nicht nötig. Die Platte überzeugt ganz einfach durch hervorragenden IndiePop und hat sich damit auf jeden Fall den ersten Platz in der Hitparade meines Herzens verdient. Ich denke Media Control, die offiziellen deutschen Charts, Billboard und die Bravo-Leser*innen-Top-Ten werden nicht lange auf sich warten lassen.
Vom titelgebenden ersten Song bis zum heimlichen Hit "Petra Plottwist", nur wenige Bands hauen so nonchalant Lines raus wie "Ich bin verzweifelt, denn keiner reicht mir die Funny Frisch Rifles" aus dem Refrain von "Scheitern ist Pop". Ach, eigentlich sind das hier alles Hits. All Killer, no Filler, wie wir cool people sagen. Selbst die "Community" wird so leidenschaftlich besungen, dass sogar ich dazu gehören möchte. Der Thermomix ist bestellt, lasst mich Teil eines Ganzen sein! Vielleicht tröstet mich das auch über den Fakt hinweg, dass nach fünf Songs alles schon wieder vorbei ist. Diese EP weckt in mir den Wunsch nach einem Doppel-Album mit vier Stunden Spielzeit. Bis es soweit ist, hechte ich einfach zum Plattenspieler und drehe das Vinyl nochmal um. Und nochmal. Und nochmal. Und nochmal.